McLaren und der Diffusor: "Richtige Entscheidung"
Das McLaren-Team fährt in Silverstone ohne auspuffangeströmten Diffusor, man hat sich die Entscheidung aber nicht leicht gemacht
(Motorsport-Total.com) - Viel hatte sich McLaren für das Heimspiel in Silverstone ausgerechnet, schließlich wäre ein britischer Doppelsieg der letzten zwei britischen Weltmeister in einem britischen Team beim britischen Grand Prix ein absolutes Traumergebnis für das ganze Land gewesen. Aber nach den Plätzen vier (Lewis Hamilton) und 14 (Jenson Button) im Qualifying scheint ein solcher Triumph ausgeschlossen.

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Ohne den neuen Diffusor war McLaren in Silverstone bisher chancenlos
Das lag möglicherweise auch am gescheiterten Experiment mit dem neuen Diffusor, denn die auspuffangeströmte Variante, eine Idee von Red-Bull-Designer Adrian Newey, musste nach den beiden Freitagstrainings wieder ausgebaut werden. Das System soll besonders auf Strecken mit vielen langsamen Kurven mehrere Zehntelsekunden pro Runde bringen, aber eben nur dann, wenn es richtig funktioniert.#w1#
Button mit Entscheidung einverstanden
"Ich glaube, es war die richtige Entscheidung", kommentiert Jenson Button den Verzicht auf die neueste Errungenschaft der Ingenieure in Woking. "Zumindest haben wir ja den Frontflügel, der definitiv auch etwas bringt. Der auspuffangeströmte Diffusor braucht halt noch etwas Zeit. Wir verstehen, wie er funktioniert, aber wir müssen noch etwas mehr damit arbeiten, bevor wir ihn im Rennen einsetzen."
"Es war ein Risiko, das wir eingegangen sind, und wir bereuen es im Nachhinein nicht", ergänzt Teamchef Martin Whitmarsh. "Wir hatten das Paket eigentlich erst für Deutschland geplant, aber wir sind ein ambitioniertes Rennteam und wollten es um einen Grand Prix vorziehen. Das hätten wir im Nachhinein betrachtet nicht tun sollen, aber zumindest haben wir einiges gelernt, zum Beispiel über die Haltbarkeit."
¿pbvin|512|2900||0|1pb¿Denn die ist beim auspuffangeströmten Diffusor das Hauptproblem: "Wenn die hinteren Teile des Bodyworks von 600 Grad heißen Auspuffgasen angeströmt werden, führt das zu Schwierigkeiten", erlaubt Whitmarsh Einblicke in die neue Technik. "Wir mussten gestern Reparaturen an den Unterböden durchführen. Ob das unsere Performance verschlechtert hat, weiß ich nicht, aber geholfen hat es nicht."
"Das Positive ist, dass wir auf dem Gas mehr Grip hatten", berichtet er. "Wenn du aber auf die Bremse steigst und den Fuß vom Gas nimmst, reißt der Gasstrom auf den Diffusor ab. Unter diesen Bedingungen war der Unterboden schlechter. Es macht wahrscheinlich keinen Spaß, bei einigen der schnellen Kurven auf dieser Strecke anzukommen, ohne volles Vertrauen ins Heck zu haben. Insofern haben wir viel gelernt."
Paffett im Simulator
Die Fahrer übrigens weniger, denn "du musst den Fahrstil nicht groß ändern", behauptet Button. Am meisten mit der Materie befasst hat sich vielmehr Testpilot Gary Paffett, der gestern gemeinsam mit einem Helikopter von Silverstone nach Woking flog, von 17:00 bis 23:30 Uhr im Simulator saß und virtuelle Testfahrten durchführte. Auf diese Weise versuchte McLaren, die verlorene Abstimmungszeit auf der Strecke aufzuholen.
"Zuerst stellten wir das Auto einmal so ein, wie wir dachten, dass es auf der Strecke sein würde", schildert Paffett seine Aufgabe. "Wir hatten ja die Daten von der Strecke. Dann war das erste Ziel, den alten und den neuen Diffusor miteinander zu vergleichen, um zu entscheiden, welchen wir fahren sollten. Als diese Entscheidung getroffen war, arbeiteten wir am Setup für das Auto, denn alle Tests wurden bis zu diesem Zeitpunkt mit dem neuen Unterboden absolviert."
Was ist mit dem neuen Diffusor anders, Gary? "Wenn du aufs Gas steigst, hast du damit natürlich viel Anpressdruck", erläutert er. "Insofern gibt es am Kurvenein- und -ausgang Unterschiede. Die Simulationen vor dem Rennwochenende sagten voraus, dass wir mit dem auspuffangeströmten Diffusor mehr Performance haben würden, aber wir konnten diese Performance gestern nicht voll entfalten. Der Vorteil mit der alten Version war daher da, aber er war nicht besonders groß."
Als die Arbeit mit dem Diffusor erledigt war, konzentrierte sich Paffett im Simulator auf andere Aspekte des Setups: "Wir haben auch viel an den Bodenwellen gearbeitet, was Lewis heute sehr geholfen hat, besonders in Kurve elf", so der Brite. Denn in Abbey hatte sein Landsmann am Freitag immer wieder Schwierigkeiten, weil der McLaren auf Bodenwellen besonders bockig ist. Paffetts Arbeit konnte dieses Problem zumindest ein wenig lindern.

