Max Verstappen kurz vor Sperre: Sollten Strafpunkte abgeschafft werden?

Im Zuge der drohenden Rennsperre von Max Verstappen wird heiß über Strafpunkte in der Formel 1 diskutiert: Werden zu geringe Verstöße bestraft?

(Motorsport-Total.com) - Sollten Strafpunkte in der Formel 1 überarbeitet oder sogar abgeschafft werden? Darüber wird derzeit in der Königsklasse heiß diskutiert - wenn auch nicht auf offizieller Seite. Doch das Thema kocht im Fahrerlager hoch, seit Weltmeister Max Verstappen kurz vor einer Rennsperre steht.

Titel-Bild zur News: Max Verstappen (Red Bull RB20) und Lando Norris (McLaren MCL38) beim Formel-1-Rennen in ÖSterreich 2024

In Österreich 2024 bekam Max Verstappen zwei Strafpunkte Zoom

Der Red-Bull-Pilot hat bereits elf Strafpunkte gesammelt und könnte für ein Rennen gesperrt werden, wenn er sich an diesem Wochenende in Spielberg einen weiteren einfängt. Danach verfallen erst einmal zwei Punkte, doch bis Ende Oktober wird Verstappen maximal drei Punkte von einer Sperre entfernt sein.

Doch ist Max Verstappen ein Fahrer, der gesperrt gehört? Oder wurden die Strafpunkte in der jüngeren Vergangenheit vielleicht einfach zu leichtfertig verteilt? Verstappen selbst ist von diesem Thema genervt und möchte keine Fragen dazu beantworten, doch hört man sich weiter um, ist eigentlich kaum einer Fan von der aktuellen Umsetzung.

Die Hauptkritik: Fahrer können gesperrt werden, wenn sie viele kleinere Vergehen sammeln, die eigentlich keine Sperre rechtfertigen würden. "Wenn du zum Beispiel in FT2 einen Poller verpasst und dafür drei Strafpunkte kriegst und am Ende eine Rennsperre - das ist für niemanden spaßig", sagt Lance Stroll. "Vielleicht sollten sie sich da wirklich Gedanken machen."

Magnussen für Banalität gesperrt

Kevin Magnussen war im vergangenen Jahr der erste Fahrer, den es erwischte. Der Haas-Pilot hatte innerhalb eines Jahres zwölf Punkte gesammelt und musste in Baku zuschauen. Über die Linie brachte ihn ein vermeintlich harmloses gescheitertes Überholmanöver gegen Pierre Gasly, bei dem beide Fahrer durch die Auslaufzone abkürzen mussten.

"Ich finde es schon hart, wenn Fahrer für den Versuch, Action zu erzeugen, am Ende mit einer Rennsperre bestraft werden", meint Oliver Bearman - wohl wissend, dass er derjenige war, der von der Sperre profitierte und für Magnussen einspringen durfte. "Auch wenn es mir natürlich geholfen hat, fand ich es sehr hart, dass er aufgrund lauter kleiner Vergehen gesperrt wurde", sagt er.

"Am Ende versucht er ein Überholmanöver, das nicht klappt - beide schneiden die Kurve, nichts passiert, keiner wird beschädigt - und trotzdem gibt's zwei Strafpunkte. Solche Dinge summieren sich schnell. Das ist schade", so Bearman. "Natürlich müssen Fahrer irgendwie bestraft werden, damit sie nicht alles machen, was ihnen einfällt. Aber man muss eine gewisse Balance finden."

Gasly nah am Abgrund: "Bin nicht gefährlich gefahren"

Einer, den es im Jahr davor fast erwischt hätte, war Pierre Gasly. Der Franzose stand bei zehn Strafpunkten und löste in Australien eine Kollision mit Teamkollege Esteban Ocon aus. Zur Verwunderung vieler, wurde der Alpine-Pilot damals laufen gelassen und kam um eine Sperre herum.

Pierre Gasly

Pierre Gasly wurde trotz eines großen Unfalls nicht gesperrt Zoom

"Ich bin kein großer Fan der Strafpunkte", sagt er. "Ich war vor ein paar Monaten selbst in der Situation, und ich denke nicht, dass ich gefährlich gefahren bin."

"Für mich ist das etwas, das man überdenken sollte. Vielleicht gibt es eine andere Art, Strafen zu verteilen, ohne das Risiko, dass ein Fahrer ein Rennen aussetzen muss", so Gasly. Denn in der Formel 1 fahren für ihn Profis, die ans Limit gehen. Das sieht auch Rookie Isack Hadjar so: "Ich finde, das Feld fährt insgesamt sehr sauber, da braucht man so etwas eigentlich nicht", sagt er.

Alonso hadert: "Härteste Strafe" ohne Berührung

Für Fernando Alonso sollte es Strafpunkte nur für gefährliches Fahren geben - nicht für Fahrfehler. "Wenn du einen Fehler machst und die weiße Linie überfährst, oder wenn du versehentlich zu schnell in der Boxengasse bist, weil du den Knopf gedrückt hast, oder wenn du eine Kurve zu aggressiv ansteuerst - das ist ein Fahrfehler", sagt er.

"Das sollte mit einer Durchfahrtsstrafe oder fünf Sekunden geahndet werden, so etwas."

"Aber wenn du auf der Geraden jemanden ins Gras drängst oder Ähnliches machst, dann ist das gefährliches Fahren - und dafür sollte es Strafpunkte geben", sagt der Spanier und verweist auf einen eigenen Vorfall im vergangenen Jahr.

In Melbourne hatte er "die härteste Strafe der letzten 25 Jahre" bekommen, "für einen Vorfall ohne Berührung". Damals wurde dem Spanier in der letzten Runde des Rennens eine gefährliche Fahrweise vorgeworfen, die zum Abflug des Mercedes-Piloten geführt hatte. Alonso erhielt 20 Strafsekunden und drei Strafpunkte.

Was Max Verstappen gemacht hat

Und was hat Max Verstappen auf dem Kerbholz? Die vermeintlich absichtliche Kollision mit George Russell in Spanien dürfte sicher als gefährliche Fahrweise eingestuft werden, zudem hatte er Kollisionen mit den McLaren von Oscar Piastri und Lando Norris in Abu Dhabi und Österreich 2024. Auch das Abdrängen gegen Norris in Mexiko könnte in diese Kategorie fallen.


Fotostrecke: Die kontroversesten Momente von Max Verstappen in der Formel 1

Die Strafe für unnötiges Langsamfahren in Katar, als er dadurch George Russell (wieder der Mercedes-Pilot) irritierte, war hingegen umstritten. Und im Sprint von Brasilien war er zu schnell unter dem Virtuellen Safety-Car - ein Regelverstoß, aber bei 0,63 Sekunden Unterschied zum vorgeschriebenen Delta kein gefährlicher.

"Ich kann verstehen, warum Max derzeit vermutlich kein Fan von den Strafpunkten ist", sagt Lance Stroll.