• 17.02.2002 09:38

  • von Reinhart Linke

Max Mosley: Es muss Geld eingespart werden

Im ausführlichen Gespräch mit Max Mosley erklärt der FIA-Präsident unter anderem, wie er sich die Zukunft der Formel 1 vorstellt

(Motorsport-Total.com) - Nachdem es für dieses Jahr nur wenig Änderungen am Regelwerk der Formel 1 gab, plant der Motorsportweltverband FIA, in Zukunft wieder größere Änderungen an den Formel-1-Regeln vorzunehmen. So hat Max Mosley ins Gespräch gebracht, jedem Fahrer nur noch zwei Motoren pro Grand-Prix-Wochenende zur Verfügung zu stellen. Damit möchte der Brite die Kosten für die Teams reduzieren, da offenbar nicht nur das Prost-Team Probleme hatte, Sponsoren zu befinden.

Titel-Bild zur News: Max Mosley

Max Mosley hält zwei Formel-1-Rennen in Deutschland für gerechtfertigt

"Ich denke, eine Menge Teams haben große Schwierigkeiten", sagte der Brite auf einer Pressekonferenz in London zur wirtschaftlichen Lage der Teams. Daher möchte Max Mosley in Zukunft die Anzahl der Motoren pro Grand-Prix-Wochenende beschränken. "Ich denke, dass Änderungen vorgenommen werden könnten, ohne das Spektakel dadurch zu verschlechtern. Man kann die Leute nicht daran hindern, Geld aus zu geben, aber ich denke, dass man Sparen kann. Wir sprechen mit den Teams über verschiedene Möglichkeiten, zum Beispiel, die Zahl der Motoren zu verringern."

Schon 2003 nur noch zwei Motoren für jeden Fahrer pro GP?

Derzeit setzen die Teams zum Teil extra für das Qualifikationstraining konstruierte Motoren ein, bei denen noch leichtere Materialen verwendet werden, die Motoren noch ein wenig höher drehen können und so mehr Leistung haben. Doch wenn es nach Max Mosley geht, gehören Qualifikationsmotoren schon 2003 der Vergangenheit an. "Jeder weiß, dass ein Motor ein ganzes Wochenende halten könnte, wenn man den Herstellern sagt, die Motoren müssen 800 statt 350 Kilometer halten", erklärte der 61-Jährige.

Die Gegenwehr der Teams hält sich dabei nach Angaben des FIA-Präsidenten in Grenzen. "Die meisten Teams befürworten es", so Max Mosley weiter. Sogar die Motorenhersteller sind für eine Beschränkung der Triebwerke, weil "sie Geld sparen möchten", wollen die Umsetzung des Vorschlags aber hinauszögern: "Sie wollen es nicht so schnell einführen, weil sie Zeit zum Entwickeln benötigen. Auf der anderen Seite gibt es aber ein Argument, es schnell einzuführen: Es ist keine Frage, dass Geld knapp ist."

Wenn ein Fahrer künftig vor dem Qualifikationstraining einen Motorschaden hat, so soll er von ganz hinten starten müssen. "Wenn ein Motor im Rennen platzt, ist das Rennen gelaufen", fuhr Max Mosley fort. "Wenn vor dem Rennen ein Motor kaputt geht, darf man am Rennen teilnehmen, muss aber von ganz hinten starten. Wenn man ein Ersatzauto verwendet, ist das wie wenn man einen zweiten Motor verwendet." Doch noch ist das alles Zukunftsmusik.

Mosley: Auch die kleinen Teams brauchen gute Motoren

Um noch mehr Geld einsparen zu können, könnte sich Max Mosley sogar vorstellen, den Freitag abzuschaffen, an dem derzeit das erste und zweite Freie Training stattfindet. So würde man nur noch an zwei Tagen fahren und bräuchte nach Meinung des Briten sogar nur noch einen Motor pro Fahrer. "Rational betrachtet ist es nicht vernünftig, am Freitag zu fahren", so der FIA-Präsident. "Man fährt am Samstag und Sonntag und hat die Ergebnisse. Es wird ein Motor erlaubt. Wenn er im Rennen explodiert, ist man draußen. Wenn er vor dem Rennen kaputt geht, startet man als Letzter."

Ebenfalls eine Frage, die Max Mosley geklärt wissen will, ist die, wie viele Teams ein Motorenhersteller beliefern muss. "Es ist kein Zustand, dass ein kleines Team einen Motor hat, der praktisch nicht konkurrenzfähig ist", stellte er klar. "Wir müssen da eine Vereinbarung treffen. Wenn die Motorenhersteller nicht zustimmen, stimmen sie nicht zu, wir können sie nicht dazu zwingen. Aber wenn die Mehrheit der Teams zustimmt, können wir es durchsetzen", so dass jeder Motorenhersteller künftig mehrere Teams beliefern muss.

"Es sollen in Zukunft mehr Rennen außerhalb Europas stattfinden"

Schon länger im Gespräch sind neue Rennen, die in den Formel-1-Kalender aufgenommen werden sollen. "Das Problem ist, dass der Kalender voll ist", weiß der Brite. "Es sollten 16 Rennen sein und wir sind schon bei 17 Läufen, also müssen wir ein oder zwei Rennen streichen." Denn schließlich gibt es "soweit ich weiß in Moskau sehr ernste Pläne. Auch gibt es im Mittleren Osten einige sehr erste Projekt".

"Es sollen in Zukunft mehr Rennen außerhalb Europas stattfinden", findet Max Mosley. "Der ökonomische Wert der Formel 1 ist in Deutschland derzeit so groß, dass er zwei Rennen rechtfertigt. Aber das kann sich schnell ändern, wenn die Fahrer zurücktreten. Vor zehn Jahren war auch Tennis mit Boris Becker in Deutschland sehr verbreitet."

Der Brite möchte in Zukunft vor allem im Osten mehr Rennen sehen. "Wir könnten in Zukunft ein Rennen im Mittleren Osten, möglicher Weise in Russland, eines im Fernen Osten und möglicher Weise ein zweites in Amerika haben", nennt Max Mosley die möglichen Schauplätze für einen Grand Prix. "China ist wegen des Geldes, der notwendigen Infrastruktur und den politischen Schwierigkeiten innerhalb Chinas schwierig, aber es gibt drei seriöse Projekte dort."

Fliegt der Belgien-Grand-Prix aus dem Kalender?

Doch dafür müssen Rennen in Europa gestrichen werden. Zwar erklärte Max Mosley, dass man Ungarn und Österreich nicht mit Deutschland vergleichen könne, konkreter äußerte er sich aber nur über den Belgien-Grand-Prix in Spa-Francorchamps: "Dort gibt es ein ernstes Problem mit der Zigarettenwerbung." Hintergrund: Die belgische Regierung will anders als im übrigen Europa, wo voraussichtlich ab 2007 Tabakwerbung verboten wird, schon 2003 Tabakwerbung verbieten. "Wenn Belgien das Datum 2003 beibehält", so Max Mosley weiter, "würden sie für drei oder vier Jahre rausfliegen ? bis 2007 in ganz Europa Tabakwerbung verboten ist."

Ebenfalls schon mehrfach wurde die Strecke von Sao Paulo kritisch beäugt. Doch Max Mosley will vorerst am Grand Prix von Brasilien festhalten: "Positiv ausgedrückt ist es dort nicht sehr gut. Ich muss zugeben, dass ich 1982 das letzte Mal in Brasilien war. Das war damals in Rio. Das größte Problem ist aber, dass wir kein anderes südamerikanisches Rennen haben." Deshalb soll auch in Zukunft in Sao Paulo Formel 1 gefahren werden.

Noch keine ernsten Anfragen für den 12. Teamplatz

Nicht mehr Formel 1 fahren wird unterdessen das Prost-Team. Der Rennstall von Ex-Weltmeister Alain Prost ging Ende Januar Pleite, da man keine Investoren fand, um die Schulden zu begleichen und um die nötigen finanziellen Mittel aufzutreiben, um an der Formel-1-Weltmeisterschaft 2002 teilzunehmen. Dass 2002 trotzdem zwölf Teams an der Formel-1-Weltmeisterschaft teilnehmen, "ist unwahrscheinlich", so Max Mosley.

Zwar haben "einige Leute angefragt, aber es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder jemand begleicht die Schulden (etwa 30 Millionen Euro; d. Red.), kauft das Prost-Team auf und nimmt an Australien teil. Die zweite Möglichkeit ist, dass Prost verschwindet und dieses Jahr ein Platz in der Formel 1 frei ist. Eine neue Mannschaft kann dann 2003 an der Formel 1 teilnehmen, wenn das Team 48 Millionen Dollar hinterlegt hat".

Jedes neue Grand-Prix-Team muss rund 48 Millionen Dollar bei der FIA hinterlegen, womit der Motorsportweltverband FIA die Seriosität eines potenziellen Teams sicherstellen will. Der Betrag wird ab dem ersten Rennen des Teams in insgesamt zwölf Monatsraten inklusive Zinsen an das Team zurückgezahlt. Derzeit gibt es jedoch "keine ernsthaften Anfragen von irgendeinem Hersteller, aber es gibt Interesse", so Max Mosley. Wer dahinter stehen könnte, ließ der Brite jedoch offen.

Mosley: Zwei Rennserien sind schlecht

Den Streit zwischen der KirchGruppe und den Automobilherstellern DaimlerChrysler, Fiat, BMW, Ford und Renault sieht Max Mosley gelassen. Die KirchGruppe hält die Mehrheit an der SLEC, die die Rechte zur Vermarktung der Formel-1-Rennen von der FIA überschrieben bekommen hat. Die Hersteller befürchten, dass die Königsklasse des Motorsports künftig nur noch im Bezahlfernsehen zu sehen sein könnte und planen deshalb, ab 2007 eine eigene Konkurrenzserie zur Formel 1 zu betreiben, falls es zu keiner Einigung mit der KirchGruppe kommt.

Max Mosley erwartet jedoch schon in den nächsten Monaten eine Einigung: "Ich persönlich glaube, dass innerhalb der nächsten zwölf bis 18 Monate ein Abkommen zustande kommt." Denn zwei Rennserien würden letztlich vermutlich niemandem helfen. "Ich denke, dass eine einzelne Meisterschaft viel wertvoller ist", erklärte der Brite.

Wenn es zu einer Einigung zwischen der KirchGruppe und den Automobilherstellern kommt, muss jedoch auch ein neues Concorde-Abkommen geschrieben werden. Das derzeitige Abkommen, in dem unter anderem die Rechte der Formel-1-Teams festgehalten sind, läuft 2007 aus. "Es wird eine Menge darüber gesprochen, aber niemand hat bisher etwas unternommen", so der Brite. "Wenn sie einen Vorschlag haben, sagen sie es uns. Ich denke, dass es eine Regelung geben muss."

Mosley: Die Formel 1 ist heute viel aufregender als früher

Unterdessen beklagen sich zahlreiche Fans seit Jahren, dass in der heutigen Formel 1 zu wenig überholt wird. Doch dazu hat Max Mosley eine andere Meinung. Der FIA-Präsident findet die heutigen Grand-Prix-Rennen viel spannender als früher.

Ein Formel-1-Rennen "ist wirklich aufregend, zumindest für mich", meinte der 61-Jährige. Denn schließlich, so argumentiert der FIA-Präsident, ist ein Überholvorgang, der häufig an den Boxen stattfindet, heute mit vielen Fragen verbunden: "Kommt er im richtigen Moment rein? Sitzt der Tankrüssel gleich? Fasst er weniger Kraftstoff, um an der Spitze zu bleiben? Verglichen mit Monza 1971, wo es 114 Überholmanöver gab und nur die Frage wichtig war, wer als Zweiter aus der Parabolica kommt, ist es heute viel aufregender."