Rob Smedley fragt sich: Was passiert, wenn 2008 wirklich gekippt wird?

Wird Felipe Massa nachträglich doch noch Formel-1-Weltmeister 2008? Rob Smedley fragt sich, was ein solches Urteil für den Sport insgesamt bedeuten würde

(Motorsport-Total.com) - Felipe Massa kämpft weiterhin um den Formel-1-WM-Titel 2008. Doch was passiert, wenn ein Gericht ihm die Weltmeisterschaft nachträglich tatsächlich am grünen Tisch zusprechen sollte? Diese Frage stellt sich unter anderem Rob Smedley, enger Vertrauter von Massa.

Titel-Bild zur News: Felipe Massa

Rob Smedley und Felipe Massa arbeiteten lange zusammen und sind gute Freunde Zoom

"Es ist kein Geheimnis, dass Felipe ein wirklich guter Freund von mir ist, er ist wie ein kleiner Bruder für mich", verrät Smedley im Gespräch mit The Race. Smedley arbeitete einst bei Ferrari und später auch noch einmal bei Williams mit dem Brasilianer zusammen.

Über die Jahre entwickelte sich zwischen den beiden auch über die Arbeit hinaus eine Freundschaft. Im Hinblick auf den aktuellen Streit mit FIA und Formel 1 erklärt Smedley zwar, dass es Massas gutes Recht sei, rückwirkend um den WM-Titel zu kämpfen.

Er stellt allerdings auch klar, dass er seinen Freund dabei zumindest nicht aktiv unterstütze. "Ich war schon immer ein Mensch, der, egal was gestern passiert ist, ob es gut oder schlecht war, aufsteht, sich aufrappelt und weitermacht", erklärt Smedley.

Smedley: Nachträglicher Titelgewinn wäre mir egal

Ein nachträglicher WM-Titel wäre für ihn "ziemlich bedeutungslos", betont er und erklärt: "Mich interessiert, was heute und morgen und übermorgen passiert." Trotzdem verfolgt er den Fall und dessen potenzielle Auswirkungen mit großem Interesse.

"Es ist interessant", so Smedley, der in diesem Zusammenhang folgende Frage stellt: "Wenn [die Entscheidung] gekippt wird, was bedeutet das für die sportlichen Entscheidungen, nicht nur in der Formel 1, sondern auch in der Vergangenheit?"

"Das soll nicht heißen, dass das richtig oder falsch ist. Ich versuche nicht, mich auf eine der beiden Seiten zu schlagen", stellt Smedley klar und erklärt: "Es ist einfach ein sehr interessantes Element in dieser ganzen Sache."

"Wenn es eine Entscheidung gibt, die das begünstigt, was Felipe angestrebt hat, dann wird es generell sehr interessant sein, wie der Sport mit vergangenen ungerechten Entscheidungen umgeht", findet der langjährige Formel-1-Ingenieur.

Smedley gesteht: Haben es selbst verbockt

Hintergrund: Sollte ein Gericht Massa den WM-Titel 2008 als Präzedenzfall nach mehr als 15 Jahren doch noch zusprechen, könnte das dazu führen, dass auch zahlreiche andere Entscheidungen der Vergangenheit plötzlich vor Gericht noch einmal angefochten werden.

Und ob eine solche Entscheidung fair wäre, das ist noch einmal eine ganz andere Frage. Denn selbst Smedley, der damals Massas Renningenieur war, gesteht, dass Ferrari den Großen Preis von Singapur 2008, der im Zentrum des Interesses steht, selbst in den Sand gesetzt hat.


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Nelson Piquet jun. führte damals bewusst einen Unfall herbei, was dazu führte, dass zahlreiche Piloten an die Box kamen, unter anderem auch Massa. Doch Ferrari hatte beim Stopp ein Problem, wodurch Massa weit zurückfiel und das Rennen schließlich ohne Punkte beendete.

"Wir sind reingekommen und dann hatten wir das Problem mit dem Benzinschlauch, was nichts mit dem zu tun hatte, was [bei Piquet] passiert ist", gesteht Smedley und betont: "All die Kontroversen, die danach aufkamen, hatten nichts damit zu tun, dass wir beim Boxenstopp einen Fehler gemacht haben."

Smedley: Wir wussten, dass da etwas nicht stimmte

Tatsächlich ahnte Smedley damals unmittelbar nach dem Rennen schon, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen war. Man habe sich den Crash von Piquet angeschaut und sich gefragt, wie es überhaupt möglich sei, an dieser Stelle der Strecke zu verunfallen.

"Dann sieht man die Wiederholungen und bei der dritten Wiederholung denkt man sich: 'Okay, jetzt verstehe ich, was passiert ist.' [...] Es war direkt danach klar, was passiert war", so Smedley, der demnach damals schon wusste, dass Piquet absichtlich in die Mauer gefahren war.


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Weil es allerdings keine Beweise gab, flog der Skandal erst rund ein Jahr später auf, als Piquet selbst "Crashgate" öffentlich machte, nachdem Renault ihn vor die Tür gesetzt hatte. Der damalige Formel-1-Boss Bernie Ecclestone erklärte allerdings später, bereits 2008 davon gewusst zu haben.

Gegenüber 'F1-Insider' sagte Ecclestone, dass er und der damalige FIA-Präsident Max Mosley "während der Saison 2008" von der Situation erfahren hatten. "Wir haben beschlossen, vorerst nichts zu unternehmen. Wir wollten den Sport schützen und ihn vor einem großen Skandal bewahren", so Ecclestone.

Am Ende des Jahres verpasste Massa den WM-Titel um nur einen Punkt. Sollte das Singapur-Ergebnis nachträglich annulliert werden, was laut Ecclestone damals eigentlich der korrekte Vorgang gewesen wäre, wäre der Brasilianer doch noch Weltmeister.