Brasilien rüstet für den Samba: Massa auf Pole!

Spannender könnte die Ausgangslage für das Saisonfinale nicht sein: Felipe Massa sicherte sich in São Paulo die Pole-Position, Lewis Hamilton wurde Vierter

(Motorsport-Total.com) - Hätte es schon für das heutige Qualifying in Interlagos bei São Paulo die letzten Punkte der Saison 2008 gegeben, dann wäre Lewis Hamilton (McLaren-Mercedes) bereits Weltmeister. Trotzdem war der umjubelte Superstar des Samstags beim Grand Prix von Brasilien sein WM-Rivale Felipe Massa, der sich auf Ferrari in überzeugender Manier die Pole-Position sicherte.

Titel-Bild zur News: Felipe Massa

Felipe Massa genoss das Bad in der jubelnden Menge seiner Landsleute

Nach der Entscheidung spielten sich im Autodromo José Carlos Pace unglaubliche Szenen ab, denn die brasilianischen Fans auf den Tribünen feierten ihren Landsmann mit Sprechchören wie in einem Fußballstadion und wärmten sich schon einmal für das große Samba-Volksfest auf, das sie morgen feiern möchten. Massa hat zumindest einmal die erste Etappe dessen, was er noch selbst in der Hand hält, perfekt gemeistert.#w1#

Die Dramaturgie im WM-Kampf spitzte sich im zweiten Segment erstmals richtig zu, als Hamilton um gerade mal 19 Tausendstelsekunden schneller war als Massa. Die Q2-Bestzeit sicherte sich überraschend Heikki Kovalainen (McLaren-Mercedes), doch im Top-10-Finale fielen die Silberpfeile im Vergleich zu den Ferraris auf einmal massiv ab - was ein starkes Indiz dafür ist, dass Hamilton und Kovalainen mehr nachgetankt haben als Massa und Kimi Räikkönen.

Konträre Strategien der WM-Rivalen

Massa fuhr dementsprechend in seiner eigenen Liga, setzte im Finale erst einen Richtwert von 1:12.453 Minuten, verbesserte sich im zweiten Run auf 1:12.368 Minuten und hängte die Konkurrenz um fast vier Zehntelsekunden ab. Wenn man bedenkt, dass in Q2 noch die Top 10 innerhalb von gut drei Zehntelsekunden lagen, deutet das auf eine sehr geringe Benzinlast hin. Ein weiteres Indiz dafür: Massa war in Q3 nur um eine halbe Sekunde langsamer als in Q2.

Lewis Hamilton und Felipe Massa

Beim aktuellen Stand wäre Lewis Hamilton (im Vordergrund) Weltmeister Zoom

Zum Vergleich: Bei Hamilton war diese Differenz doppelt so groß, was ihm morgen einen wesentlich längeren ersten Rennstint ermöglichen sollte. Allerdings musste er dafür eine schlechtere Ausgangsposition in Kauf nehmen, denn der Brite war nach dem ersten Run nur Sechster, verbesserte sich dann zwischenzeitlich auf Platz zwei und fiel im Finish noch auf Position vier zurück. Rückstand auf Polesetter Massa: 0,462 Sekunden

Zwischen den beiden WM-Rivalen landeten Jarno Trulli (Toyota/+ 0,369) und Räikkönen (+ 0,457). Speziell Trullis Performance war beeindruckend, schließlich lag der Italiener am Donnerstag noch mit Grippe im Bett. Vermutlich wurde sein zweiter Startplatz mit einer geringen Benzinlast erkauft, doch Toyota zeigte während des Qualifyings immer wieder sehr starke Zwischenzeiten, was auf durchaus vorhandenes Potenzial schließen lässt.

Erstmals an diesem Wochenende Sonnenschein

Mit ein Grund dafür könnten die deutlich besseren Bedingungen als bisher an diesem Wochenende gewesen sein, denn erstmals ließ sich sogar die Sonne blicken, sodass der Asphalt bis zu 40 Grad warm wurde. Trotzdem konnte Timo Glock (+ 1,862) die Performance seines Toyota-Teamkollegen nicht ganz reproduzieren: Möglicherweise mit einer anderen Strategie als Trulli landete der Deutsche im Top-10-Finale auf dem letzten Platz. Sein Dreher im Senna-S in Q1 war kein Handicap.

Jarno Trulli

Jarno Trulli war als Zweiter die große Sensation des Qualifyings in São Paulo Zoom

Die dritte Reihe werden sich morgen Kovalainen (+ 0,549) und Fernando Alonso (Renault/+ 0,599) teilen. Letzterer hatte in zwei von drei Freien Trainings Bestzeit erzielt, konnte im Qualifying aber nicht mit den Allerschnellsten mithalten. Zwei Deutsche teilen sich vor Sébastien Bourdais (Toro-Rosso-Ferrari/+ 1,737) die vierte Reihe: Bourdais' Stallgefährte Sebastian Vettel (+ 0,714) und Nick Heidfeld (BMW Sauber F1 Team/+ 0,929).

Heidfeld hatte heute seinen Teamkollegen Robert Kubica klar im Griff, der bereits im zweiten Segment sang- und klanglos als Zwölfter ausschied, und Vettel war die große Sensation, als er in Q2 hinter Kovalainen Zweiter wurde. Q2 war mit elf Fahrern innerhalb von 0,4 Sekunden sowieso ein Novum an hartem Wettbewerb. Pech für Nelson Piquet (Renault): Der Brasilianer wurde in letzter Sekunde noch von Bourdais aus dem Top-10-Finale gekickt.

Barrichello vor eigenem Publikum stark

Die beiden Altstars David Coulthard (Red-Bull-Renault) und Rubens Barrichello (Honda) sicherten sich die Startpositionen 14 und 15, wobei Barrichellos Leistung besondere Anerkennung verdient, weil er vor heimischem Publikum in Q1 um 0,262 Sekunden schneller war als sein Teamkollege Jenson Button (17.), der übrigens in der Auslaufrunde stehen blieb. Enttäuschend: Nico Rosberg (Williams-Toyota) wurde nur 18., Adrian Sutil (Force-India-Ferrari) 20. und Letzter.

Rubens Barrichello

Rubens Barrichello fuhr im vielleicht letzten Qualifying in Interlagos sehr stark Zoom

Doch für morgen interessiert natürlich (fast) nur das Duell Hamilton vs. Massa, das spannender kaum sein könnte. Beim Topspeed hatte Hamilton die Nase mit 309:306 km/h vorne, was ihm im Rennen beim Überholen helfen wird. Strategisch gesehen sollte Hamilton einen um mindestens sechs bis acht Runden längeren ersten Stint als sein großer Gegner fahren können - doch all diese Berechnungen könnten schon in der ersten Kurve überflüssig werden.

Die Formel 1 ist immer für eine Überraschung gut, insofern kann heute noch niemand seriös prognostizieren, wer sich morgen den WM-Titel 2008 sichern wird. Von der Papierform her ist Hamilton Favorit. Sollte es doch für Massa klappen, dann würde Brasilien wohl Kopf stehen. Vor den Piloten liegen noch 305,909 Kilometer oder 71 Runden im Autodromo José Carlos Pace, dann ist die Formel-1-Saison 2008 endgültig vorbei.


Fotos: Großer Preis von Brasilien, Samstag


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