• 12.10.2008 11:45

  • von Dieter Rencken

Massa: "Ich bewundere Lewis"

Felipe Massa analysiert den Grand Prix von Japan, schimpft über Lewis Hamilton, betont aber gleichzeitig sein gutes Verhältnis zum WM-Rivalen

(Motorsport-Total.com) - Als sich Felipe Massa heute nach dem Rennen in Fuji der Analyse mit den Medien stellte, wusste er noch nicht, dass er wegen einer Strafe gegen Sébastien Bourdais noch vom achten auf den siebenten Platz aufrücken sollte. Pikant: Bourdais wird genau wie er selbst von Nicolas Todt gemanagt. Im Gespräch ging der Ferrari-Star vor allem auf die beiden Kollisionen seines Tages in Fuji ein.

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton und Felipe Massa

Die Kollision mit Lewis Hamilton sieht Felipe Massa nicht als seine Schuld an

Frage: "Felipe, das war ein enttäuschendes Rennen für dich. Hast du jemals so hart für einen Punkt kämpfen müssen?"
Felipe Massa: "Ja. Nicht in der Formel 1, das stimmt, aber in anderen Kategorien schon. Ich kämpfe immer. Das Rennen hier war sehr schwierig, aber unterm Strich habe ich trotz der Durchfahrstrafe, trotz des Anschiebens von Bourdais und trotz etlicher anderer Probleme einen Punkt geholt. Von Halbzeit bis Ende des Rennens hatte ich eine unglaubliche Pace, sodass wir noch einige Positionen aufholen und in die Punkte fahren konnten. Das war sicher sehr wichtig."#w1#

Massa versteht die Strafe nicht

Frage: "Gehen wir auf die beiden Kollisionen ein. Für die gegen Lewis Hamilton wurdest du mit einer Durchfahrstrafe belegt. Dein Renningenieur Rob Smedley sagt, das kann er nicht verstehen..."
Massa: "Es war in der zehnten Kurve. Ich habe sehr spät gebremst und kam im ersten Teil der Kurve ein bisschen nach außen. Hamilton war innen und drückte mich ein wenig in den Kies, aber die nächste Kurve war eine Linkskurve - die hätte mir gehört. Dort berührten wir uns. Meiner Meinung nach war es ein Rennzwischenfall, denn ich konnte es nicht mehr verhindern. Aber egal, wir haben dafür eine Durchfahrstrafe bekommen. Es ist sinnlos, nach dem Rennen darüber zu sprechen, wenn die Strafe schon ausgesprochen wurde."

Frage: "Lewis sagt, es war eindeutig deine Schuld..."
Massa: "Das sieht er vielleicht so! Meiner Meinung nach war es ein normaler Rennunfall. Er hat am Start auch gebremst, als alle bereits in die Kurve einlenken wollten. Das war auch falsch. Sein Start war schlecht und Kimi (Räikkönen; Anm. d. Red.) hat ihn überholt. Lewis hat erst gebremst, als alle schon einlenken wollten. Dadurch mussten Kimi und Kovalainen ganz nach außen - großes Casino! Das war zu optimistisch von Lewis, vor allem hinsichtlich der Weltmeisterschaft."

"Meiner Meinung nach war es ein normaler Rennunfall." Felipe Massa

Frage: "Findest du es richtig, dass deine Teammitglieder in der Box gejubelt haben, als du Lewis ins Auto gefahren bist?"
Massa: "Du bist Engländer, oder?"

Frage: "Ja."
Massa: "Dann überrascht mich deine Meinung nicht. Ich kann nicht für mein Team antworten, aber natürlich ist es eine gute Sache für uns, wenn ein Ferrari vor einem McLaren ist. Du willst hier ein Feuer entfachen, aber darauf lasse ich mich nicht ein! Ich habe ein gutes Verhältnis zu Lewis und ich werde nichts tun, um das zu gefährden."

Frage: "Und wie hast du die Kollision mit Sébastien Bourdais nach dessen Boxenstopp erlebt?"
Massa: "Da gibt es nicht viel zu sagen. Ich lenkte gerade in die Kurve ein und er traf mich beim Rausfahren aus der Box. Das muss man nicht kommentieren. Ich finde, dass er ein bisschen zu optimistisch war. Er hat sich da total falsch verhalten. So kannst du nicht aus der Box rausfahren. Er hat zu spät gebremst und mich rausgedrückt."

Keine Schuldzuweisungen gegen Webber

Frage: "Später hat dich dann Mark Webber beim Überholen gegen die Boxenmauer gedrängt. War das in Ordnung?"
Massa: "Es war ein bisschen eng, aber ich bin vorbeigekommen. Manchmal muss man ein bisschen riskieren. Dieser eine Punkt war in dem Moment sehr wichtig für mich."

Frage: "Wie wertest du dieses Resultat nun hinsichtlich der Weltmeisterschaft?"
Massa: "Wenn ich mir anschaue, wie die Startpositionen waren, hätte es besser, aber auch schlechter laufen können. Wir können jedenfalls nicht abreisen und sagen, dass es eine Katastrophe war. Okay, es hätte mehr dabei rausspringen können, aber wir haben zumindest einen Punkt aufgeholt - und vielleicht werden es ja sogar noch zwei. Das kann für die letzten zwei Rennen ganz wichtig sein."

"Es hätte besser, aber auch schlechter laufen können." Felipe Massa

Frage: "Mit welcher Einstellung gehst du nun in das Rennen in Shanghai?"
Massa: "Auch nicht groß anders. Es sind noch zwei Rennen zu fahren. Wir haben ein gutes Auto und wir müssen versuchen, jeweils zu gewinnen."

Frage: "Hast du das Gefühl, dass Lewis unter Druck Schwächen zeigt und dass du da besser bist als er?"
Massa: "Man darf für so etwas nicht nur ein Rennen beurteilen, sondern die ganze Saison. Im nächsten Rennen kann es schon wieder anders aussehen, das weiß man nie. Ich erwarte zwei sehr schwierige und sehr harte Rennen. Er kann sehr stark sein, aber wir auch. Daran müssen wir jetzt glauben."

Frage: "Du sagst, du verstehst dich sehr gut mit Lewis. Wie ist es, gegen einen Freund um die Weltmeisterschaft zu kämpfen?"
Massa: "Ein guter Freund ist für mich einer, mit dem ich oft etwas unternehme und den ich regelmäßig anrufe. Lewis und ich sind Kollegen, die sich gut verstehen. Ich bewundere ihn als Rennfahrer und Persönlichkeit - und er mich umgekehrt sicher genauso. Daher ist es mir wichtig, die Probleme auf der Rennstrecke nicht abseits der Rennstrecke breitzutreten. Ich habe kein Problem damit, ihn zu grüßen, mit ihm über manches zu diskutieren und auch mal Spaß zu machen. Das ist schon okay so. Aber an meiner Einstellung als Rennfahrer ändert das nichts."


Fotos: Felipe Massa, Großer Preis von Japan, Sonntag