Massa: "Diese negative Phase muss enden..."
Wie Felipe Massa um seine Karriere kämpft, was ihm Hoffnung gibt und was ihm sein einstiger Ferrari-Leidensgenosse Ivan Capelli rät
(Motorsport-Total.com) - Felipe Massa steht mit dem Rücken zur Wand. Seit dem Grand Prix von Deutschland 2010, als er per Stallorder am Sieg gehindert wurde, vermochte der Brasilianer nicht mehr zu glänzen - vor allem zu Saisonbeginn 2012 war Fernando Alonso für ihn völlig außer Reichweite. Viele meinen, dass er seit seinem schweren Crash in Ungarn nicht mehr der Alte ist (Formel-1-Datenbank: Massas Bilanz seit Ungarn 2009). Die größte Diskrepanz zu seinem Teamkollegen zeigte sich zuletzt in Sepang: Während der Spanier sensationell siegte, wurde Massa 15. Da Sauber- und Ferrari-Juniorpilot Sergio Perez toller Zweiter wurde, wurden die Gewitterwolken über Massas Zukunft bei der Scuderia noch dunkler.

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Felipe Massa kämpft um seinen Verbleib im Ferrari-Cockpit
Doch Massa hat die Signale längst erkannt - er weiß selbst, dass es so nicht weitergehen kann. "Ich bin enttäuscht - das kann ich nicht leugnen", sagt der 30-Jährige. "Es schmerzt, bei den ersten beiden Rennen keine Punkte geholt zu haben." Der Ferrari-Pilot entschloss sich daher, seinen Heimaturlaub in Brasilien kurzfristig zu streichen und sich stattdessen in Maranello auf Fehlersuche zu begeben.
"Wir analysieren jeden Moment der ersten beiden Grands Prix 2012 im Detail", erklärt er die Herangehensweise. "So wollen wir verstehen, warum die Dinge in Australien und Malaysia nicht so liefen wie geplant. Ich habe meinen Ingenieur Rob Smedley getroffen und viel Zeit mit Pat Fry verbracht. Wir sind alles durchgegangen, denn das ist meiner Meinung nach der einzige Weg, um die zwei schlechten Wochenenden zu verstehen."
Ferrari bekundet Unterstützung
Trotz des miserablen Saisonstarts gibt er sich kämpferisch: "Es ist höchste Zeit, die Seite umzublättern. Es ist nicht das erste Mal, dass ich mich in einer schwierigen Phase befinde, und ich weiß, dass sich die Dinge schnell ändern können. Jetzt will ich alles tun, damit diese negative Phase endlich zu einem Ende kommt. Ich will wieder zur Normalität zurückkehren, zu einer Situation, wo ich mein Talent zeigen kann - so, wie ich es immer getan habe, was dem Team bewusst ist."
Tatsächlich bekundete Ferrari zuletzt seine Unterstützung für Massa. "Wir haben großes Vertrauen in Massa", sagte Ferrari-Boss Luca di Montezemolo, der vor einem Jahr bereits ätzte, dass er das Gefühl habe, der Bruder des Ferrari-Piloten säße im roten Boliden. Doch wie lange hält die Geduld von Teamchef Stefano Domenicali und Montezemolo noch an?
"Ich war sehr glücklich, als ich las, was Präsident Montezemolo, unser Chef Domenicali und mein Teamkollege Fernando gesagt haben", spielt Massa auf die aufmunternden Worte an. "Diese Worte waren keine Überraschung, denn ich weiß, dass ich auf die Unterstützung meiner zweiten Familie zählen kann - das ist es, was Ferrari in all den Jahren für mich war. Ich spüre das Vertrauen um mich herum, das Team unterstützt mich mit vereinten Kräften - das ist sehr wichtig. Das will ich jetzt in Resultate umwandeln, um das Vertrauen zurückzuzahlen."
Reicht ein starkes Wochenende aus?
Der Vize-Weltmeister 2008 sollte sich damit aber beeilen, denn seine Negativserie bei Ferrari sucht seinesgleichen. Seit Didier Pironi Anfang der 1980er-Jahre gab es bis zu Massa im Vorjahr keinen Piloten, der in einer gesamten Ferrari-Saison nie auf dem Podest stand. Das beste Resultat des Mannes aus Sao Paulo war ein fünfter Platz.
Einer, der wegen seiner schwachen Leistungen während der Saison gehen musste, ist Ivan Capelli. Der Italiener fuhr jahrelang für March und brachte überzeugende Leistungen, bei Ferrari war er allerdings überfordert. Zwei Rennen vor Ende der Saison 1992 musste er den Platz räumen - während Teamkollege Jean Alesi 13 Punkte einfuhr, waren es bei Capelli bloß drei.
Er ist der Meinung, dass Massa in Zukunft nicht ständig auf Alonso-Niveau fahren müsse, sondern ein herausragendes Rennwochenende braucht, um seine Position im Team zu festigen und die Kritiker zum Schweigen zu bringen. "Er ist erfahren genug, um zu verstehen, dass er knapp hinter Fernando sein muss, oder knapp vor ihm, um seine Karriere bei Ferrari fortsetzen zu können. Wenn Felipe nur für ein Wochenende vor Fernando liegt, dann ist dieses Kapitel beendet."
Druck als Ferrari-Pilot enorm
Doch das bedarf einer Top-Leistung, weiß der ehemalige Ferrari-Fahrer: "Wenn man als Ferrari-Pilot unter Druck stehen, dann wird alles schwierig. Sogar aus der Boxenstraße auf die Strecke zu fahren, denn man spürt, dass man nicht die richtige Unterstützung erhält. Vor allem für Felipe ist das schwierig, denn er ist ein sehr emotioneller Kerl."
Bevor Massa weiter an seiner Rehabilitation arbeitet, nimmt er sich nun eine kurze Auszeit und reist nach Monaco, wo er seine Familie trifft. "Nächste Woche bin ich aber schon wieder in Maranello für weitere Meetings mit den Ingenieuren und um im Simulator weiterzuarbeiten", erklärt er. Der kleine Mann aus Sao Paulo gibt sich zuversichtlich, schon bald die Trendwende einleiten zu können.
Was Massa Hoffnung gibt
"Pat und ich gingen die Details des F2012-Entwicklungsprogramms durch und wir hoffen, dass wir unsere Performance bereits in Schanghai etwas steigern können", sagt er. "Dort und in Sakhir - eine meiner Lieblingsstrecken - werden wir einmal mehr einen Gegenangriff starten und werden versuchen, so gut wie möglich an der Feinabstimmung des Autos zu arbeiten, um das beste aus unseren Möglichkeiten zu machen - so wie Fernando in Sepang."
Da dieses Jahr so viele Teams konkurrenzfähig sind und es derzeit nicht nach einer Soloflucht im WM-Kampf aussieht, sieht er sich auch diesbezüglich nach wie vor im Rennen: "Die WM ist sehr umkämpft, viele Teams kämpfen um Topplatzierungen. Es braucht oft nur sehr wenig, um sich vorne oder hinten wiederzufinden. Wir hoffen, dass wir sobald wie möglich gute Fortschritte machen können und uns somit solide in der Spitzengruppe etablieren können."

