Mark Webber: 2006 wäre Nico Rosberg beinahe eingeknickt

Ex-Pilot Mark Webber ist schwer beeindruckt vom Weltmeister Nico Rosberg, der seiner Meinung nach gar keine Motivation hatte

(Motorsport-Total.com) - Ein Jahrhundert-Talent wie Ayrton Senna? Eine Ehrgeiz-Maschine wie Michael Schumacher? Ein Draufgänger wie Lewis Hamilton? Nein, Nico Rosberg ist ein ganz anderer Formel-1-Weltmeister. Er ist der Deutsche, der in Monaco aufgewachsen ist und finnische Wurzeln hat. Er ist der Schönling, der zehn Jahre lang unauffällig am großen Coup gearbeitet hat. Er ist der Weltmeistersohn, der sich auf seinen Ruf hätte ausruhen können, sich aber sein eigenes Denkmal gebaut hat. Und Ex-Pilot Mark Webber ist der Meinung, dafür muss er seinen ganz eigenen Antrieb gehabt haben.

Titel-Bild zur News: Nico Rosberg, Mark Webber

Nico Rosberg und Mark Webber sind ehemalige Teamkollegen Zoom

"Es gibt viele Fahrer, die genauso talentiert sind, aber nicht den nötigen Hunger haben", sagt der ehemalige Rosberg-Konkurrent im Gespräch mit Motorsport-Total.com. "Und für Nico wäre es leicht, nicht hungrig zu sein, denn er hatte auch so ein schönes Leben. Er musste nicht hungrig sein, aber er wollte sich beweisen und hat das geschafft."

Webber war es, der Rosberg einst den Spitznamen "Britney" verliehen hat - wegen der gepflegten, blonden Haare und in Bezug auf Popsängerin Britney Spears. Im Funkverkehr gelang diese Stichelei an die Öffentlichkeit. 2006 waren beide Teamkollegen bei Williams - als Rosberg als Rookie in die Königsklasse kam.

Yuji Ide, Scott Speed, Nico Rosberg

Noch grün hinter den Ohren: Nico Rosberg startete seine F1-Karriere bei Williams Zoom

"Man konnte in seinem ersten Jahr sehen, dass ihm der Druck der Formel 1 ganz schön zugesetzt hat", verrät Webber. "Ich erinnere mich an eine Unterhaltung im Truck mit ihm, in Budapest. Da hat er gesagt: 'Das alles ist so intensiv, so tiefgehend, du stehst unter totaler Überwachung, was die Fahrtechnik angeht, die Telemetrie. Das Team will immer mehr Speed aus mir rauskitzeln.' Das war eine Zeit in der Formel 1, da kam es auf das absolute Tempo an. Heutzutage musst du viel mehr verwalten, viel mehr technisch agieren, viel mehr Taktik bedenken, die Reifen managen. Da hat sich der Sport fahrerseitig ziemlich verändert."

Auch Rosberg ist nicht der alte und eben nicht nur der Sohn von Keke Rosberg, dem Weltmeister von 1982, geblieben. Der GP2-Champion 2005 war Webber zwar unterlegen, setzte sich nur ein Jahr später aber bereits teamintern gegen Alexander Wurz durch. Auch Kazuki Nakajima behielt er im Griff. Und dann kam das Mercedes-Abenteuer und ein ganz anderes Kräftemessen.

Beim der Rückkehr der Silberpfeile als Werksteam in der Formel 1 hieß das deutsche Lineup Rosberg und Schumacher - jener Rekordweltmeister, der sich nach vier Jahren Ruhestand das Comeback gönnte. Was nach einer unlösbaren Aufgabe klang, steckte Rosberg allerdings locker weg: In den drei gemeinsamen Jahren war er am Saisonende stets der erfolgreichere Mercedes-Pilot.


Fotostrecke: Die Formel-1-Karriere des Nico Rosberg

"Was mich am meisten an Nico beeindruckt hat, ist sein Umgang mit der Schumacher-Situation", sagt Webber daher. "Ich könnte nie so recht einschätzen, wie hungrig Nico war, wie sehr er den Erfolg wollte. Aber vor dem, was er jetzt gezeigt hat, habe ich allergrößten Respekt - und das geht allen Fahrern so. Fernando, Jenson, Lewis: Jeder hat Respekt vor dem, was er geschafft hat. Nico hat Hunger und Fokus demonstriert. Er war in den vergangenen paar Jahren einer der fokussiertesten Fahrer in der Formel 1, ohne Zweifel. Davor muss man wirklich den Hut ziehen."

Denn schließlich hieß die Herausforderung Lewis Hamilton und es begann ein Duell, dass an vergangene erinnerte. Da war dieser Racer mit dem natürlichen Talent wie einst Senna. Und dann war da dieser Akribiker wie einst Alan Prost. Da waren diese Niederlagen und der Zweifel an den Stärken. Da war aber auch dieser Hunger, zu guter Letzt der Erfolg und schließlich die endgültige Befriedigung. Der Rest ist silber-goldene Geschichte.