• 13.09.2001 10:44

  • von Marcus Kollmann

Marc Gené im ausführlichen Interview

Der Testfahrer von BMW-Williams über seinen Job, Frank Williams und wie lange er weiterhin Testpilot bleiben möchte

(Motorsport-Total.com/Haymarket) - Nachdem das BMW-Williams-Team gestern in einer Pressemitteilung verkündete, dass der Spanier Marc Gené auch im kommenden Jahr für das aufstrebende Team aus Grove als Testfahrer unterwegs sein wird und im Falle des Falles für Ralf Schumacher oder Juan-Pablo Montoya ? zum Beispiel wenn diese auf Grund eines Unfalls nicht fahren könnten - einspringen würde, hat der ehemalige Minardi-Pilot in einem Interview ausführlich über seine Rolle und Verantwortung als Testfahrer gesprochen. In dieser Saison hat der 27-Jährige bereits über 10.000 Kilometer absolviert.

Titel-Bild zur News: Marc Gené (Testfahrer BMW-Williams)

Gené: "Mein Job ist einer der besten in der Formel 1"

Frage: "Wie fühlst du, nun, nachdem du ein weiteres Jahr Testfahrer für BMW-Williams sein wirst?"
Marc Gené: "Ich bin wirklich glücklich. Natürlich würde ich glücklicher sein, wenn ich einer der beiden Piloten wäre die die Rennen fahren, jedoch muss ich gestehen, dass meine Aufgabe auch gar nicht so schlecht ist. Ich kenne die Arbeitsweise des Teams und weiß wie es sich für 2002 vorbereitet. Ich habe dieses Jahr mehr Kilometer absolviert als sich das Team oder ich das zu Beginn jemals ausgemalt hatten. Im nächsten Jahr werde ich noch mehr fahren."

Frage: "Hast du mehr Kilometer bewältigt als du dies normalerweise mit Minardi an einem Rennwochenende hättest tun können?"
Gené: "Ja. Ich habe ja nicht nur mehr Kilometer absolviert, sondern auch mehr gelernt. Die Saison ist noch nicht vorbei und schon jetzt habe ich über 12.000 Kilometer hinter mir. Das ist mehr als ich mit Minardi in all den Grand Prix und wenigen Tests hätte fahren können. Aber am Ende geht es nicht nur um die Anzahl der zurückgelegten Kilometer. Wenn ich teste, dann fahre ich Rennsimulationen, in denen ich wirklich mit den gleichen Situationen wie an einem Rennwochenende konfrontiert werde. Ich weiß, dass ich als Fahrer jetzt besser bin als ich es damals bei Minardi war. Dies gilt sowohl für meinen Speed als auch für mein technisches Verständnis und Wissen. Ich hoffe, dass ich nach einem weiteren Jahr als Testfahrer noch besser sein werde und sich das für 2003 positiv auszahlen wird."

Frage: "Hast du dein erstes Jahr als Testfahrer genossen, oder bist du an den Rennsonntagen eher frustriert gewesen?"
Gené: "Ich habe meinen Job dieses Jahr als Rennfahrer genossen. Natürlich fühlt man sich an den Sonntagen nicht so gut, aber ein Sieg des Teams ist auch für mich ein Erfolg, wenngleich es nicht dasselbe ist. Ich vermisse diese Anspannung vor einem Rennen und die Zweikämpfe. Jetzt mache ich ja Dinge, welche die Stammpiloten kaum tun. Ich bin vielmehr in die technischen Meetings mit den Ingenieuren einbezogen und arbeite mich mit ihnen durch die ganzen Aspekte bis ins kleinste Detail. Das hat aber auch seine Vorteile."

Frage: "Fühlst du Stolz, wenn das Williams-Team einen Grand Prix gewinnt?"
Gené: "Das hat es für mich in diesem Jahr sicherlich weniger schwierig gemacht. Wenn Williams gewinnt und ich in der darauf folgenden Woche teste, dann kann man das in den Augen des gesamten Testteams sehen. Es macht mein Leben sicherlich einfacher. Ich denke, dass mein Job, sieht man einmal davon ab als Stammfahrer jedes Wochenende Rennen zu bestreiten, zu einem der besten in der Formel 1 gehört. Sie kümmern sich gut um mich. Ich hatte Glück, dass dieses Jahr Williams bereits wieder Rennen gewinnt. Wenngleich das nicht an mir liegt, so versuche ich doch so viel wie möglich dazu beizutragen."

Frage: "Auf welchen Gebieten hat sich das Team deiner Meinung nach am meisten verbessert?"
Gené: "Was mich am meisten beeindruckt hat ist die Elektronik. Einer der stärksten Punkte von Williams ist der, dass das Personal kaum wechselt. Ich habe mit den Leuten zusammengearbeitet, welche für die Traktionskontrolle, das Automatikgetriebe und die Launch-control schon in den frühen 90er-Jahren zuständig waren, als Mansell, Prost und Senna damit erstmalig gefahren sind. Als ich feststellte, dass diese Leute immer noch ziemlich jung sind, war ich schon ein wenig geschockt. Ich glaube, dass wir als eines der ersten Teams mit der Entwicklung begonnen haben und bei den Starts mit der Launch-conrol die Nummer 1 sind. So ist es denke ich. Sie haben einfach die Daten und Erkenntnisse von damals ausgegraben und diese auf den heutigen Stand gebracht. Williams versucht diese Leute im Team zu halten, was sehr wichtig ist. Was die Tests mit den Michelin-Reifen anbelangt, so denke ich, dass ich am meisten von allen Fahrern mit diesen Pneus getestet habe. Sie waren von Beginn an gut, jedoch war Bridgestone dann inmitten der Saison wieder besser. Ich denke, dass Michelin in den kommenden beiden Rennen wieder auf gleichem Level wie Bridgestone liegen wird, wenn sie nicht sogar besser sein werden. Die Entwicklungsarbeit mit Michelin ist wirklich gut, sie haben wirklich Spitzenleute. Was BMW anbelangt, so ist der Motor seit dem ersten Tag an sehr leistungsstark gewesen, sodass auf diesem Sektor kaum Entwicklungsarbeit notwendig war. Der Bereich in dem wir hinterher waren, war die Aerodynamik. Jeden Monat wurde etwas entwickelt, von dem man sich versprach mehr Abtrieb mit dem FW23 zu erzielen. Jetzt ist das auch in Ordnung. Letzte Woche war ich in Magny-Cours richtig schnell unterwegs, schneller als es die Fahrer während des Frankreich-Grand-Prix waren. Dies ist zum Hauptteil der verbesserten Aerodynamik zu verdanken."

Frage: "Frank Williams hat einige nette Sachen über dich gesagt. Wie fühlst du dich als einer seiner Fahrer?"
Gené: "Ich muss erst einmal sagen, dass ich schon für viele Teamchefs gefahren bin, jedoch ist er derjenige, der mich am meisten beeindruckt hat. Aber Gleiches kann ich auch vom Team Williams und seinen Angestellten sagen. Frank Williams ist jemand mit dem man sich unterhalten kann, wenn man ein Problem hat. Er ist auch immer gewillt Klartext zu sprechen. Er weiß was im Team vorgeht und ich war froh, dass er mich im Team behalten wollte. Ich denke, dass das bedeutet, dass er überzeugt ist ich hätte meinen Job gut gemacht. Er nimmt Testfahrer sehr Ernst, was auch die Vergangenheit, als Coulthard und Montoya diese Position bekleideten, beweist. Ich muss sagen, dass ich mich im Team genauso akzeptiert und auf einem Level wie Ralf und Juan-Pablo fühle. Das ist dank Frank und Patrick Head so. Sie geben einem das Gefühl, dass es drei Fahrer gibt, wenngleich einer nur Testfahrten bestreitet. Es ist wirklich toll, wenn man anerkannt ist."

Frage: "Wie lange bist du bereit weiterhin als Testfahrer zu arbeiten?"
Gené: "Ich möchte natürlich wieder Rennen fahren, jedoch nicht um jeden Preis. Ich bin für Minardi gefahren, einem sehr guten aber kleinen Team. Es ist für einen Fahrer ohne Formel-1-Erfahrung natürlich besser in einem kleinen Team zu fahren als nur als Testfahrer für ein Top-Team tätig zu sein, jedoch will man, sobald man über das Rennfahrern alles gelernt hat, Qualitätsarbeit leisten. Ich muss nicht unbedingt Rennen fahren, vor allem nicht wenn es bedeutet, dass es am Ende nichts bringt. Wie es jetzt gekommen ist, so hatte ich das aber nicht geplant. Ich wollte ein Jahr vom Rennfahren pausieren und nur testen, um anschließend wieder Rennen zu bestreiten. Ich glaube, dass ich im nächsten Jahr mehr Möglichkeiten haben werde als ich diese für das kommende Jahr hatte. Ehrlich, ich denke, dass ich mich diesbezüglich in einer ganz guten Position befinde."