• 21.03.2008 21:43

  • von Dieter Rencken

Mallya: "Geld kann keine Leistung kaufen"

Vijay Mallya spricht im Exklusiv-Interview über seine Pläne für das Force-India-Team, sein Budget für 2008 und seine Begeisterung für die Formel 1

(Motorsport-Total.com) - Beim Treffen mit Vijay Mallya heute im Fahrerlager in Sepang wurde schnell klar, warum dieser Mann in die Formel 1 eingestiegen ist: nicht des Geldes wegen, wie man es seinen Vorgängern Alex Shnaider und Spyker vorgeworfen hat, sondern aus purer Leidenschaft. Selten zuvor hat ein Teameigentümer mit so viel Begeisterung von seinem Engagement geschwärmt wie der indische Geschäftsmann.

Titel-Bild zur News: Vijay Mallya

Stolzer Chef: Vijay Mallya erfüllt sich mit der Formel 1 einen Kindheitstraum

Bevor das Interview mit 'Motorsport-Total.com' überhaupt beginnen konnte, präsentierte Mallya unserem Redakteur eigeninitiativ einige Ausschnitte aus indischen Zeitungen - mit glänzenden Augen: "Hier steht: Force Indias Formel-1-Debüt hat dem Sport beispiellose Publicity im Land eingebracht", sagte er stolz und fügte an: "Jede Zeitung des Landes berichtet über Force India. Schneller als erwartet sind wir zum Nationalteam geworden und die Formel 1 zu einem Nationalsport."#w1#

Formel-1-Motor als Klingelton

Als wir unsere Fragen dann noch einmal unterbrechen mussten, weil bei Mallya das Handy klingelte, war uns endgültig klar, dass dieser Mann nur der Freude wegen Formel 1 macht - als Klingelton hat er nämlich einen Formel-1-Motor eingestellt! Mit 'Motorsport-Total.com' sprach er über den Fortgang des Projekts, das ihm von all seinen Unternehmungen am meisten am Herzen liegt.

"Im Moment sehe ich niemanden am Horizont." Vijay Mallya

Frage: "Vijay, wie nahe seid ihr an der Verpflichtung eines indischen Fahrers dran?"
Vijay Mallya: "Im Moment sehe ich niemanden am Horizont, außer Karun Chandhok beginnt in der GP2 zu gewinnen. Aber wir haben ja schon ein Nachwuchsprogramm bekannt gegeben."

Frage: "Wie viel Zeit verbringst du momentan am Telefon?"
Mallya: "Nach Melbourne habe ich Montag, Dienstag und Mittwoch im Büro verbracht. Ich bin gleich am Sonntagabend aus Melbourne abgereist. Und nach Malaysia fliege ich natürlich auch nach Bahrain."

Frage: "Kümmerst du dich an den Rennwochenenden auch um deine anderen Geschäfte oder konzentrierst du dich da nur auf die Formel 1?"
Mallya: "Wenn ich hier bin, dann mache ich nur Formel 1. Sollte mich mal jemand von meinen Leuten wirklich dringend brauchen, dann haben sie ja meine Handynummer. Aber ich werde nicht angerufen, wenn es nicht wirklich wichtig ist."

Frage: "Und wie ist es, wenn du dich in Indien um Kingfisher kümmerst, können dich deine Formel-1-Leute dann auch anrufen?"
Mallya: "Sie rufen mich ständig an und schicken mir E-Mails, fünf- bis zehnmal am Tag. Die meisten meiner Geschäfte sind Geschäfte, die in den letzten 25 Jahren gewachsen sind. In diesen Jahren habe ich starke Managementteams aufgebaut. Bei der Fusion der Fluglinie Deccan mit Kingfisher gibt es zum Beispiel einige Dinge zu erledigen, wie bei jeder Fusion dieser Größenordnung. Das habe ich natürlich schon im Auge. Das Formel-1-Team soll einmal gut funktionieren - und das wird es! Ich liebe jede einzelne Minute."

Mallya setzt auf Stabilität

Frage: "Wirst du am Team etwas verändern oder nicht?"
Mallya: "Es ist noch zu früh, um über Veränderungen nachzudenken. Stabilität ist jetzt einmal wichtiger."

"Auto und Fahrer müssen zusammenspielen." Vijay Mallya

Frage: "Wann wirst du damit anfangen, an Leute mit großem Namen heranzutreten?"
Mallya: "Ich habe gesagt, dass Geld alleine keine Rennen gewinnen kann, und das trifft genauso auf Namen zu. Giancarlo (Fisichella; Anm. d. Red.) hat dieses Rennen hier in Malaysia schon gewonnen, er ist hier schon auf Pole-Position gestanden. Auto und Fahrer müssen zusammenspielen."

"Mit Giancarlo haben wir einen etablierten Fahrer, mit Sutil einen sehr talentierten. Aber das Auto muss auch dazu in der Lage sein, auf das Podium zu fahren. Es liegt nicht nur an den Fahrern. Wir kommen schon hin. Wir haben bewiesen, dass wir viel schneller sind als im Vorjahr, aber uns muss auch klar sein, dass wir keine Wunder bewirken können - nicht in diesem Spiel. Die Formel 1 ist hart und herausfordernd, aber wir werden das bewältigen. Genau das wollte ich erreichen: langsamen, aber stetigen und finanziell vernünftigen Fortschritt. Das sehen wir im Moment."

Frage: "Ihr habt für dieses Jahr ungefähr 80 Millionen Euro Budget, aber wenn deine Ziele verwirklicht werden sollen, werdet ihr mehr brauchen. Wird das stufenweise kommen?"
Mallya: "Ich habe den Ingenieuren genau das gegeben, was sie von mir gefordert haben. Unser Budget beträgt nun 120 Millionen US-Dollar. Das bedeutet eine Steigerung um fast 80 Prozent im Vergleich zu dem, was das Team in den vergangenen beiden Jahren zur Verfügung hatte. Das ist meiner Meinung nach sehr großzügig und auch ausreichend, um all unsere Ziele zu erreichen."

"Ich wiederhole noch einmal, was ich schon gesagt habe: Geld kann keine Leistung kaufen. Man kann nur so und so viel aerodynamisch im Windkanal weiterentwickeln oder mit CFD-Simulationen arbeiten, aber wenn man sinnlos Geld hineinschaufelt, kommen deswegen auch nicht automatisch bessere Resultate heraus. Das Team wird nie in eine Situation kommen, in dem es kein Geld mehr hat, um das zu tun, was getan werden muss, um die Leistung zu steigern."

Keine Budgeterhöhung geplant

"Gleichzeitig glaube ich aber nicht, dass es eine Verpflichtung gibt, das Budget Jahr für Jahr zu erhöhen. Ich glaube zum Beispiel, dass Williams auch ein knappes Budget hat, aber sie geben ihr Geld sehr überlegt und gut aus und erreichen damit gute Resultate. Und dann gibt es andere Teams, die werfen das Geld zum Fenster raus, erreichen aber keine guten Resultate. In diese Kategorie gehöre ich sicher nicht."

Vijay Mallya

Auch an der Formel-1-Rennstrecke will Vijay Mallya nichts verpassen Zoom

Frage: "Welche Fortschritte gibt es in puncto Indien-Grand-Prix?"
Mallya: "Ich habe mich darüber gerade heute Morgen beim Frühstück mit Bernie (Ecclestone; Anm. d. Red.) unterhalten. Alles läuft nach Plan. Er hat die finanziellen Zusagen von den Veranstaltern, die er sich gewünscht hat, und jeder, der so viel Geld in die Hand nehmen möchte, meint es ernst."

Frage: "Bist du selbst auch involviert?"
Mallya: "Nein, bin ich nicht. Ich bin Vorsitzender des nationalen Motorsportverbandes MAI, aber finanziell bin ich nicht involviert."

Frage: "Wer tritt dann eigentlich als Veranstalter auf? Der Staat oder Privatpersonen?"
Mallya: "Es ist die JP-Gruppe. Die hat aber nichts mit dem Staat zu tun. In einem Land wie Indien, in dem wir so manche sozialen Probleme haben, ist es unwahrscheinlich, dass der Staat einen Sport wie die Formel 1 finanziert."