• 13.02.2004 10:10

  • von Fabian Hust

Magny-Cours: "Kurzschlusshandlung" von Montoya

Patrick Head, Technischer Direktor von BMW-Williams, verrät, was Juan-Pablo Montoya zum Teamwechsel bewegt hat

(Motorsport-Total.com) - Was bewegt einen Fahrer dazu, mitten in einer Saison, in der man Chancen auf den WM-Titel hat, aus eigenem Antrieb Verhandlungen mit dem Erzrivalen des Teams aufzunehmen und sich mehr als ein Jahr vor dem Ende des laufenden Vertrages für einem Wechsel zu entscheiden? Da muss in den Augen des Fahrers schon einiges schief gelaufen sein oder ihm ganz einfach so viele Dinge missfallen, dass er sich im Team schlecht aufgehoben fühlt.

Titel-Bild zur News: Juan-Pablo Montoya

Schmollte in Magny-Cours und vergab so den möglichen Sieg: Juan-Pablo Montoya

Nach Aussage von Patrick Head, dem Technischen Direktor des BMW-Williams-Teams, hat sich der Kolumbianer nach dem Großen Preis von Frankreich in Magny-Cours für einen Wechsel zu McLaren-Mercedes in der Saison 2005 entschieden. Damals fuhren beide BMW-Williams-Piloten um den Sieg, doch Montoya fühlte sich bei seiner Aufholjagd auf Ralf Schumacher unfair behandelt, da man den Deutschen zuerst an der Box abfertigte.#w1#

Die Reaktion von Juan-Pablo Montoya war unsportlich. Der Rennfahrer beschwerte sich nach Aussage des Briten zehn Minuten lang über Funk über das Verhalten seines Teams, schmollte dann und machte absichtlich langsam. Bei einer Sitzung des Teams am folgenden Mittwoch wurde "JPM" von seinem Team zurechtgewiesen. Hinzu kommt die Tatsache, dass Teamkollege Ralf Schumacher deutlich mehr verdient ? das waren scheinbar genügend Gründe für Montoya, das Team zu verlassen.

Head: "Montoya hat uns verbal beschimpft"

"Ich weiß, dass die Entscheidung, bei McLaren zu unterschreiben, innerhalb weniger Tage nach diesem Vorfall getroffen wurde", so Head bei einem Journalistentreffen am Donnerstag in Grove. "Juan hat fälschlicherweise gedacht, dass wir Ralf über seine Handlungen informiert hatten und ihn eine Runde früher reinholten. Er war am Funk ziemlich streng mit uns und hat das Team die nächsten zehn Minuten verbal beschimpft. Meiner Meinung nach hat er dann geschmollt, zurückgesteckt und ist bis ins Ziel geschlichen."

Worüber sich der Brite besonders aufregte: Ralf Schumacher beging zu Ende des Rennens einen Fehler, den Montoya nicht nutzen konnte, weil er zu weit zurück lag, obwohl er vor der ominösen Boxenstopp-Situation schneller als der Deutsche war. "Das Team über Funk zu beschimpfen war meiner Meinung nach nicht angemessen, denn die Jungs haben wie verrückt am Auto gearbeitet und ein paar fantastische Boxenstopps gemacht."

Head: So etwas kann nicht sein

Dass man dem heißblütigen Rennfahrer die Leviten gelesen hat, war laut Head eine Notwendigkeit: "Wir waren der Meinung, dass es nicht sein kann, dass es eine Situation gibt, in der er so ziemlich jeden im Team beschuldigt, sich zwei Mal inkompetent verhalten zu haben." Laut Head ist Montoya ein Fahrer, der extrem ungern verliert: "Juan ist leidenschaftlich und deshalb trifft er manchmal impulsive Entscheidungen die zu impulsiven Schlussfolgerungen führen. Manche seiner Aktionen waren einfach nicht akzeptabel. Er war unglücklich damit, dass er seiner Ansicht nach die zweite Geige hinter Ralf spielen musste."

Head: "Sind traurig, dass er uns verlässt"

Angesichts der angespannten Situation ist es kein Wunder, dass lange Zeit das Gerücht im Umlauf war, dass Montoya vorzeitig zu den "Silbernen" wechseln könnte. Schließlich wird es weder dem Team noch dem Fahrer leicht fallen, die kommende Saison unbeschwert anzugehen. Head ist und bleibt aber dennoch ein Fan der fahrerischen Leistungen des ehemaligen CART-Champions. Auch in der Formel 1, so glaubt der Brite, wird der Kolumbianer den Titel einfahren: "Er ist vielleicht nicht perfekt, aber ich gehe davon aus, dass er in seiner Zeit WM-Titel gewinnen wird. Er ist ein großartiges Talent und wir sind traurig, dass er uns verlässt."

Wie zwei Bullen auf einer Weide?

Dass sich die Situation bei McLaren-Mercedes großartig ändert ist unwahrscheinlich: "Ich glaube nicht, dass in das McLaren-Team passt", so Head. "Das wird auf jeden Fall interessant werden. McLaren scheut sich nicht davor zuzugeben, wie groß die Hochachtung vor Kimi Räikkönen ist. Ich denke, dass er und Ron Dennis wie zwei Bullen auf einer Weide sein werden, bis sie gelernt haben, miteinander zu leben und dann werden sie zurück zum Alltag kommen. Und das heißt Rennen gewinnen."