Lowdon: System Formel 1 ist "nicht optimal"

(Motorsport-Total.com) - Es ist kein Geheimnis, dass in der Formel 1 derzeit mehrere Teams finanziell schwer angeschlagen sind. Dazu gehört unter anderem Marussia, hervorgegangen aus dem ursprünglichen Virgin-Projekt. Ende dieses Jahres werden laut Unterlagen der britischen Handelskammer 61 Millionen Pfund (umgerechnet 76 Millionen Euro) Verbindlichkeiten fällig, weshalb sich der Rennstall auf die Suche nach möglichen Investoren gemacht hat.

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Graeme Lowdon (links) und Teamchef John Booth stehen unter Druck Zoom

Gleichzeitig liegt Marussia noch kein Angebot für ein neues Concorde-Agreement vor, wie Teammanager Graeme Lowdon im Interview mit 'Motorsport-Total.com' verrät. Obwohl der Rennstall momentan auf Platz zehn in der Konstrukteurs-WM liegt, der für nächstes Jahr möglicherweise finanzielle Vergünstigungen bedeuten könnte, krankt seiner Meinung nach das Finanzsystem der Formel 1. Die Teams, insbesondere die kleinen, sollten demnach stärker an den Einnahmen beteiligt werden, um eine Chance zu haben, nachhaltig zu wirtschaften.

Frage: "Graeme, es gab einige negative Berichte in den Medien über eure Finanzen. Möchtest du das kommentieren?"
Graeme Lowdon: "Die Medienberichte bildeten lediglich unsere schlechte Bilanz von 2011 ab. Da war klar, dass die Anteilseigner und die Hauptsponsoren die Firma unterstützt haben. Ich habe es schon oft gesagt: Leider passiert das in diesem Paddock überall, einschließlich bei den amtierenden zweimaligen Weltmeistern. Deren Anteilseigner und Sponsor scheint viel mehr Geld in deren Team zu stecken als wir, um den Faktor drei."

Nicht nur kleine Teams betroffen

"Das ist eine Reflektion der derzeitigen Branchenlage, in der Teams auf beiden Enden der Startaufstellung zu solchen Maßnahmen gezwungen sind. Einige Leute sollten sich wirklich Gedanken darüber machen, ob da nicht eine Botschaft dahintersteckt, wenn es vorne und hinten in der Startaufstellung passiert."

Frage: "Meinst du damit, dass das Finanzmodell der Formel 1 fehlerhaft ist?"
Lowdon: "Ich würde nicht so weit gehen und es als fehlerhaft bezeichnen, aber es ist nicht optimal."

Frage: "Nicht nachhaltig?"
Lowdon: "Kurzfristig vielleicht schon, aber langfristig sehe ich das nicht, nein. Das ist Grundlagen-Mathematik. Ich glaube, dass es sowohl nachhaltig wie auch optimal sein könnte, sehr einfach sogar. Jetzt haben wir die Chance - gemeinsam mit den anderen Teams, dem Inhaber der kommerziellen Rechte und der FIA -, eine Lösung zu entwickeln, die gut für den Sport ist. Ich hoffe, dass diese Chance ergriffen wird."

Marussia noch ohne Concorde-Vorvertrag

Frage: "Willst du damit sagen, dass es weitere Beratungen geben sollte?"
Lowdon: "Solange du kein Angebot siehst, weißt du es halt nicht, und wir haben noch keins. Wir haben noch keinen Concorde-Entwurf gesehen und haben daher nicht die geringste Idee, was drinstehen wird. Aber solange nicht alle irgendeinen Deal unterschrieben haben, schätze ich, dass es genug Gelegenheiten gibt, sich das große Ganze anzuschauen."

"An Signalen, dass etwas unternommen werden muss, mangelt es die Boxengasse rauf und runter jedenfalls nicht. Vielleicht ist ja gut für den Sport, was in diesen Dokumenten steht, aber das kann ich nicht beurteilen, weil ich sie nicht gesehen habe. Aber es gibt viele Leute, die darauf angewiesen sind, und sogar eine riesige Industrie, die darauf angewiesen ist, dass das Geschäftsmodell auf der obersten Ebene korrekt ist."

"Die Geschichte hat gezeigt, dass es vielleicht nicht fehlerhaft ist, aber sicher nicht ganz optimal. Das ist klar. Das zeigt unsere Bilanz und auch die von Red Bull. Ich bin mir sicher, dass jede andere Bilanz in der Boxengasse das Gleiche zeigen würde, vielleicht mit ein oder zwei Ausnahmen."