• 27.09.2010 20:43

  • von Roman Wittemeier

Lotus: Namensstreit landet vor Gericht

Zwischen der Lotus-Gruppe, deren Besitzer Proton und dem Formel-1-Team von Tony Fernandes sind die Fronten endgültig verhärtet: 2011 wirklich wieder Team Lotus?

(Motorsport-Total.com) - In den vergangenen Monaten herrschte eine regelrecht kuschelige Stimmung zwischen der Lotus-Gruppe - also dem britischen Autobauer - und dem neuen Formel-1-Team mit Sitz in Malaysia. Beide Seiten waren mehr als glücklich, den traditionsreichen Namen Lotus wieder in der Königsklasse präsentieren zu dürfen. Allerdings darf man angesichts dessen nie vergessen, dass die neue Formel-1-Mannschaft rechtlich gesehen nie etwas mit dem früheren Rennstall um Colin Chapman zu tun hatte.

Titel-Bild zur News:

Den Namen Lotus Racing wird man 2011 sicher nicht in der Formel 1 sehen

Die Lotus-Gruppe, die von der Präsenz des Namens durchaus profitiert haben dürfte, und das Team aus Malaysia bildeten seit etwa einem Jahr eine Zweckgemeinschaft - nicht mehr, nicht weniger. Doch damit ist es nun vorbei. Nachdem sich Tony Fernandes und sein Team in langwierigen Verhandlungen endlich den Ursprungsnamen Team Lotus von David Hunt sichern konnte, herrscht absolute Eiszeit zwischen Großbritannien und Malaysia.#w1#

In einem ersten Schritt reagierte die Lotus-Gruppe mit einer Kooperation mit ART. Das GP2- und GP3-Team wird ab 2011 unter dem Namen Lotus-ART antreten und "technische Unterstützung" von der Lotus-Gruppe erhalten. Der Clou daran: Wenige Stunden zuvor hatte Fernandes die Gründung einer neuen GP2-Mannschaft verkündet, um aktive Nachwuchsarbeit für die Formel-1-Mannschaft betreiben zu können. Urplötzlich wurde klar, dass es im Verhältnis der beiden Lotus-Parteien nicht mehr stimmte.

Lotus-Krieg: Proton pocht auf die Namensrechte

Der nächste Schritt folgte nach dem Singapur-Rennen. Proton, Besitzer der Lotus-Gruppe, gab eine Pressemitteilung heraus, in der es heißt, dass man die aktuelle Lizenzvereinbarung mit dem ursprünglich unter dem Namen "1Malaysia Racing Team" eingeschriebe Formel-1-Mannschaft aufkündigen werde. Konsequenz: Das Team darf sich ab 2011 nicht mehr Lotus Racing nennen. Nicht so schlimm, denn Fernandes und Co. wollen im kommenden Jahr als Team Lotus antreten.

Aber: Proton - also die Lotus-Gruppe - sieht sich selbst im Besitz aller Rechte, die den Namen Lotus beinhalten - also auch Team Lotus. Von Proton heißt es, dass die "Lotus-Gruppe sicher ist, dass die von David Hunt verkauften Namensrechte jeder Grundlage entbehren. Dieser Tatsache war sich Herr Fernandes bewusst, als sein Unternehmen die Rechte erwarb." Proton werde nun die nötigen Schritte einleiten, um die Rechte am Namen Lotus schützen zu lassen.

Formel-1-Schlagschrauber und Lotus-Sportwagen: Das passt nicht zusammen Zoom

"Tony Fernandes hat nicht das Recht, 2011 die Marke Lotus in irgendeiner Form in der Formel 1 zu verwenden. Wir sind Eigentümer dieser Marke. Wir werden alles unternehmen, damit man den Namen unserer Marke nicht ohne Erlaubnis verwendet und werden unser Sponsoring für das Lotus Racing Team zurückziehen. Um es einfach zu sagen: Die Lotus-Gruppe ist alles, was mit Lotus zu tun hat", sagt Proton-Boss Dato' Sri Mohd. Nadzmi Mohd.

Die große Frage: Wer darf Team Lotus verwenden?

Die große Frage ist, ob David Hunt und seine Team Lotus Ventures rechtmäßige Besitzer des traditionellen Teamnamens waren oder sind. Der Brite hatte sich die Rechte 1994 aus der Konkursmasse des Teams herausgepickt und seine Formel-1-Ambitionen damit nie erfüllen können. Vor allem die Lotus-Gruppe ließ er offenbar in Verhandlungen immer wieder abblitzen. Dieses haben die Verantwortlichen wohl nie verschmerzen können, unkt man im aktuellen Formel-1-Team.

"Wir haben die Rechte von David Hunt und Team Lotus Ventures gekauft, um rechtmäßiger Nachfolger des Traditionsteams zu werden", erklärt Lotus-Racing-Geschäftsführer Riad Asmat. "Als Lizenznehmer der Lotus-Gruppe haben wir uns in diesem Jahr sofort als bestes der neuen Teams etabliert. Wir haben immer davon geträumt, den Namen Team Lotus wieder zurückzubringen, aber 2010 ging das nicht, weil der Name im Besitz der Team Lotus Ventures war."

"Aus unserer Sicht ist es nun an der Zeit, Klarheit zu schaffen. Wir haben den Fall vor das britische Gericht gebracht, damit klargestellt wird, dass Team Lotus Ventures die Rechte besitzt, den Namen Team Lotus zu verwenden und alle mit der Marke in Verbindung stehenden Aktivitäten in der Formel 1 rechtens sind", so Asmat weiter. "Dass wir 2011 unter Team Lotus antreten bedeutet, dass unser Lizenzabkommen mit der Lotus-Gruppe endet."


Fotos: Lotus, Großer Preis von Singapur


Das Formel-1-Team fährt den Kurs weiter

"Proton und die Lotus-Gruppe haben in der Vergangenheit selbst versucht, die Namensrechte von David Hunt zu erwerben. Zuletzt haben sie es sogar über einen Vorgang beim Markenregister zu erzwingen versucht. Ich denke, dass Davids abschlägige Antworten bei den früheren Verkaufsverhandlungen als Grundlage der heutigen Zwistigkeiten zu sehen sind", sagt der Lotus-Racing-Geschäftsführer.

"Über die Lizenz muss man nicht weiter reden", so Asmat. "Es war ein kleines Lizenzabkommen über ein Jahr, verbunden mit einem kleinen Sponsoring seitens Proton, das aber nur einen minimalen Teil der Einlage der Teilhaber ausmacht - etwa 1,5 Prozent vom gesamten Budget. Leider sind wir nie so weit gekommen, über eine mögliche Verlängerung des Deals zu sprechen. Als wir das Lizenzabkommen mit der Lotus-Gruppe unterzeichnet haben, war komischerweise völlig klar, dass sie keine Rechte am Namen Team Lotus besitzen."

Firmenschild bei Lotus

Urpsrünglich war das Team unter "1Malaysia Racing Team" eingeschrieben Zoom

Das Ende des Lizenzabkommens bedeute eine Chance zum Neuanfang, sagt Asmat. "Wir schauen nun nach vorne. Die Hintergründe sind nun ans Licht gekommen. Das ist gut, denn nun weiß auch die Regierung als Teilhaber von Proton, woran man wirklich ist." Lotus habe sich immerhin innerhalb des ersten Jahres gut aufgestellt, viel für den asiatischen Nachwuchs getan und Nabil Jeffri mit 17 Jahren zum jüngsten Formel-1-Tester gemacht. "Persönlich glaube ich, dass die Lotus-Gruppe von der Formel-1-Plattform sehr profitiert hat. Aber ab sofort gibt es für uns nur noch Team Lotus", so Asmat zum Abschluss.