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  • 03.11.2013 20:53

  • von Dieter Rencken & Roman Wittemeier

Lotus hat Geld: Quantum will Hülkenberg holen

Das Investoren-Konsortium Quantum hat nach eigenen Angaben den Deal mit Lotus fixiert: Räikkönen bezahlt, Hülkenberg fest im Visier

(Motorsport-Total.com) - Die finanziell schwierige Situation bei Lotus ist seit vielen Monaten ein immer wiederkehrendes Thema gewesen. Die angespannte Lage der Mannschaft rückte am Freitag ganz besonders in den Fokus, als Kimi Räikkönen drohte, die letzten Saisonrennen auszulassen, sollte er nicht umgehend sein Gehalt bekommen. Nach diesem Aufschrei ging dann offenbar alles ganz schnell. Am Sonntag informierten die neuen Investoren über entscheidende Fortschritte.

Titel-Bild zur News: Lotus Logo

Ein Quantum Trost: Lotus hat offenbar endlich frisches Geld bekommen Zoom

Im Juni hatte Lotus-Besitzer Gerard Lopez angekündigt, dass er 35 Prozent des Teams von seiner Investmentgruppe Genii an ein neues Konsortium namens Infinity Racing (heute Quantum) verkaufen werde. Die Verhandlungen zogen sich jedoch über viele Wochen in die Länge - es geschah schlichtweg nichts, um die Situation im defizitären Team zu verbessern. "Der Deal ist erledigt, zumindest all das, was von unserer Seite erledigt werden musste", gibt Mansoor Ijaz, führender Kopf von Quantum schließlich bekannt.

"Die Verzögerungen lagen vor allem an den Compliance-Vorschriften, die es bei all den Banken gibt, mit denen wir weltweit zusammenarbeiten. Ich bin Amerikaner, habe mit den nationalen Sicherheitsbehörden zusammengearbeitet und bin deswegen natürlich besonders im Fokus", erklärt der US-Investor aus Florida, dessen familiäre Wurzeln in Pakistan liegen. Ijaz arbeitet eng mit seinem Partner Suhail Al Dhaheri zusammen. Die beiden platzieren unter anderem Geld aus dem Sultanat Brunei in der Formel 1.

Geld transferieren ist nicht so einfach

"Wir mussten Wege finden, die nötigen Mittel so zu transferieren, sodass unsere Investoren keine Probleme bekommen", schildert Ijaz die Schwierigkeiten auf dem Weg zum Lotus-Deal. Die versprochenen finanziellen Mittel seien nun allerdings auf den Konten von Lotus eingegangen. So habe man Kimi Räikkönen endlich bezahlen können. "Ich bin zuversichtlich, dass er die beiden letzten Rennen fahren wird", erklärt der 52-Jährige Geschäftsmann aus Florida.

"Ich habe mich gestern Abend mit Kimis Manager Steve Robertson getroffen. Ich habe ihn gebeten, Kimi zu erklären, warum das alles so lange gedauert hat. Drei Monate lang haben diverse Annäherungsprozesse halt für Verzögerungen gesorgt", sagt Ijaz. "Der Transfer der Gelder war das Problem. Dafür habe ich mich bei Steve Robertson und bei Kimi entschuldigt." Man habe den Finnen ursprünglich im Team halten wollen ("Ein oder zwei weitere Jahre"), aber der "Iceman" habe sich aus verständlichen Gründen für den Wechsel zu Ferrari entschieden.

Sollte die versprochene Übernahme von 35 Prozent an Lotus und der damit zusammenhängende Geldfluss tatsächlich realisiert worden sein, dann dürften die Chancen für Nico Hülkenberg nun wieder bestens stehen. "Der Vertrag ist vorbereitet. Nico ist interessiert und ich gehe davon aus, dass es innerhalb recht kurzer Zeit formalisiert werden wird", verspricht Ijaz, der in einem Wikipedia-Eintrag zu seiner Person bereits als "Besitzer des Lotus F1 Formula One Teams" bezeichnet wird.

Kimi Räikkönen

Kimi Räikkönen soll die beiden letzten Saisonrennen im Auto sitzen Zoom

"35 Prozent kaufen wir im ersten Schritt. Es gibt die Option, in einem gewissen Zeitrahmen das Team komplett zu übernehmen. Das geschieht in enger Abstimmung mit den Genii-Leuten", erklärt der neue Investor, der im Fahrerlager von Abu Dhabi sehr umfassende Erklärungen ablieferte. "So kompliziert alles bisher war: Wir wollen einen flüssigen Einstieg in die Formel 1 sicherstellen." Dabei sollen seine eigenen Erfahrungen im weltweiten Business ebenso helfen wie die Regierungsverbindungen der Familie seines Geschäftsparters Al Dhaheri.

Coca Cola oder Microsoft auf den Autos?

"Die Familie Al Dhaheri ist eine der einflussreichsten Familien in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Suhails Brüder sind an höchsten Stellen verantwortlich für Banken, Sicherheit von Internet oder Sicherheit von Ölfeldern", erklärt Ijaz. "Ich selbst habe beste Verbindung in alle Welt, außerdem ist meine Familie in die Entwicklung von Technologien involviert. Mein Vater ist zum Beispiel Atomphysiker." Die engen Bindungen zu Regierungen, Banken, Investmentgruppen und Technologiekonzernen seien der Hintergrund des Quantum-Engagements bei Lotus.

"Drei Gründe: Erstens Entwicklung von Technologie, die wir später außerhalb der Formel 1 kommerziell nutzen können. Zweitens wollen wir die Plattform nutzen, um unsere Verbindungen zu Staaten und Regierungen sowie zu unseren Businesskontakten zu festigen und auszubauen. Der dritte Grund ist die Möglichkeit, Sponsoren zu platzieren", sagt der Vater von fünf Kindern, der Teamchef Eric Boullier das vollste Vertrauen schenkt ("Ich kenne keinen Besseren!").

Nico Hülkenberg

Das Geld von Quantum: Die große Chance für Nico Hülkenberg bei Lotus? Zoom

"Die Schulden werden beglichen, dann bringen wir große, neue Sponsoren hinein. Das wird man schon sehr bald sehen. Diese Partner werden uns die Möglichkeit schaffen, für lange Zeit ganz vorne in diesem Business mitzuspielen", so die klare Ansage von Ijaz. Er selbst nennt beispielsweise Verbindungen zu Global Playern wie Coca Cola oder Microsoft, die sich möglicherweise im Formel-1-Engagement niederschlagen könnten. "Wir haben jetzt schon so viel Geld reingeschossen, sodass das Team im kommenden Jahr bestens überleben kann - egal, was passiert."

"Wir können uns auch vorstellen, einige Sponsoren bei den kleinen Teams zu platzieren, um das Feld in der Formel 1 in all ihren Möglichkeiten auf ein einheitlicheres Niveau zu bringen", malt Ijaz ein noch größeres Bild. Die Formel 1 sei nur ein kleiner Teil des gesamten Sportengagements. Der leidenschaftliche Sportler ("Ich war ein guter Tennisspieler an der Uni") spricht von Beteiligungen an NBA-Basketballteams und einem Investment bei einem großen europäischen Fußballclub...