• 10.08.2005 16:14

Logistikherausforderung Türkei-Grand-Prix

Ferrari erläutert, warum die Teams mit dem Türkei-Grand-Prix aus Logistik-Sicht Neuland betreten und wo man auf die Nase fallen kann

(Motorsport-Total.com) - In der Saison 2004 waren es Bahrain und China, die erstmals ein Formel-1-Rennen austrugen, in diesem Jahr feiert der Große Preis der Türkei sein Debüt in der "Königsklasse des Motorsports". Die Türkei wird das 26. Land sein, das einen Grand Prix austrägt und es wird die 69. Strecke sein, auf der ein Lauf zur Formel-1-Weltmeisterschaft seit 1950 ausgetragen werden wird.

Titel-Bild zur News: Die Bosporus-Brücke in Istanbul

Die meisten Teammitglieder müssen täglich über die Bosporus-Brücke fahren

Abgesehen von den technischen Herausforderungen, mit denen es die Ingenieure und Fahrer auf einer neuen Strecke zu tun bekommen, ist das Debüt einer neuen Stadt im Kalender auch immer mit neuen Herausforderungen für die Logistik-Abteilung eines Rennstalls verbunden.#w1#

Ein Rennen auf zwei Kontinenten...

Das ist besonders beim Türkei-Grand-Prix der Fall, der praktisch auf zwei Kontinenten stattfindet. Die Mehrheit des Teams wird in Hotels auf der europäischen Seite Instanbuls bleiben und die Brücke über den Bosporus jeden Morgen überqueren, um zur Strecke zu gelangen, die in Asien situiert ist.

Bei Ferrari ist Miodrag Kotur für die Logistik verantwortlich. Kotur begann mit den Planungen für den Türkei-Grand-Prix praktisch an jenem Tag, an dem das Rennen vor rund einem Jahr angekündigt wurde.

"Die Arbeit beginnt in der Fabrik, dabei versuchen wir so viel wie möglich über den neuen Ort herauszufinden, schauen uns Karten des Landes, der Stadt und der Strecke an", so Kotur weiter. "Dann setze ich mich mit den Organisatoren an der Strecke zusammen, bevor wir uns die Strecke, die Hotels und die Mietwagenfirmen vor Ort anschauen. Diesen Trip habe ich persönlich im November letzten Jahres gemacht."

"Spionage" ist Pflicht

"Ich schaue mich auch in der Stadt um, um zu sehen, welche Möglichkeiten sich in Bezug auf Restaurants oder Geschäfte bieten, wo das Catering-Personal seine Besorgungen machen und wir alles organisieren können, was wir im Verlauf eines Grand-Prix-Wochenendes gebrauchen könnten."

Es scheint so zu sein, als würden in der ganzen Welt Italiener leben und das schließt auch die Türkei ein: "Dies bedeutet, dass wir immer ein paar Leuten finden können, die uns vor Ort helfen, da sie die gleiche Sprache sprechen, was ein Vorteil ist. Vielleicht betreiben sie Hotels oder eine Reiseagentur und wir können uns auf sie als Sicherheit verlassen. Natürlich können wir auch das lokale Fiat-Händer-Netz und die Ferrari-Importeure anrufen. Das kann nützlich sein, um Autos für den Teamtransport von den Hotels an die Strecke zu organisieren."

Problem Anreise

Die tägliche Anfahrt von der Stadt an die Strecke war auch schon Thema einiger Diskussionen, denn Istanbul ist bekannt für seine notorischen Staus, vor allem dann, wenn man die Brücke über den Bosporus überqueren muss.

"Die Strecke befindet sich 50 bis 90 Minuten Fahrtzeit vom Stadtzentrum Istanbuls entfernt, wo alle wohnen werden. Aber zumindest ist die Reise nicht so übel wie jene, mit der wir es in Schanghai zu tun bekommen. Zumindest bewegt sich der Großteil des Verkehrs morgens über die Bosporus-Brücke in die Stadt, wohingegen wir sie verlassen werden und zusätzlich gehen einige Ortsansässige im August üblicherweise in Urlaub, es sollte also weniger Verkehr geben."

Irgendwie doch ein Europa-Grand-Prix

Wer in der Formel 1 arbeitet, der ist es gewohnt, Orte außerhalb Europas zu besuchen, relativ früh anzureisen, um sich einzurichten und ein Büro in den bereitgestellten Gebäuden einzurichten, Platz für das Lagern von Reifen, Benzin, Containern oder anderer Ausrüstung zu finden. Im Rahmen des Türkei-Grand-Prix' wird das jedoch nicht notwendig sein.

"Auch wenn er in Asien liegt, muss man daran denken, dass dieser neue Kurs als europäische Strecke funktioniert. Das heißt, dass wir alle unsere Trucks und Motorhomes vor Ort haben und es nicht notwendig ist, Büros aufzubauen und auszurüsten. Auf Basis dessen, was ich bei meinem Besuch - bevor die Strecke vollständig fertig gestellt war - gesehen habe, sind die Garagen groß und modern, sowie das auch in Bezug auf den Platz im Fahrerlager der Fall ist."

"Er wurde im Einklang mit den aktuellen Anforderungen der Formel 1 des 21. Jahrhunderts gebaut, es wird also viel einfacher sein zu arbeiten und es wird weniger eingeengt zugehen als auf einigen der historischen Strecken, die wir im Verlauf des Jahres besuchen. Viele der alten Strecken wurden zu jener Zeit entworfen, als jedes Team nur einen Transporter hatte und eine Mannschaftsgröße von rund 20 Leuten. Nun haben die großen Teams vier Transporter und rund 90 Leute."

Ungewöhnliche Anreise

Wenn sich der tägliche Trip von der Stadt an die Rennstrecke als außergewöhnlich herausstellen sollte - die Reise von den Teamquartieren in Europa in die Türkei ist es auf jeden Fall. Einzigartig ist die Tatsache, dass die Teams ihr Material von Trieste in Italien nach Instanbul via Seeweg verschiffen, 15 Kilometer von der Rennstrecke entfernt geht es vom Hafen dann wieder via Landweg zur Rennstrecke. Die Reise dauert 72 Stunden und ist damit für Europa-Rennen überdurchschnittlich lang.

"Sehr wichtig und kritisch ist nicht die Anreise, da wir nach Ungarn eine Pause haben, aber die Reise zurück wird sehr knapp bemessen sein. Der Italien-Grand-Prix in Monza findet 14 Tage nach der Türkei statt und wir müssen erneut 72 Stunden für die Rückkehr der Fracht einplanen. Der Großteil der Fracht wird also rund Mitternacht nach dem Rennen losgeschickt, was bedeutet, dass wir nach dem Rennen an der Rennstrecke sehr schnell zusammenpacken müssen. Dies wird alles mit Hilfe der FOM getan, so wie das auch bei den Überseerennen außerhalb von Europa der Fall ist."

Ferrari ist im Vorteil

"Fakt ist, dass die ganze Angelegenheit für Ferrari bequemer ist als für die anderen Teams. Zumindest liegt Trieste in Italien, unsere Trucks werden also in der Lage sein, nach Maranello zurückzukehren, entladen und für Monza vorbereitet zu werden, wohingegen die englischen Teams direkt nach Monza gehen müssen und ihre Autos dort vorbereiten werden, wenn sie das Gefühl haben, dass sie nicht genügend Zeit haben, zwischen den beiden Rennen nach England zurückzukehren. Es könnte sein, dass die anderen Teams drei Grands Prix absolvieren, ohne nach Hause zurückzukehren, denn nach dem Italien-Grand-Prix gibt es nur eine Woche Pause vor dem Belgien-Grand-Prix."

"Einmal mehr werden wir die Zeit haben, einen kurzen Abstecher nach Maranello zu machen, wohingegen die ausländischen Teams direkt in die Ardennen fahren. Da es ein neuer Grand Prix ist, wird das ganze Team mit einem speziellen Charter-Flug am Mittwoch vor dem Rennen ankommen anstatt wie üblich am Donnerstag. Wir landen auf dem Ataturk-Flughafen auf der europäischen Seite der Stadt, was bedeutet, dass wir nicht viel Zeit brauchen, um in die Hotels im Stadtzentrum zu kommen. Am Sonntagabend verlassen wir Istanbul vom neuen Flughafen auf der asiatischen Seite, was viel näher an der Strecke ist. Alles in allem wird es eine sehr interessante Woche werden!"

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