• 13.06.2010 23:50

  • von Dieter Rencken

Liuzzi: "Felipe sollte es besser wissen"

Vitantonio Liuzzi freut sich über seine zwei WM-Punkte in Montréal, ärgert sich aber über die Startkollision mit Felipe Massa

(Motorsport-Total.com) - Vom fünften Startplatz aus zählte Vitantonio Liuzzi heute zu den heißen Außenseitern in Montréal, doch sein Traum von einem Topergebnis platzte schon in der ersten Kurve - Kollision mit Felipe Massa! Der Force-India-Pilot gab aber nicht auf, fightete in der letzten Runde Michael Schumacher nieder und sicherte sich letztendlich den neunten Platz. Im Interview mit 'Motorsport-Total.com' lässt er den Grand Prix von Kanada noch einmal Revue passieren.

Titel-Bild zur News: Vitantonio Liuzzi

Für Vitantonio Liuzzi wäre heute wohl um einiges mehr drin gewesen...

Frage: "Tonio, das war ein starkes Rennen. Bist du nun wieder im Geschäft?"
Vitantonio Liuzzi: "Ja. Wir waren von Anfang an stark und haben schon im Qualifying gezeigt, dass man mit uns rechnen muss. Wir wollten uns den Lohn für die Mühen der letzten paar Rennen abholen, in denen es nicht ganz so geklappt hat. Es war ein gutes Wochenende mit einem großartigen Qualifying. Ein Jammer, was am Start passiert ist, aber ich konnte mich nicht in Luft auflösen! Felipe sollte besser wissen, dass man das Rennen nicht in der ersten Kurve gewinnen kann. Ich wollte auf das Gras ausweichen, aber er ließ nicht locker und kam trotzdem immer näher. Noch weiter innen und ich wäre in die Boxengasse gefahren."#w1#

Ein Force India wie ein Hummer...

"Jenson hat ihm sicher nicht so viel Platz gegeben, wie er gebraucht hätte, aber das war nicht der alleinige Grund. Er hat mich einmal berührt, dann noch einmal und noch einmal! Zum Glück hat mein 'Hummer' die Aktion überlebt, wenn auch leicht beschädigt! Aber so etwas gehört halt dazu. Von da an hatten wir ein starkes Rennen mit einer konstanten Performance und guten Überholmanövern. Unterm Strich sind es zwei Punkte geworden - nach der ersten Runde ein schöner Lohn."

Frage: "Hättest du am Start vielleicht etwas weniger aggressiv sein müssen, um die gute Ausgangsposition nicht aufs Spiel zu setzen?"
Liuzzi: "Soll ich alle durchlassen, nur weil ich vorne stehe? Das geht ja nicht. Man muss aggressiv sein. Ich war innen, sogar auf dem Gras. Weiter nach innen kann ich nicht mehr gehen. Ich hätte noch später bremsen können, das wäre dann aber zu aggressiv gewesen. Vielleicht war ich zu vorsichtig, um nicht zu crashen, und dann ist es erst recht passiert."

Frage: "Wo hättest du ohne die Kollision ankommen können?"
Liuzzi: "Schwer zu sagen, aber ich glaube, ich hätte in etwa den Platz halten können, auf dem wir waren - also Sechster."

Frage: "Wie und wo hast du deinen Teamkollegen Adrian Sutil überholt?"
Sutil: "Das war am Ende seiner ersten Runde aus den Boxen heraus. Er konterte dann in der ersten Kurve. Anschließend hatten wir einen Kampf mit einigen anderen Autos. Wir waren eigentlich schneller, konnten aber nicht überholen. Das hat einiges gekostet. Vor Kurve acht habe ich Adrian dann überholt. Er hatte viel stärkere Reifenprobleme als ich."

"Wir waren eigentlich schneller, konnten aber nicht überholen. Das hat einiges gekostet." Vitantonio Liuzzi

Frage: "Und dann hast du auch noch Michael Schumacher überholt!"
Liuzzi: "Ich habe gesehen, dass es die letzte Runde war und dass er massive Reifenprobleme hatte. Er war ein paar Sekunden pro Runde langsamer. Es gibt nur eine Kurve, wo du nicht damit rechnest, überholt zu werden, also habe ich es dort versucht. Das war Kurve sechs. Ich habe später gebremst. Er wollte die Tür zumachen und wir waren nebeneinander, aber ich erwischte vor Kurve acht den besseren Ausgang und ging an ihm vorbei."

"Das war ein paar Kurven lang ein guter Fight, der mir eine Position gebracht hat. Ich liebe Zweikämpfe mit Michael, denn er ist ein Vollprofi, von dem man immer etwas lernen kann. Er gehört nicht zu denen, die die Augen zumachen und die Tür gleich mit, bis es kracht, sondern mit ihm kann man immer faire Zweikämpfe haben. Mehr konnte ich nach dem Zwischenfall in der ersten Runde nicht mehr aufholen."

Frage: "Wie war die Reifensituation?"
Liuzzi: "Ich denke, wir hatten die Reifen wirklich gut im Griff. In einigen Phasen durfte ich nicht voll attackieren, zum Beispiel im Verkehr. Ich glaube, wir waren das Auto mit dem längsten Stint auf den harten Reifen, aber wir waren sehr konstant. Es freut mich, dass das Team und ich so gut zusammenarbeiten, um zu verstehen, wie wir die Reifen haltbarer machen können. Es war also ein starkes Rennen. Wir haben wieder einmal gezeigt, dass wir um Punkte kämpfen können, wenn das Auto keine Probleme macht. Jetzt freue ich mich auf Valencia."

100 Prozent über die ganze Distanz

Frage: "Nahm die Strecke mehr und mehr Grip an?"
Liuzzi: "Die Strecke veränderte sich stark. Mit den weichen Reifen war es zu Beginn ein bisschen besser, aber ich konnte das wegen des Unfalls nicht wirklich austesten."

Frage: "Bist du überrascht, dass es keine Safety-Car-Phase gegeben hat?"
Liuzzi: "Ja, wirklich. Ich hätte nach dem Unfall in der ersten Kurve schon damit gerechnet und hatte mich auf einen Boxenstopp eingestellt, aber es kam anders. Ich musste das ganze Rennen 100 Prozent geben und konnte nicht nachlassen, um Punkte zu holen."

Frage: "Diese Strecke ist fast ein Straßenkurs, genau wie Valencia. Ein gutes Zeichen?"
Liuzzi: "Ja. Valencia ist ein merkwürdiger Straßenkurs, denn die Auslaufzonen dort sind größer als in Spa! Aber man kann es ein bisschen mit Monaco vergleichen. Unsere Performance ist immer gut, wenn die Mauern nahe an der Strecke stehen, denn ich gebe immer 100 Prozent. Valencia wird für mich aber etwas Neues, denn ich bin dort noch nie gefahren."

Frage: "Wie wichtig war deine heutige Leistung für deine Zukunft?"
Liuzzi: "Ich wollte hier unbedingt beweisen, dass das, was in der Türkei passiert ist, an einem Problem lag. Das Team hat mich gut unterstützt und hat das Problem lokalisiert. Wenn es mal schwierig ist, stehen sie hinter mir. Wenn ich sie um etwas bitte, hören sie auf mich. Wir haben das Chassis noch einmal gewechselt und sind auf ein Problem gestoßen - und siehe da, wo ich hier auf einmal fahren kann..."


Fotos: Vitantonio Liuzzi, Großer Preis von Kanada


Frage: "Bist du zuversichtlich, dass mit dem Chassiswechsel deine Saison jetzt quasi noch einmal von vorne beginnt?"
Liuzzi: "Was den Grip angeht, haben wir einen großen Schritt gemacht, denn mit dem anderen Chassis war der einfach nicht da. Ich weiß nicht genau, woran das liegt, denn wir hatten noch nicht Zeit, um die beiden Chassis in der Fabrik nebeneinander zu untersuchen, aber ich bin mir sicher, dass wir da eine Verbesserung erreicht haben. Was wir noch verstehen müssen, ist unser Höchstgeschwindigkeitsproblem vom Saisonbeginn, denn deswegen haben wir das Chassis ja ursprünglich gewechselt. Hier waren wir auf den Geraden nicht schnell, aber das müssen wir analysieren. Auf jeden Fall habe ich jetzt ein besseres Gefühl für die Zukunft, denn in den Kurven scheint das Auto zu funktionieren - und das ist am wichtigsten."

Frage: "War das das beste Wochenende deiner Formel-1-Karriere?"
Liuzzi: "Nein, da gab es schon auch andere gute, aber es war ein gutes Wochenende, das stimmt. Ich habe meine Form unter Beweis gestellt. Es ist nicht leicht, so weit vorne zu starten und die Topteams im Qualifying aufzumischen. Wir haben diesen Startplatz ja nicht durch Glück geerbt, sondern aus eigener Kraft erkämpft. Schade daher, dass wir nicht mehr Punkte geholt haben, denn die hätten wir uns verdient gehabt. Aber ich habe auch nach der ersten Kurve nicht aufgegeben und wurde dafür mit zwei Punkten belohnt."

Folgen Sie uns!

Formel-1-Newsletter

Abonnieren Sie jetzt den kostenlosen täglichen und/oder wöchentlichen Formel-1-Newsletter von Motorsport-Total.com!

Folge uns auf Facebook

Werde jetzt Teil der großen Community von Motorsport-Total.com auf Facebook, diskutiere mit tausenden Fans über den Motorsport und bleibe auf dem Laufenden!