• 20.09.2010 15:39

Kubica: "Singapur das härteste Rennen der Saison"

Robert Kubica will beim Nachtrennen in Singapur einmal mehr die Topteams ärgern - Für seinen Renault-Teamkollegen Vitaly Petrov ist der Kurs Neuland

(Motorsport-Total.com) - Am kommenden Wochenende gastiert die Formel 1 bereits zum dritten Mal im Stadtstaat Singapur. Von Routine ist bei diesem Rennen aber noch lange keine Rede, denn der außergewöhnliche Zeitplan und die Tatsache, dass das Rennen unter Flutlicht stattfindet, ist für den Formel 1-Tross nach wie vor gewöhnungsbedürftig. Was kein Nachteil sein muss, denn der Singapur-Grand Prix gehört bei Teams und Fahrern gerade wegen seiner Einzigartigkeit zu den populärsten Rennen im Kalender.

Titel-Bild zur News: Robert Kubica

Robert Kubica erwartet in Singapur ein hartes und anstrengendes Rennen

"Der Straßenkurs in Singapur zählt aus meiner Sicht zu den härtesten und anstrengendsten Rennen der ganzen Saison", findet Renault-Pilot Robert Kubica. "Der Straßenbelag ist sehr wellig und uneben, du musst die ganze Zeit mit dem Auto kämpfen, um es auf Kurs zu halten. Eine Kurve reiht sich an die nächste. Nur auf der Start-Ziel-Geraden bleiben uns ein paar wenige Sekunden, um einmal kurz durchzuatmen."#w1#

"Das Streckenlayout ist ziemlich anspruchsvoll, vor allem körperlich, denn es gibt keine langen Geraden, aber sehr viele Kurven. Weil das Durchschnittstempo recht niedrig liegt, dauert das Rennen ziemlich lange. Eine Stunde und 50 Minuten zu fahren, ist ganz schön anstrengend. Hinzu kommt der unebene Fahrbahnbelag. So kannst du auch auf dem längeren geraden Stück von Kurve fünf bis sieben nicht wirklich entspannen, da du wegen der vielen Bodenwellen das Lenkrad sehr fest halten musst."

"Ein weiteres großes Problem auf Straßenkursen ist das niedrige Gripniveau", beschreibt der Pole. "Auf der Ideallinie wird es im Verlauf des Wochenendes durch den Gummiabrieb zwar kontinuierlich besser. Aber abseits davon ist es oft sehr schmutzig und rutschig. Das erschwert das Überholen zusätzlich."

Auf der schnellen Strecke zählt die Aerodynamik mehr als in Monaco. Aber über die Bodenwellen und die Randsteine muss das Auto auch mechanisch passen. "Vor allem die Balance des Fahrwerks sollte stimmen", sagt Kubica. "Wir räubern in Singapur sehr stark über die Randsteine, dabei muss der Renault R30 noch gut beherrschbar und leicht zu kontrollieren sein. Auf der anderen Seite handelt es sich um einen temporären Grand-Prix-Kurs, dessen Grip-Niveau im Laufe des Wochenendes rapide zunimmt. Diese Entwicklung müssen wir für die Abstimmung des Autos stets vorhersehen und mit einberechnen."

Körperlich sehr anstrengend

"Hinzu kommt der ungewöhnliche Zeitplan: Wir arbeiten bis spät in die Nacht und schlafen bis nachmittags. Der Ablauf des Rennwochenendes an sich hat sich dabei nicht geändert. In den Vorjahren habe ich aber festgestellt, dass es anschließend sehr schwierig ist, wieder zu einem normalen Tagesablauf zurückzukehren."

Kazuki Nakajima

Die Flutlichtanlagen in Singapur stellen die Teams vor keine Probleme Zoom

Der Zeitplan stellt Die Piloten und Mechaniker vor keine körperlichen Probleme. Eher schon die sehr hohe Luftfeuchte, wie Renault-Teamarzt Dr. Riccardo Ceccarelli erklärt: "Obwohl das Rennen in der Nacht stattfindet, ist die Luft noch sehr feucht, sodass die Fahrer kaum Abkühlung finden. Der Schweiß bleibt auf der Haut, statt zu verdunsten und dadurch Wärme vom Körper abzuführen. Die Körpertemperatur kann deshalb bedenklich ansteigen. Bei Überhitzung gehen Kraft und Konzentration verloren und die Reaktionszeiten werden langsamer."

Diese körperliche Herausforderung - kombiniert mit dem keine Fehler verzeihenden Kurs - erklärt, warum Singapur als eines der anspruchsvollsten Rennen der Saison gilt. Dr. Ceccarelli bringt es auf den Punkt: "Für die Fahrer fühlt es sich an wie die mentale Herausforderung von Monaco in Verbindung mit dem kräftezehrenden Tropenklima von Sepang."

Premiere für Petrov

Vor dieser Aufgabe steht erstmals Vitaly Petrov. Für den Russen sind alle restlichen Rennen Neuland. "Ich werde alles unternehmen, um mich bestmöglich vorzubereiten. Ich habe mir bereits einige Rennvideos aus den Vorjahren angesehen und Telemetriedaten analysiert. Außerdem hoffen wir, dass der R30 in Singapur und auf den übrigen Strecken wieder konkurrenzfähiger sein wird."

Vitaly Petrov

Vitaly Petrov wird sich zum ersten Mal der Herausforderung Singapur stellen Zoom

"Es gibt in Singapur einige interessante Kurven. Außerdem sah es in den Videos so aus, als wäre die Asphaltoberfläche ziemlich uneben, denn die Autos wurden kräftig durchgeschüttelt und die Reifen schienen schnell zu blockieren. Überhaupt mag ich Strecken, die nach höchster Konzentration verlangen und keine Fehler verzeihen. Außerdem kommen Stadtkurse dem Renault R30 entgegen."

In der Nacht ist Petrov schon mit einem Rennwagen gefahren. "Mit der GP2 in Katar, das Fahren mit künstlicher Beleuchtung stellt für mich also kein Problem dar. Die Bedingungen in Singapur ähneln denen von Malaysia. Ich trainiere ganz normal und werde vielleicht noch den einen oder anderen Saunagang absolvieren. Offensichtlich können wir das Singapur-Wetter nicht hier in Europa simulieren."

Punkte das erklärte Ziel

Der erste Formel-1-Russe muss nach dem schwachen Monza-Rennen wieder ein gutes Ergebnis abliefern, damit er seinen Platz im nächsten Jahr behalten kann. "Mein Ziel lautet zunächst, im Qualifying in die Top 10 zu fahren. Wir haben unverändert Mercedes als unseren Hauptgegner ausgemacht. Sie zu schlagen wird nicht einfach - auch weil ich die Strecke von Singapur noch nicht kenne. Aber das Wochenende wird auch für alle anderen eine Herausforderung."

Kubica ist mit Prognosen vorsichtig. "Uns wird nichts geschenkt. Klar kommt Singapur dem Kurs von Monte Carlo sehr nahe - aber es sind vier Monate vergangen, seitdem wir im Fürstentum an den Start gegangen sind. Ich hoffe, dass sich der R30 erneut so angenehm und konkurrenzfähig fahren lässt. Nur so kann ich das volle Potenzial des Wagens abrufen, und auch die Renningenieure haben es etwas leichter bei ihrer Arbeit, die optimale Abstimmung auszutüfteln."

"Aber die Weiterentwicklung geht in der Formel 1 stets mit Riesenschritten voran, mal sehen, wo wir stehen. Ich persönlich jedenfalls nähere mich dem kommenden Wochenende mit der gleichen Einstellung wie immer: Ich weiß, dass wir mit unserem Auto inmitten eines hart umkämpften Wettbewerbsumfeld stehen und uns deshalb keine Fehler erlauben dürfen. Speziell Williams hat in den vergangenen Grands Prix extrem zugelegt. Warten wir es ab. Aber ich bin mir sicher, dass wir auch in Singapur wieder stark unterwegs sein werden."

Die Beleuchtung stellt weder die Fahrer, noch die Mechaniker vor große Probleme. Sie ist so hell, dass die Teams in der Boxengasse keine eigenen Beleuchtungen anbringen müssen. "Vor dem ersten Singapur-Grand-Prix glaubten wir noch, die Boxenmannschaft müsste mit Bergarbeiterlampen auf den Helmen arbeiten", lacht Steve Nielsen, der Sportliche Direktor bei Renault. "Aber das Licht ist dermaßen hell und wird so gut gestreut, dass wir solche Lösungen getrost vergessen können. Du merkst gar nicht, dass es tiefe Nacht ist - außer, du schaust zwischendurch mal in den Himmel..."