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  • 23.04.2015 10:09

  • von Dominik Sharaf

Krisentruppe McLaren: Wann rollen die ersten Köpfe?

Rennleiter Boullier verschärft den Ton und prangert Honda an, ist sich des Jobs aber sicher - Ex-Pilot Häkkinen zweifelt, dass Alonso lange durchhält: "Braucht Nerven"

(Motorsport-Total.com) - Lichtblicke ja, Erfolge nein. Bei McLaren läuft die Saison zwar wie erwartet, aber trotzdem nicht zufriedenstellend. Bislang begnügten sich die Beteiligten der WM-Punkt-freien Truppe mit dem gebetsmühlenartigen Aufsagen von Durchhalteparolen, doch der Ton wird schärfer. Eric Boullier steht hinter seiner Neustrukturierung: "Sie ist der einzige Weg, die Leute, die nicht nützlich sind, loszuwerden und alle dazu zu bringen, das Optimum aus ihren Möglichkeiten zu machen", sagt der Rennleiter der 'New York Times'.

Titel-Bild zur News: Fernando Alonso

Fernando Alonso war auch in Bahrain nicht in den WM-Punkten klassiert Zoom

Sein Stuhl, so Boullier, würde nicht wackeln. Er glaubt, mit Unternehmenspatron Dennis eine verschworene Einheit zu bilden. "Ich genieße die Rons Unterstützung. Er und ich, wir sind zwei Racer. Wir sprechen die gleiche Sprache. In der Formel 1 gibt es viel Politik, aber zwischen uns ist das Unfug", unterstreicht der Franzose. Allerdings gilt Dennis selbst seit seiner verunglückten Rettungsmission, die er mit seiner Rückkehr als Geschäftsführer der Firmengruppe begann, nicht mehr als unantastbar.

Boullier richtet sein Augenmerk auf den zuvor gefeierten neuen Antriebspartner: "Ich mache Honda immens Druck. Ron unterstützt mich dabei statt mich infrage zu stellen." Bisher die Füße still gehalten haben auch die Piloten: Von Diplomat Jenson Button war das nicht anders zu erwarten, bei Fernando Alonso zumindest mit einem Fragezeichen versehen. Schließlich wird dem ehrgeizigen Spanier nachgesagt, er werde in Krisenzeiten hinter verschlossenen Türen zum Unruheherd.

Muss McLaren insgesamt sieben Jahre warten?

Mika Häkkinen, selbst zweimal mit McLaren Weltmeister, wundert sich über die demonstrative Gelassenheit Alonsos. "Wenn man anfängt, über Dinge zu sprechen, die wichtiger sind als der Sieg oder wichtiger als der Rennsport, dann stimmt etwas nicht", erklärt der Finne der 'BBC' und warnt seinen Nachfolger vor einer Leidenszeit: "McLaren hat viel Geld und viele Möglichkeiten, ist ein großartiges Team und ich bin zuversichtlich, dass sie in Zukunft herausragende Resultate einfahren - aber es kann sehr lange dauern."

Den Eindruck, dass Alonso schon bald die Brocken hinwirft, hat Häkkinen indes nicht gewonnen. "Ich habe mit ihm persönlich darüber gesprochen und war überrascht, dass schon von seinem Rücktritt geschrieben wurde", beschreibt er die Schlagzeilen als übertrieben, ist sich bei Alonsos Durchhaltevermögen aber nicht so sicher: "Ist Fernando dazu bereit, in den nächsten zwei, drei oder sogar vier Jahren in einem Umfeld zu arbeiten, in dem der nicht einmal nahe dran ist, ein Rennen zu gewinnen?"


Fotostrecke: Glorreiche Sieben: Alle McLaren-Champions

Boullier: McLaren ohne Formel 1 ist nicht denkbar

"Es kann langweilig werden, denn es sind nicht nur 15 oder 16 Rennen pro Saison", prognostiziert Häkkinen. "Es braucht viel Geduld und Nerven." Boullier ist überzeugt, dass fünf Jahre für seinen Starpiloten eine zu lange Durststrecke bedeuten würden, rechnet aber schon 2016 damit, regelmäßig konkurrenzfähig zu sein. Es ist ein Zurückrudern, denn noch am Rande des Saisonauftakts in Melbourne vor rund einem Monat war von Rennsiegen 2014 die Rede.

Eric Boullier

Eric Boullier: Auf Erfolge mit McLaren wartet der Ex-Lotus-Mann noch Zoom

Dass McLaren eines Tages gänzlich von der Bildfläche verschwindet, kann sich Boullier nicht vorstellen - obwohl der letzte Grand-Prix-Sieg der ehemals erfolgreichsten Truppe in der Geschichte der Königsklasse aus der Saison 2012 datiert und damit mehr als zweieinhalb Jahre zurückliegt. Auch das Sportwagen-Geschäft ist kein Erfolg. "Die Formel 1 steht für die Marke, was wir drumherum entwickeln ist ein großes Business. Wir sind nahe an der Marke von einer Milliarde Umsatz", verweist Boullier auf die Technologie-Sparte in Woking.