Die (funkenden) Highlights in Manama: Hamiltons Solo-Show, Rosbergs Überhol-Action und Räikkönens Aufholjagd
Lewis Hamilton feiert im vierten Rennen der Formel-1-Saison 2015 seinen dritten Sieg, baut den Vorsprung in der Weltmeisterschaft auf 27 Punkte aus - und wird damit auf jeden Fall auch den Europa-Auftakt in Barcelona als Spitzenreiter überstehen. Sein zweiter Bahrain-Triumph nach 2014 ist nicht gefährdet. Die Action spielt sich hinter ihm ab, ...
... und das schon im Freitagstraining: Sebastian Vettel kollidiert beim Rausfahren aus der Box mit Sergio Perez, tobt im ersten Moment über den "fucking" Force-India-Fahrer. TV-Replays decken auf: Ferrari hat ihn mit losem Vorderrad aus der Box geschickt. Eigentlich eine klare Grid-Strafe. Aber die FIA-Rennkommissare lassen das "unsafe release" ungeahndet.
Viertes Qualifying, vierte Pole für Hamilton. Vettel, mit dem Ferrari schnellster Longrun-Fahrer am Freitag, splittet die Silberpfeile und sichert sich eine vielversprechende Ausgangsposition. Und Nico Rosberg konzentriert sich zu sehr darauf, Reifen für das Rennen zu schonen - und kassiert, in Q3 ohne jeden Rhythmus, die nächste demoralisierende Schlappe gegen seinen Teamkollegen.
Für Jenson Button ist das Rennen schon beendet, bevor es überhaupt begonnen hat. Seine Crew bekommt den McLaren-Honda nach einer Reihe technischer Probleme im ERS-Bereich nicht rechtzeitig flott. Aus der Not wird eine Tugend: Der Bahrain-Sieger von 2009 kommentiert das Rennen aus der Garage - via Twitter.
Auch Felipe Massas Chancen auf ein Podium sind schon vor dem Start dahin: Wegen eines defekten Sensors kommt er beim Beginn der Formationsrunde nicht vom Fleck, muss aus der Boxengasse starten. Und weil ihm Pastor Maldonado in den Diffusor fährt, ist sein anfänglicher Vorwärtsdrang bald gestoppt.
Start zum Grand Prix von Bahrain: Hamilton kommt am besten weg, Vettel behauptet Platz zwei...
... und Rosberg, der sich eigentlich direkt auf Hamilton-Jagd machen wollte, fällt auch noch hinter Kimi Räikkönen zurück, der seinen Ferrari geschickt auf der Außenbahn in die erste Kurve manövriert und mehr Schwung mitnimmt. Die ersten Strafen gibt's übrigens schon vor dem Start: Je fünf Sekunden für Maldonado (ungenaue Parkposition) und Carlos Sainz (zu langsame Out-Lap).
Nico Rosberg nimmt zum ersten Mal in dieser Saison das Messer zwischen die Zähne und zeigt jene Aggressivität, die Niki Lauda von ihm fordert: mit stehenden Rädern vorbei an Räikkönen in der vierten Runde...
... und in der neunten auch an Vettel. Der hat sich eine Runde davor in der ersten Kurve verbremst.
Classic "Iceman": Während Rosberg vor einer Woche in Schanghai noch am Funk lamentiert hat, man möge seinem führenden Teamkollegen Hamilton bitten, schneller zu fahren, anstatt ihn einfach zu überholen, funkt Räikkönen hinter Vettel an den Kommandostand: "Ich könnte ein bisschen schneller fahren. Aber ich werde versuchen, ihn zu überholen." Was ihm zumindest Rad an Rad nicht gelingt.
In der 13. Runde kommt Vettel zum Reifenwechsel und versucht einen "Undercut"; Rosberg stoppt im 14., Hamilton (davor noch sechs Sekunden Vorsprung) im 15. Umlauf - und kann sich nach seinem Service formatfüllend im Rückspiegel anschauen, wie Rosberg zum zweiten (von insgesamt drei) Mal an Vettel vorbeizieht.
Hamilton kommt in der 16. Runde 0,6 Sekunden vor Rosberg zurück auf die Strecke - und wundert sich: "Was ist mit meinem Vorsprung passiert?" Aber der Mercedes-Pilot fährt weltmeisterlich und schüttelt Rosberg sofort aus der DRS-Sekunde ab.
Weiter hinten sorgt Sauber-Rookie Felipe Nasr einmal mehr für Furore. Außen antäuschen, innen vorbeiziehen gegen Landsmann Felipe Massa im Kampf um Platz zehn!
Wenig später schnappt sich Nasr auch Fernando Alonso, der mit unterlegenem Topspeed des McLaren-Honda nur Kanonenfutter ist, und Nico Hülkenberg. Der kann aus seinem überraschenden achten Startplatz im Rennen nichts machen: "Überhaupt kein Grip."
Vor dem zweiten Reifenwechsel muss Rosberg zwei Runden länger draußen bleiben als Vettel - und fällt wieder hinter den Ferrari-Fahrer zurück. Aber Rosberg überholt Vettel ein drittes Mal, weil dieser in der Zielkurve nach außen rutscht. Das macht einen Frontflügel-Wechsel erforderlich. Das Podium rückt durch den zusätzlichen Boxenstopp in weite Ferne.
Heimlich, still und leise hat Kimi Räikkönen die Führung im Grand Prix übernommen, auch, weil er als einziger den Mut hat, schon im Mittelstint die härteren Reifen aufzuziehen. Eine Strategie, die sich noch lohnen sollte - auch wenn er seine zwischenzeitliche Führung in der 40. Runde an Hamilton abgeben muss.
Teamkollege Vettel schließt indes weiter hinten relativ mühelos auf den viertplatzierten Williams von Valtteri Bottas auf. Aber trotz DRS ist an dessen Mercedes-Power kein Vorbeikommen. Einmal hat Vettel Glück, als er vor der ersten Kurve zu spät bremst und Bottas fast ins Heck rauscht.
Ein typisches Pastor-Maldonado-Rennen: Zuerst gerät er mit dem diesmal glücklosen Toro-Rosso-Junior Max Verstappen aneinander, ...
... später macht er Massa den Diffusor kaputt...
... und beim letzten Boxenstopp aktiviert er auch noch irrtümlich die Motorenabschaltung. Die Crew muss neu starten, der Venezolaner kommt am Ende als 15. ins Ziel. Teamkollege Romain Grosjean fährt als Siebter in die Punkteränge.
Die sensationelle Aufholjagd des Kimi Räikkönen (dank um sechs Runden frischerer, weicher Reifen): Nach dem Boxenstopp in Runde 40 noch 26 Sekunden hinter dem Rosberg-Mercedes, geht er in der vorletzten Runde an eben diesem vorbei - aber nicht wie zunächst vermutet wegen eines Fahrfehlers, sondern wegen eines Bremsdefekts am Silberpfeil.
Besser könnte man einen Motorschaden gar nicht timen: Daniel Ricciardos Renault-Antrieb verraucht ein paar Meter vor der Zielflagge. Das ändert nichts an seinem sechsten Platz, bedeutet aber, dass Red Bull schon beim Europa-Auftakt in Barcelona den letzten straffrei erlaubten Motor der Saison einbauen muss.
Hamilton gewinnt am Ende 3,4 Sekunden vor dem von hinten heranstürmenden Räikkönen - und die Experten fragen sich: Was wäre gewesen, wenn Ferrari den "Iceman" zwei oder drei Runden früher die superschnellen Option-Reifen gegeben hätte?
Der Nacht-Grand-Prix von Bahrain endet (friedlich) mit einem pompösen Feuerwerk - und mit positiver Bilanz: 32.000 Zuschauer am Renntag, 90.000 am gesamten Wochenende.
Die (funkenden) Highlights in Manama: Hamiltons Solo-Show, Rosbergs Überhol-Action und Räikkönens Aufholjagd