Kratzer im Ego: Rosberg setzt Hamilton zu
Wie Mercedes-Pilot Lewis Hamilton mit dem Teamduell gegen Nico Rosberg umgeht und wie er für sich die Wende zum Besseren einleiten will
(Motorsport-Total.com/SID) - Lewis Hamilton leidet eigentlich nicht an einem unterentwickelten Ego. Mit dem Selbstverständnis eines Superstars hat er sich neulich ein riesiges Kreuz auf seinen muskulösen Rücken tätowieren lassen, umrahmt von Engelsflügeln. Und darüber steht geschrieben: "Still I rise" - "Ich steigere mich weiter". Doch ausgerechnet vor seinem Heimrennen in Silverstone hat das meist unerschütterlich wirkende Selbstbewusstsein des Engländers Kratzer abbekommen. Sein Mercedes-Teamkollege Nico Rosberg setzt dem Alphatier hart zu.

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Wer lächelt mehr? Nico Rosberg und Lewis Hamilton liefern sich ein spannendes Duell Zoom
"Nico wird unterschätzt", sagt Hamilton und verteidigt damit seine durchwachsene Bilanz gegen den Deutschen gleich mit. "Er ist ein verdammt harter Wettkämpfer, das kann ich versichern." Hamilton, vor der Saison von McLaren zu den Silberpfeilen gewechselt, sieht sich eigentlich als potenzieller Herausforderer von Weltmeister Sebastian Vettel - doch jetzt muss der Champion von 2008 mit der ungewohnten Situation zurechtkommen, erst einmal den eigenen Teamkollegen in Schach zu halten.
"Wenn man der Beste sein will, muss es jemanden geben, der einen bis ans Limit bringt", sagt Hamilton. "Nico gehört zu den Fahrern, die dazu in der Lage sind." Viele Experten im Fahrerlager sind überrascht, dass Rosberg das Tempo seines alten Kumpels nicht nur mitgehen kann, sondern es - wie in Monaco - auch vorgibt.
Rosberg wird nicht mehr belächelt
Vor Saisonbeginn sagten ihm nicht wenige eine Zukunft als ewige Nummer zwei hinter dem eingekauften Superstar voraus. Schließlich galt der Wiesbadener, der am Donnerstag 28 Jahre alt wird, als talentiert und schnell, aber nicht hart genug für die Formel 1. Hinter vorgehaltener Hand wurde Rosberg oft als "Britney" verspottet - in Anlehnung an Britney Spears. Doch diese Mädchen-Lästereien sind mittlerweile vorbei.
Und Hamilton, der sich gerne als leuchtender Racing-Rapper präsentiert, ist ungewohnt dünnhäutig und nachdenklich in diesen Tagen: "Ich muss noch viele Dinge aussortieren, auch bei mir selbst. Ich bin noch nicht auf den Punkt da." Zwar hat er nach sieben von insgesamt 19 Rennen mit 77 Punkten 20 mehr als Rosberg, aber dieser Vorsprung ist auch dem Ausfall-Pech des Deutschen und einer umstrittenen Teamorder in Malaysia geschuldet.
Und deshalb stellt Niki Lauda, Aufsichtsratsvorsitzender der Silberpfeile, auch noch einmal klar, dass es bei Mercedes keine natürliche Nummer eins gibt. "Ganz im Gegenteil", sagt der Ex-Weltmeister, "Rosberg und Hamilton sind meiner Meinung nach das stärkste Team, was es in der Formel 1 gibt. Sie treiben sich beide voran."
In Silverstone, der Wiege der Formel 1, will Hamilton nun unbedingt zu alter Stärke zurückfinden. Dort fand 1950 der erste Grand Prix der Geschichte statt, und ein Sieg im "Home of British Motor Racing" bedeutet dem 28-Jährigen alles. Sein Triumph 2008 sei "fast besser gewesen, als Weltmeister zu werden. Einfach deshalb, weil es mein Heimrennen ist."
"Es ist das Rennen, von dem du träumst, es zu gewinnen", sagt Hamilton. Doch nicht nur Rosberg setzt ihm zu, sondern auch die Sorgen um die zu schnell abbauenden Reifen an seinem Boliden. Erst in Silverstone "werden wir sehen, ob wir unser Reifenproblem gelöst haben", sagt Hamilton - sein Selbstbewusstsein war auch schon mal größer.

