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  • 28.02.2013 13:59

  • von Dieter Rencken & Dominik Sharaf

Kollektiv statt Technikchef: Sauber geht den "Schweizer Weg"

Das Team trifft Entscheidungen in einem Gremium der Abteilungsleiter - Kaltenborn hat im Streitfall das letzte Wort - Philosophie, keine Sparmaßnahme

(Motorsport-Total.com) - Früher arbeiteten sie hinter den Kulissen, mittlerweile sind die Technikchefs der Formel-1-Teams Aushängeschilder und nicht selten begehrtes Personal. Das zeigt dieser Tage der Hype um Red-Bull-Stardesigner Adrian Newey und das Werben um McLaren-Ass Paddy Lowe - oder der viel beachtete Wechsel James Keys von Sauber zu Toro Rosso im Laufe der vergangenen Saison. Seitdem stehen die Schweizer ohne Technischen Direktor da, haben jedoch eine andere effiziente Struktur gefunden.

Titel-Bild zur News: Monisha Kaltenborn

Durchgreifen, wenn es nötig ist: Kaltenborn trifft im Streitfall die Entscheidung Zoom

In Hinwil setzt man auf eine flache Hierarchie in einem Komitee mit Chefdesigner Matt Morris, Chefaerodynamiker Willem Toet, dem Leiter des Bereiches Fahrzeug-Performance, Pierre Wache, und natürlich Monisha Kaltenborn. "Für uns ist das eine Möglichkeit, sonst hätten wir es uns nicht ausgesucht", sagt die Teamchefin über die neue Arbeitsweise und erklärt: "Natürlich sind die Hauptgründe dafür die Geschichte und Struktur unserer Firma." Um eine Sparmaßnahme handele es sich nicht.

Kompromissfindung leicht gemacht

Kaltenborn geht ins Detail: "Sauber hatte immer starke Leiter seiner Abteilungen, die das Rückgrat geformt haben", sagt die Österreicherin. Früher floss ihr Input bei Key zusammen, jetzt kommt er im gemeinsamen Gremium auf den Tisch. Und dafür gibt es gute Gründe: "In all den Jahren haben sich die einzelnen Bereiche - Aerodynamik, Design und Fahrzeug-Performance - so stark spezialisiert, dass es immer schwieriger wird, jemanden zu finden, der alles beherrscht", weiß Kaltenborn.

Von der Funktionsweise und der Effizienz des Quartetts ist sie überzeugt: "Wir decken die Kernbereiche ab und arbeiten zusammen. Es funktioniert, auch wenn es nicht immer einfach ist." Endlosdiskussionen und Debatten, die sich im Kreis drehen, gehören aber nicht zum Alltag. Um persönliche Eitelkeiten zu pflegen seien alle Mitglieder zu stark in die gemeinsame Sache involviert und an ihrem Erfolg interessiert: "Sie arbeiten für das gleiche Ziel und müssen den besten Kompromiss finden."

Andere Teams, andere Sitten

Mit harter Hand durchzugreifen ist gar nicht nötig: "Wir legen viel Wert auf Kommunikation, es gibt oft Meetings und so kommen wir auf einen Konsens", beschreibt Kaltenborn das Prozedere, behält im Fall der Fälle aber das letzte Wort für sich: "Wenn wir uns nicht einigen können, läge die Entscheidung bei mir. In einem Teamgefüge muss es eine Person an der Spitze geben, die am Ende des Tages die Entscheidung trifft." Die Struktur nennt die 41-Jährige die richtige für Sauber und erkennt viele Vorteile.

Die Lorbeeren, die der C32 einfahren soll, gehören nicht einem Einzelnen. "Es ist der Schweizer Weg, Vertrauen in seine Leute zu haben. Gelingt das, hat jeder seinen Anteil am Erfolg", beschreibt Kaltenborn. Allerdings glaubt sie nicht, dass das Modell bei jeder Formel-1-Mannschaft von Erfolg gekrönt wäre: "Jeder muss die richtige Struktur für sich selbst finden, denn nicht alle sind so aufgestellt wie wir. Es gibt Teams mit viel mehr Personal und finanziellen Möglichkeiten", erinnert Kaltenborn.


Fotos: Präsentation des Sauber C32