• 29.12.2007 12:16

  • von Michael Noir Trawniczek

Klien: "Bin noch nicht an meinem Zenit angelangt!"

Christian Klien möchte in der kommenden Saison unbedingt für Force India fahren - Im Interview spricht der Österreicher über seine Chancen auf das Cockpit

(Motorsport-Total.com) - Immer noch ist das zweite Cockpit des neuen Force India F1-Teams zu haben. Dass sich Force India bereits für Giancarlo Fisichella entschieden habe, hat der neue Teambesitzer Vijay Mallya in einem Interview mit der Zeitung 'Tirol am Sonntag' klar dementiert.

Titel-Bild zur News: Christian Klien

Christian Klien hat 2008 nur ein Ziel: Für Force India Rennen fahren

Christian Klien ist für 2008 der einzige Österreicher, der über eine reale Chance auf ein Renncockpit in der Formel 1 verfügt. Ihm bleibt derzeit nur die Hoffnung und der Glaube an seine Fähigkeiten - immerhin war der Hohenemser bei sämtlichen Testfahrten der schnellste Force India-Pilot, immerhin konnte sich Klien gegen Piloten wie Giancarlo Fisichella, Vitantonio Liuzzi oder Ralf Schumacher durchsetzen. Zudem kann er vier Jahre Erfahrung in drei verschiedenen Formel 1-Teams vorweisen. Im Interview betonte Klien noch einmal, dass er 2008 unbedingt in der Formel 1 Rennen fahren will.#w1#

Frage: "Christian, das Force India-Team macht es spannend - so wie es aussieht, zählst du neben Giancarlo Fisichella zu den seriösen Kandidaten auf das Renncockpit. Wie ist dein Gefühl? Wird es klappen?"
Christian Klien: "Force India hat mir die Gelegenheit geboten, meine Performance in das Team einzubringen. Die Testtage für Force India F1, sowohl in Barcelona als auch in Jerez, waren für beide Seiten sehr erfolgreich. Was meine Performance anbelangt, hat das Team mir ein sehr positives Feedback vermittelt."

Frage: "Wann, denkst du, kann man mit einer Entscheidung rechnen?"
Klien: "Eine Bekanntgabe der Piloten für 2008 wird, wie üblich in der Branche, in der Regel vom jeweiligen Team bekannt gegeben. Auch das neue Force India F1 Team wird das zu gegebener Zeit so machen."

Beim Test überzeugt?"

"Ich konnte dem Team während der Tests klar vermitteln, wo meine Stärken liegen." Christian Klien

Frage: "Du warst bei den Tests stets der schnellste Force India-Pilot - man hat das Gefühl, dass du bei diesen Force India-Tests eher dein Potential zeigen konntest als in deiner Rolle als Honda-Tester - vielleicht auch, weil du dort nicht so oft auf schnelle Zeiten angesetzt warst? Kann man das so sagen?"
Klien: "Ich konnte dem Team während der Tests klar vermitteln, wo meine Stärken liegen. Obwohl ich gegenüber einigen anderen Grand Prix-Piloten, die bei Force India F1 zum Test eingeladen wurden, in diesem Jahr keine Rennsaison bestritten habe, konnte ich zeigen, dass ich vom Speed und vom Abstimmungsfeedback her mindestens auf dem Niveau der aktiven Fahrer bin."

"An beiden Testtagen war ich jeweils Schnellster der Force India Fahrer. Obwohl erst 24 Jahre alt, habe ich nun vier Jahre in der Formel 1 Erfahrung gesammelt. Ich würde mich sehr freuen, mit dem Team weitere Aufbauarbeit zu betreiben, um die vom Team um Dr. Mallya anvisierten Ziele zu erreichen. Meine Leistungskurve zeigt nach oben, zumal das Maximum noch nicht erreicht ist."

Frage: "Deine schnellen Rundenzeiten waren für jeden ersichtlich - sehr wichtig ist aber auch das Thema Technik/Abstimmung, diesbezüglich hat sich Force India-Technikchef Mike Gascoyne sehr positiv geäußert. Das tat er bereits nach dem ersten Spyker-Test. Kannst du in punkto Abstimmung/Entwicklungsarbeit bereits mit dem sehr erfahrenen 'Fisico' mithalten? Oder besteht hier die Gefahr, dass er diesbezüglich einen Trumpf in den Händen hält?"
Klien: "Ich denke dass ich in diesen Punkten sicher auf dem Niveau der aktuellen Grand Prix Piloten bin. Dazu kommt, dass ich meinen Zenit sicher noch nicht erreicht habe, da ich speziell in diesem Jahr deutlich weniger im Rennwagen saß als beispielsweise Giancarlo Fisichella."

Umstellung wäre kein Problem

Frage: "Glaubst du, dass dir die Abschaffung der elektronischen Fahrhilfen zugute kommt?"
Klien: "Ich hatte noch nie Probleme, mich auf neue Gegebenheiten einzustellen. Aber wenn man in der Formel 1 ist, muss man sich intensiv mit dem jeweiligen aktuellen Gesamtpaket auseinandersetzen, um das Maximum heraus zu holen. Dazu muss man jeden möglichen Test- und Rennkilometer nutzen."

Frage: "Welchen Eindruck hast du von den Slicks gewinnen können? Geht die Formel 1 vom technischen Reglement her in die richtige Richtung?"
Klien: "Die Slicks haben mehr Traktion und Grip vermittelt. Man muss aber abwarten, welche Reifenmischung schlussendlich zum Einsatz kommen wird. Ich denke, ein stabiles Reglement, das zudem in die Richtung geht, Kosten zu senken, macht Sinn."

"Das Team wird meiner Meinung nach schon 2008 nicht mehr am Ende des Feldes stehen." Christian Klien

Frage: "Noch einmal zu Force India: Was wäre für dich mit diesem Team an Resultaten möglich? Welcher Fortschritt ist deiner Meinung nach 2008 realistisch machbar?"
Klien: "Mit den Schritten, die Dr. Mallya gleich nach Übernahme des Teams gesetzt hat, ist klar erkennbar, dass das Force India F1 Team realistische Erfolgsansprüche stellt. Man wird laut Dr. Mallya Mittel und Werkzeuge zur Verfügung stellen, um möglichst rasch in die Nähe der Punkteränge zu gelangen. Das Team wird meiner Meinung nach schon 2008 nicht mehr am Ende des Feldes stehen."

Frage: "Kann ein Team wie Force India aufgrund der jüngsten Beschränkungen in Sachen Windkanalarbeit die Lücke zur Spitze verringern und in welchem Ausmaß?"
Klien: "Ein kleines Team wie Force India kann über seine Effizienz sicher Boden gut machen. Wenn technische Vorgaben dazukommen, die mehr Ausgleich unter den Teams bewirken, dann kann das nur nützlich sein."

Frage: "Wie schätzt du Adrian Sutil ein, der ja im positiven Entscheidungsfall dein neuer Teamkollege sein würde?"
Klien: "Adrian hatte 2007 sicher kein einfaches erstes Jahr - jeweils am Ende der Startaufstellung. Beim Einstieg in die Formel 1 ist es aber wichtig, dass das Team hinter dem Fahrer steht. Da hatte Adrian sicher die erforderliche Unterstützung."

Auch ohne Sponsorengelder ein Kandidat

Frage: "Welche Kriterien sind neben dem Speed und dem technischen Feedback/der Abstimmungsarbeit sonst noch wichtig bei der Cockpitvergabe? Geld muss ja nicht an Bord gebracht werden, oder?"
Klien: "Ich konnte mich in Bezug auf die Fahrer-Performance bei den Force India Tests klar positionieren. Deswegen bin ich auch ohne Sponsoren-Budget ein Kandidat für das Renncockpit. In der Formel 1 spielen aber meist noch andere Faktoren mit, die bei der Wahl der Piloten ausschlaggebend sein können."

"Nur im Renncockpit kann ich mich entsprechend weiterentwickeln, um mein ganzes Potential zu entfalten." Christian Klien

Frage: "Ich stelle mir diese Phase des Wartens auf die Entscheidung nicht unbedingt lustig vor - andererseits bist du in diesem Punkt bereits ein 'gebranntes Kind' - ist das dennoch die schwierigste Phase deiner Karriere?"
Klien: "Für mich ist es wichtig, 2008 Formel 1-Rennen zu fahren. Nur im Renncockpit kann ich mich entsprechend weiterentwickeln, um mein ganzes Potential zu entfalten. Im Testbetrieb fühle ich mich auf Grund der drastisch reduzierten Testkilometer zu wenig gefordert."

Frage: "Wie verbringst du die Tage bis zur Entscheidung?"
Klien: "Mit Sportaktivitäten wie Skifahren und Training, zudem verbringe ich Zeit mit meinen Freunden und meiner Familie."

Frage: "Hast du nun mit Force India alles auf eine Karte gesetzt oder verfügst du noch über andere Möglichkeiten in der Formel 1?"
Klien: "Es gab im vergangenen Jahr und auch heuer Angebote, sowohl aus der Formel 1 als auch aus anderen Rennserien. Mein Fokus liegt jedoch bei der Formel 1."

Testjob oder andere Rennserie?

Frage: "Angenommen, das Force India-Cockpit würde ein anderer Pilot bekommen: Würdest du zur Not auch wieder einen Testjob in der Formel 1 annehmen oder ist dein Hunger nach Rennen so groß, dass du in einer anderen Rennserie fahren würdest?"
Klien: "Mein Ziel ist es, 2008 Rennen zu fahren."

Frage: "Wäre von den anderen Rennserien neben der Formel 1 nicht die GP2 die beste Variante, um sich wieder für die F1 empfehlen zu können? Also besser als Champ Car, IRL oder DTM, WTCC? Die GP2-Serie an sich ist ja zurzeit sehr anspruchsvoll und anhand von Timo Glock hat man gesehen, dass es von dort auch einen Weg zurück in die F1 gibt. Auch von der Fahrfreude und der Rennaction her betrachtet - wäre ein solcher Schritt für dich denkbar?"
Klien: "Jeder Fahrer muss auf Grund seines bisherigen Karriereverlaufs und seiner Einstellung für sich entscheiden, was der nächste Schritt ist. Mein Ziel ist es, 2008 Formel 1-Rennen zu fahren."

"Im Spitzensport kann man es sich nicht leisten, nur abwechselnd an Wettkämpfen und Trainings teilzunehmen." Christian Klien

Frage: "Du bist erst 24 und hast aber bereits sehr viel erlebt in der Formel 1 - in wie weit hat dich die F1 verändert? Welche Erkenntnisse/Lehren ziehst du aus deinen bisherigen F1-Jahren?"
Klien: "Im ersten Formel 1-Jahr bei Jaguar war es insofern schwierig, da ab Mitte der Saison das Team nicht wusste, ob es überleben würde. Im zweiten Formel 1-Jahr bei RBR war es sehr von Nachteil, nicht bei allen Rennen eingesetzt zu werden. Ich konnte an sechs Läufen nicht teilnehmen. Im Spitzensport kann man es sich nicht leisten, nur abwechselnd an Wettkämpfen und Trainings teilzunehmen."

"Mein drittes Formel 1-Jahr war von technischen Problemen gezeichnet, die mir mindestens zehn WM-Punkte gekostet haben - zudem wurden wiederum Renneinsätze aufgeteilt, wodurch ich an drei Rennen nicht teilnehmen konnte. Mein viertes Formel 1-Jahr im Honda Werksteam, als Test und Ersatzfahrer, war sehr lehrreich, alleine die Renneinsätze fehlten mir. Ich möchte 2008 meinen Einsatz für das Force India Formel 1-Team leisten und dort meine Erfahrungen einbringen."