KERS: Widerstand gegen BMW wächst

Fast alle Teams wünschen sich inzwischen eine Verschiebung der KERS-Einführung, auch FOTA- und Ferrari-Boss Luca di Montezemolo

(Motorsport-Total.com) - Am Rande des Saisonfinales in Brasilien fand ein weiteres Treffen der Formula One Teams Association (FOTA) statt. Ein Punkt auf der Tagesordnung war das leidige Thema KERS: Die erste Euphorie ist längst verflogen, fast alle Rennställe wünschen sich inzwischen zumindest eine Verschiebung der Einführung von 2009 auf 2010.

Titel-Bild zur News: Luca di Montezemolo

Luca di Montezemolo hofft, dass KERS nicht schon 2009 eingeführt wird

"Wir glauben, dass es ein Fehler ist, KERS schon nächstes Jahr einzuführen, auch wenn wir dafür sind, dass die Formel 1 ein technisches Sprungbrett bleibt", erklärte der FOTA-Vorsitzende Luca di Montezemolo in Bezug auf die Hybridtechnologie gegenüber 'Autosprint'. Sein Hauptargument für die Verschiebung lautet folgendermaßen: "Das Energierückgewinnungssystem im Rennsport wird ganz anders sein als das für die Straße."#w1#

BMW erhofft sich viele Vorteile

BMW ist da offensichtlich anderer Meinung, wie BMW Motorsport Direktor Mario Theissen immer wieder betont hat. In München verspricht man sich vom Formel-1-KERS entscheidende Impulse für die Weiterentwicklung der Hybridtechnologie für die Serie - und einen Imagegewinn für die Königsklasse, gerade in Zeiten von Kyoto-Protokoll und Co. Außerdem bekommen die Hersteller bei eingefrorenen Motoren wieder die Chance zur Differenzierung ihres Know-hows.

Nur: Laut 'auto motor und sport' ist BMW derzeit das einzige Team, das sich gegen eine Verschiebung von KERS stellt. Selbst Honda, mit 60 Millionen Euro der großzügigste KERS-Entwickler, soll einer Verschiebung zugestimmt haben. Es steht also 9:1 gegen KERS - und trotzdem lautet der Status quo, dass das System kommen wird. Die FOTA-Statuten besagen nämlich, dass für kurzfristige Regeländerungen Einstimmigkeit notwendig ist, für längerfristige eine 70-Prozent-Mehrheit.

"Deren Veto wird uns pro Saison sechs Millionen Euro kosten." Gerhard Berger

Die kleinen Teams sind angesichts dieser Situation wenig begeistert: "Deren Veto wird uns pro Saison sechs Millionen Euro kosten. Wir müssen das System extern einkaufen", schimpfte Gerhard Berger von Toro Rosso in Richtung BMW. Immerhin hat die FOTA versprochen, dass die Kundenmotoren billiger werden: zehn statt wie bisher über 15 Millionen Euro pro Jahr - und für 2010 ist ein weiterer Halbierungsschritt auf fünf Millionen geplant.

Aber: "Unser Auto ist für den Einsatz von KERS gebaut", so Renault-Chefingenieur Pat Symonds. "Das neue Chassis ist für KERS konzipiert. Sollten wir im Dezember gezwungen sein zu entscheiden, ob wir auf KERS ganz verzichten sollen, müssten wir das Fahrzeugkonzept ändern. Dann würden wir vor Saisonbeginn höchstens drei Chassis fertig bringen. Wir müssten zwei weitere Chassis möglichst schnell nachschieben. Diese Nummer würde aber eine Stange Geld kosten."

Entscheidungsfreudigkeit gefragt

Genau diese unsinnigen Ausgaben sind es, die den Teams verständlicherweise gegen den Strich gehen. Was die Formel 1 in puncto KERS also braucht, ist eine rasche und verbindliche Entscheidung. Bei BMW wird man freilich argumentieren, dass es die schon längst gibt und erst durch die Einwände der anderen Teams wieder eine Diskussion aufgekommen ist. Da liegt der Verdacht nahe: Diejenigen, die in der Entwicklung hinterherhinken, sind gegen KERS.

"Unsere Regelvorschläge für 2009 sind ein gutes Beispiel." Luca di Montezemolo

Bekannt ist derzeit, dass BMW gegen eine Verschiebung stimmen würde. Honda soll dem Thema neutral gegenüberstehen, alle anderen sind dafür - allen voran der acht Fahrzeuge starke Ferrari- und Renault-Block, der von Magneti Marelli abhängig ist. Unklar ist noch, welche Auswirkungen die Bekanntgabe des deutschen Unternehmens Bosch haben wird, ebenfalls ein KERS zu entwickeln. Angeblich soll bereits ein Team Interesse angemeldet haben.

Wichtig ist der FOTA vor allem eines: "Vernunft. Unsere Regelvorschläge für 2009 sind ein gutes Beispiel dafür. Wir haben zwei Hauptziele: den kleineren Teams zu helfen und in der Formel 1 weiterhin Forschung und Innovation zuzulassen, auch im Bereich der Benzinlieferanten. Meiner Meinung nach ist es undenkbar, dass große Hersteller Motoren einsetzen, die von einem anderen Unternehmen entwickelt wurden", erteilte di Montezemolo dem Einheitsmotor eine Absage.

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