• 01.05.2005 16:05

  • von Marco Helgert

Karthikeyan: "Habe nicht viele Fehler gemacht"

Narain Karthikeyan kann zufrieden auf die ersten vier Saisonrennen blicken: zahlreiche gute Leistungen und viel Schulterklopfen

(Motorsport-Total.com) - Kurz vor Saisonbeginn ging bei Jordan alles ganz schnell. Das Team, das am finanziellen Abgrund balancierte und drohte, das Gleichgewicht zu verlieren, fand in Midland-Chef Alexander Shnaider einen neuen Besitzer. Der machte sofort klar, dass das Jahr 2005, da ohnehin nicht geplant, nur ein Warte- und Vorbereitungsjahr werden sollte.

Titel-Bild zur News: Narain Karthikeyan

Narain Karthikeyan: Der Abstand zur Spitze ist dann doch nicht so gering

Als Fahrer wurden mit Tiago Monteiro und Narain Karthikeyan nicht nur ehemalige Schützlinge von Trevor Carlin, der nun Sportlicher Leiter des Jordan-Teams ist, verpflichtet, beide erfüllten auch die finanziellen Voraussetzungen für das Cockpit: Kolportierte fünf Millionen Britische Pfund (knapp 7,5 Millionen Euro) soll eine Saison für das Team kosten.#w1#

Doch gerade Narain Karthikeyan versprühte von Anbeginn der Saison Kampfbereitschaft. Er möchte sich nicht damit abfinden, dass mit dem Jordan-Toyota EJ15 ein Vorstoß in die Punkteränge nur in Ausnahmesituationen möglich ist. Vielmehr erwecken seine angrifflustigen und aggressiven Auftritte in den Rennen den Eindruck, er wolle die Chance, Formel 1 zu fahren, nicht gleich nach einem Jahr wieder begraben.

Narain Karthikeyan kann sich nicht beschweren

In Silverstone testete das Jordan-Team in dieser Woche erst zum zweiten Mal seit dem Saisonauftakt, und der Inder ist noch immer bestens gelaunt. Frustration, weil er nur um die letzten Positionen kämpfen kann? Fehlanzeige. "Ich wusste, dass es an Geld fehlt, also brauche ich jetzt auch nicht zu jammern", so Karthikeyan in der 'Sunday Times'.

"Für einen Neuling ist es nicht einfach, von Anfang an einen guten Eindruck zu machen, denn man muss unheimlich viel über das Auto und die Strecken lernen. Die nur wenigen Testfahrten helfen da auch kaum", fuhr der 28-Jährige fort. "Aber bisher habe ich nicht viele Fehler gemacht, einige Qualifyingrunden von mir waren wirklich gut, und meine Pace im Imola-Rennen war stark."

In der Tat: Karthikeyan drehte in Imola die zwölftschnellste Rennrunde - schneller noch als Ralf Schumacher im Toyota, David Coulthard im Red-Bull-Boliden und auch schneller als BMW WilliamsF1 Team Fahrer Mark Webber. Für Karthikeyan ist das der Lohn der harten Arbeit, die er nicht nur auf der Strecke leisten musste. Die nötigen Sponsoren wurden vom Inder persönlich umworben.

"Ich habe keinen Manager, die meisten Verhandlungen habe ich also selbst geführt", erklärte er. "Nachdem Trevor (Carlin) mir erklärte, dass eine Verpflichtung möglich sei, habe ich 20 Tage kaum geschlafen, denn es stand 50 zu 50, dass ich das Geld zusammenbekommen würde. In Indien gibt es viele erfolgreiche Unternehmen, die auch in Sportarten wie Cricket investieren. Aber sie wussten nicht, was sie von der Formel 1 bekommen würden. Glücklicherweise haben andere die Chance erkannt."

Formel-1-Boom im Heimatland Indien

Seit Karthikeyans Einstieg ist ein wahrer Formel-1-Boom in Indien ausgebrochen. "Leute, die nichts darüber wussten, schauen sich nun die Rennen an. Die Zuschauerzahlen liegen zwischen 60 und 100 Millionen, nur Cricket ist noch stärker", erklärte er freudestrahlend. "Und sie haben auch ein Verständnis dafür. Sie wissen, dass Nick Heidfeld im vergangenen Jahr in einem Jordan wenig ausrichten konnte, also erwarten sie auch nicht, dass ich an der Spitze mitfahre."

Vor dem ersten Saisonrennen wurde von vielen jedoch weit weniger erwartet, als der Inder nun zu leisten imstande ist. "Er ist schnell und bringt sich ein, ist furchtlos in schnellen Kurven und hat sehr, sehr hart daran gearbeitet, seine Fitness zu verbessern", so Carlin, der zumindest zu Saisonbeginn erwartete, dass Karthikeyan weit mehr Fehler machen würde. "Bisher hat er es aber sehr gut geschafft, das Limit zu finden, ohne es zu überschreiten."

Gleichzeitig empfahl sich der Inder für eine Fortsetzung seiner Formel-1-Karriere im kommenden Jahr. "Er hat sehr viele Leute überrascht", fuhr Carlin fort. "Aber er hat auch sehr hart dafür gearbeitet und er ist schnell. Er wird auch im nächsten Jahr wieder mit dabei sein - hoffentlich mit uns."