Kamps-Kolumne: "Jetzt erst recht!"
Glock-Manager Hans-Bernd Kamps über die Devise in der Krise, die Nutzung der Plattform Formel 1 und den kurzfristigen "Schumacher-Boost"
Liebe 'Motorsport-Total.com'-Leser,

© tolimit
Gemeinsam mit Timo wurde ein klarer Fahrplan für die Formel 1 aufgestellt
abseits von Timos sportlichen Leistungen auf den jeweiligen Formel-1-Strecken und den vielen Gesprächen mit dem Toyota-Team, mit Partnern, Freunden und Sponsoren hat mich in den vergangenen Wochen vor allem ein Thema beschäftigt: Die Krise. Bei mir läuft es allerdings anders als bei vielen Menschen, die laut wehklagen. Mein Unternehmen tolimit und ich haben ohnehin das Motto "Jetzt erst recht!" - umso mehr gilt es in diesen Zeiten, positive Signale zu erkennen, zu nutzen und zu kommunizieren.
Es ist sehr interessant zu sehen, wie im Formel-1-Fahrerlager mit dem wirtschaftlichen Abschwung umgegangen wird. Rein äußerlich ist von Krisenzeiten nichts zu erkennen. Das Essen in der Hospitality ist nach wie vor hervorragend, die Motorhomes sind blitzblank und es liegt nach wie vor kein Staub auf den Werkszeugkisten. Alles läuft sogar noch etwas sortierter ab, weil alles immer wieder hinterfragt wird. Aber die Gesprächsinhalte haben sich verändert.#w1#
Man kann anhand der Gespräche deutlich feststellen, wer in dieser aktuellen Lage mit dem Thema richtig umzugehen weiß. Die einen klagen laut, andere suchen nach Chancen. Aus meiner Sicht ist es unglaublich wichtig, dass man in der heutigen Zeit deutlich macht, wie man die Plattform Formel 1 richtig nutzt. Man muss die Chancen dieser Plattform erkennen und ausschöpfen.
Ein positives Beispiel ist für mich die Deutsche Post und DHL, die in der Formel 1 als Seriensponsor dabei sind und fast überall mit unter anderem Bandenwerbung auffallen. Dort wird die gesamte Bandbreite der Plattform gut ausgenutzt. Das Engagement findet sich zum Beispiel in der "DHL Fastest Lap" wieder, aber auch in vielen Bereichen der externen Kommunikation: in Annoncen, in Werbekampagnen, Fernsehspots. Deren Engagement rechnet sich, weil sie es schlau machen.

© obs/Deutsche Post World Net
Ein positives Beispiel: DHL nutzt die Plattform Motorsport gut aus Zoom
Aber es gibt eben auch einige negative Beispiele, wobei ich an dieser Stelle keine Namen nennen möchte. Vielen Beobachtern ist wohl klar, dass einige Unternehmen nur sehr kurz in der Formel 1 waren und dann schnell wieder verschwunden sind. Die meisten dieser Firmen haben es einfach verpasst, alle Chancen der Plattform Formel 1 wirklich auszuschöpfen. Dann kann es sich einfach nicht rechnen.
Nun soll es natürlich nicht so klingen, dass man womöglich im Fahrerlager nur über die Krise redet und sich keineswegs darum kümmert. Nach wie vor besteht die Gefahr, dass sich weitere Unternehmen aus der Königsklasse verabschieden. Das ist allen bewusst. Daher rüstet man sich für die neue Situation. Weniger im aktuellen Tagesgeschäft als vielmehr für die Zukunft. Es werden die passenden Weichen gestellt, damit in den kommenden Jahren Investitionen und Ertrag noch besser zusammenpassen.
In den vergangenen Wochen gab es dann zusätzlich noch die Krise auf politischer Ebene in der Formel 1. Wobei ich das gar nicht unbedingt Krise nennen möchte, denn solche Diskussionen sind in der Königsklasse nicht neu - nur die Lautstärke und die Intensität waren diesmal anders. Sehen wir es doch mal so: Die Formel 1 ist immer für Spekulationen und Gespräche gut. In Teilbereichen wird die gesamte Plattform sogar durch solche Themen getragen.
Solche Diskussionen gibt es in vielen anderen Unternehmungen auch. Der Unterschied ist natürlich, dass sie im Falle der Formel 1 öffentlich gemacht werden. Es ist doch eine große Show. Ich bin jedenfalls fest davon überzeugt, dass die Marke Formel 1 aus den Zeiten politischer Diskussionen keinen Schaden davongetragen hat, jedenfalls keinen materiellen Schaden. Wer einen Schaden im Kopf davongetragen hat, weiß ich nicht. Ich jedenfalls sicher nicht.
Schon bald wird man das ganze Thema ohnehin vergessen haben. Michael Schumacher war der erste große positive Faktor, der in den vergangenen Tagen zur Geltung kam. Egoismus beiseite: Michael Schumacher hat der gesamten Plattform in diesen Momenten geholfen, unabhängig von Teams und einzelnen Interessen. Wenn Valencia nun klagt, dass der Ticketverkauf wieder nachlässt, dann zeigt allein das schon, wie groß ein Faktor Schumacher kurzfristig gewirkt hat.

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Timo hat sich auch in Ungarn deutlich nach vorne gekämpft Zoom
Ich habe gehört, dass sich nun bereits einige Unternehmen damit beschäftigen, wieder in die Szene zurückzukehren. Das ist doch erstklassig. Michael Schumacher hat da jede Menge Schwung reingebracht, er war so eine Art Boost-Button - auch wenn es mit dem Comeback nun nicht klappt. Schumacher ist kein Einzelfall. Ayrton Senna hat ähnlich prägen können, auch abseits des sportlichen Geschehens. Es wäre natürlich ein Hit, wenn mein Schützling auch so etwas aufbauen könnte.
In den vergangenen Wochen hat Timo immer mit seinem richtig guten Rennspeed überzeugt. Den Experten ist nicht entgangen, dass Timo derjenige war, der in den Rennen die meisten Plätze gutgemacht hat. Er zeigt in den Grands Prix regelmäßig eine richtig gute Performance. Ein Manko gibt es beim Qualifying. Da arbeiten Timo, Toyota und das engste Umfeld von Timo unter Hochdruck dran, damit es bald besser wird.
Wir halten bei Timo die Außendarstellung ganz bewusst etwas kleiner. Wir haben einen festen Fahrplan. Dieser Plan sieht einen stetigen Aufbau vor. Wir wollen in diesem Jahr konstant in die Punkte fahren, leider sind wir diesbezüglich in unserem Fahrplan etwas zurück. So schlecht sieht es aber gar nicht aus. Unser Plan sieht vor, dass wir im nächsten Jahr um den Titel fahren. Da braucht man vorher nicht groß herumposaunen. Da hält man dann lieber den Ball flach, den nächsten Schritt sehen wir in Valencia.
Herzlichst,

