• 31.10.2013 23:54

  • von Dieter Rencken, Christian Nimmervoll & Sven Haidinger

Kaltenborn: Warum Budgetobergrenze beste Lösung wäre

Sauber-Teamchefin Monisha Kaltenborn erklärt, warum sie eine Verfechterin der Budgetobergrenze ist und wieso der Vorteil der Topteams dadurch nicht weg wäre

(Motorsport-Total.com) - Die Wirtschaftskrise ließ das Fahrerlager der Formel 1 eine Zeitlang eng zusammenrücken, enorme Sparpläne waren vor einigen Jahren das große Thema. Doch als man die Krise nach den Ausstiegen von BMW, Honda und Toyota vermeintlich überstanden hatte, war wieder Egoismus an der Tagesordnung: nur nicht den eigenen Vorteil verspielen, auch wenn dies zum Wohle der Formel 1 wäre.

Titel-Bild zur News: Monisha Kaltenborn

Monisha Kaltenborns Sauber-Team leidet ebenfalls unter finanziellen Schwierigkeiten Zoom

Und somit darf man sich nicht wundern, dass die Nachzügler-Teams Marussia und Caterham nach wie vor dem Feld hinterher hecheln, denn als sie 2010 in die Formel 1 einstiegen, war noch von einer Budgetobergrenze die Rede. Heute gilt sogar das von den Teams selbst auferlegte Ressourcen-Restriktions-Abkommen gescheitert - und das, obwohl bis auf die Topteams Red-Bull, Ferrari, Mercedes und McLaren alle Rennställe unter den hohen Kosten ächzen.

Für Sauber-Teamchefin Monisha Kaltenborn, deren Team nur durch den Einstieg russischer Investoren gerettet werden konnte, läuft "etwas fundamental falsch im System". Sie ist nicht der Ansicht, dass das Teambudget über Sieg oder Niederlage entscheiden sollte: "Wenn der Beste sich nur dadurch auszeichnet, dass er über die größten finanziellen Ressourcen verfügt, dann läuft etwas nicht rund. Es geht um Sport, nicht um Geld. Es geht um unterschiedliche Teams - nicht nur um die großen mit dem dicken Budget."

Gegen "Gleichmacherei", für Budgetobergrenze

Wenn es aber so weitergeht, dann werden "in zwei oder drei Jahren" auch die beiden Werksteams Ferrari und Mercedes deutlich stärker sein als der Rest der Formel 1, glaubt Kaltenborn. Das Lotus-Team gilt diesbezüglich als Mahnmal: Mit James Allison ging dieses Jahr einer der Pfeiler des Teams zu Ferrari, einige andere Ingenieure sind ihm gefolgt. Und auch Starpilot Kimi Räikkönen hat seinen Abschied erklärt.

"Gäbe es bestimmte Parameter, würde trotzdem das Team mit den besten Ingenieuren und den besten Fahrern gewinnen." Monisha Kaltenborn

Dadurch droht nun eine klare Zweiklassen-Gesellschaft zu entstehen. Das müsse man laut Kaltenborn verhindern: "Wir haben immer betont, dass wir nicht Gleichmacherei auf allen Ebenen wollen. Es ist ein Wettbewerb, und der Beste gewinnt. Gäbe es da bestimmte Parameter, wird es trotzdem darauf hinauslaufen, dass das Team mit den besten Ingenieuren und den besten Fahrern die besten Resultate einfährt. Aber es bringt andere Teams in die Position, auch mitzumischen und die Sache spannender zu machen."

Ein derartiges Szenario könnte mit einer Budgetobergrenze - wie einst von Ex-FIA-Boss Max Mosley gefordert - gewährleistet werden. Dies wäre Kaltenborns bevorzugte Maßnahme, um die Kosten zu senken: "Das erlaubt es jedem Team, die Strategie zu verfolgen, die es hat. Wer eine Strecke hat und auf der Strecke testen will, kann das. Wer einen Windtunnel hat, fein. Wir wissen, was es kostet - und es ist auf keinen Fall günstig. Aber wenigstens kann man entscheiden, was man machen will. Das ist der einfachste Weg."

Kaltenborn: Einnahmensteigerung heikel

Eine andere Möglichkeit wäre es, die Einnahmen der Formel 1 zu erhöhen, damit die Teams mehr Luft zum Atmen haben. Dies ist laut Red-Bull-Teamchef Christian Horner - ein entschiedener Gegner einer Budgetobergrenze - bereits passiert: "Die Formel 1 ist 2013 um einiges teuer als sie es noch 2005 war. Das Team ist größer, unsere Einkünfte sind aber auch signifikant gestiegen. Red Bull gibt weniger eigenes Geld in der Formel 1 aus als sie es noch 2005 taten. Das liegt an TV- und Sposorengeldern."

"Das Team ist größer, unsere Einkünfte sind aber auch signifikant gestiegen." Christian Horner

Laut Kaltenborn wäre es ein Fehler, die Einnahmen - zum Beispiel durch die immer teurer werdenden Lizenzgebühren - weiter nach oben zu schrauben: "Da müssen wir sehr vorsichtig sein. Wir bewegen uns da auf sehr hohem Niveau verglichen mit anderen Sportarten oder Veranstaltungen, die nur alle zwei oder vier Jahre stattfinden. Obwohl die Verantwortlichen da einen guten Job machen, sind sie an dem Punkt angelangt, an dem sie nicht noch mehr tun können."

Bleibt die Frage, ob man eine Budgetobergrenze kontrollieren kann. Die Österreicherin meint, dass alles eine Frage der Konsequenzen ist: "Nehmen wir doch mal die Geschwindigkeitsbegrenzung: Nicht jeder, der irgendwo zu schnell fährt, wird bestraft. Aber verdoppelt man das Bußgeld, denkt jeder ganz genau darüber nach, dass er vielleicht erwischt werden könnte. Es gilt, viele Aspekte dieses Systems zu betrachten."