• 27.05.2024 15:54

  • von F.Hackbarth, Co-Autoren: F.Cleeren, R.Vording

"Joghurt und Espresso" im Rennen: Was tun gegen Monaco-Langeweile?

Layout, Reifen, Pflichtstopps? Die Formel 1 rätselt nach der Prozession in Monaco: Wie lässt sich der Glamour-Grand-Prix im Fürstentum für die Zukunft aufpeppen?

(Motorsport-Total.com) - Mercedes-Boss Toto Wolff konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen: "Ich habe das noch nie gemacht in den letzten zwölf Jahren, aber ich habe mir einen Joghurt geholt und einen Espresso zwischendurch", sagt Österreicher nach dem spannungsarmen Rennen in Monte Carlo im Interview mit dem ORF.

Titel-Bild zur News: Die Top 10 in Monaco kamen am Sonntag so ins Ziel wie sie losgefahren sind

Die Top 10 in Monaco kamen am Sonntag so ins Ziel wie sie losgefahren sind Zoom

Der Glamour-Grand-Prix verkommt am Sonntag zur Bummelfahrt: Durch die frühe rote Flagge wird die Fahrt für die meisten Piloten quasi zum Rennen ohne Boxenstopp, denn Trackposition ist alles in Monaco: Das bedeutet allerdings Reifenschonen par excellence - und so entwickelt sich statt einem Autorennen eine seltsame Dynamik des Langsamfahrens.

"Umso langsamer wir gefahren sind, um den Medium bis zum Ende zu tragen, umso langsamer sind die gefahren", sagt Wolff mit Blick auf die vier Führungsfahrzeuge von Ferrari und McLaren, und fügt bei Sky hinzu: "Typisch Monaco. Auch das langsame Tempo, dass nur ja keine Safety-Car-Lücke aufgeht."

Red Bulls Helmut Marko, in der Vergangenheit nicht immer einer Meinung mit Wolff, wenngleich die beiden Österreicher zuletzt auf Schmusekurs sind, stimmt seinem Landsmann zu: "Es ist schade. Es ist so eine tolle Atmosphäre und dann ist es eigentlich ein stinklangweiliges Rennen, wo nur Taktik herrscht", sagt er bei Sky: "Man sollte sich vielleicht etwas einfallen lassen, dass man irgendwo die Strecke adaptiert, dass es irgendwo eine Überholmöglichkeit gibt."

Nicht viel los: Toto Wolff konnte sich das Rennen in aller Ruhe anschauen

Nicht viel los: Toto Wolff konnte sich das Rennen in aller Ruhe anschauen Zoom

Das würde auch Max Verstappen gefallen, denn der Weltmeister hängt am Sonntag 78 Runden lang im Getriebe von George Russell, einen Weg vorbei am Silberpfeil findet er aber, trotz teilweise deutlich frischerer Reifen, nicht: "Ich glaube, ich bin vier bis sechs Sekunden langsamer gefahren als normal. Alle haben die Reifen gemanagt, und das ist natürlich nicht Rennfahren", sagt der Niederländer im ORF.

Wiederum hinter Verstappen hängt im Bummelzug durch Monaco Lewis Hamilton fest. Auch der Rekordweltmeister muss in Bezug auf die sonst eigentlich große Herausforderung des Fahrens im Fürstentum feststellen: "Das war nicht schwer heute, eigentlich sogar ziemlich einfach, um ehrlich zu sein: Wir sind einfach Sekunden weg gewesen von der Pace."

Hamilton: "Bin sicher, die Leute sind eingeschlafen"

"Ich weiß nicht, wie es zum Zuschauen war, aber ich bin mir sicher, die Leute sind eingeschlafen", schlägt der Mercedes-Star Alarm: "Unsere Reifen können einfach ein ganzes Rennen durchhalten, für hier sind die Reifenkomponenten also zu hart. Da muss man irgendwie Würze reinbringen, vielleicht durch drei Pflichtboxenstopps oder etwas in der Art", sagt Hamilton.

Teamchef Wolff pflichtet ihm bei: "Weichere Reifen, die nach zehn Runden durchbrennen", seien eine Lösung, doch der Mercedes-Boss will noch weiter gehen: "Als Event ist Monaco spektakulär, aber das Rennen war hier schon immer ein bisschen langweilig - egal, ob die Autos groß oder klein waren", glaubt der Österreicher.

Die frühe rote Flagge nahm dem Rennen das letzte Quäntchen Spannung

Die frühe rote Flagge nahm dem Rennen das letzte Quäntchen Spannung Zoom

"Ich habe es schon öfter gesagt, vielleicht können wir etwas beim Layout tun. Im Moment braucht es (für Spannung) Regen oder massive Ausreißer bei der Strategie", sagt Wolff, der dennoch bekräftigt ein Monaco-Fan zu sein: "Wir wollen hierherkommen, denn das ganze Drumherum macht es einfach immer noch so besonders."

Auch Weltmeister Verstappen stimmt Wolff zu und würde sich am liebsten mal die Streckenführung vorknöpfen: "Ich würde gerne mal sehen, ob es Möglichkeiten gibt, ein paar Dinge zu ändern, weil das die Spannung verbessern würde. Insgesamt ist das Wochenende ja richtig cool, der Sonntag ist nur leider einfach etwas langweilig."

Glock: "Froh, dass ich nicht kommentieren musste"

Der Red-Bull-Pilot wirbt deshalb für Offenheit: "Wenn wir Wege finden können, das Rennen etwas besser zu machen, warum nicht? Das wäre meine bevorzugte Lösung", spricht sich Verstappen für eine veränderte Kursführung aus, "denn im Moment kann man einfach nicht überholen".

Dabei ist sich der Niederländer der Tatsache bewusst, "dass jetzt mehr Leute eine Meinung haben, und es gibt keine einfache Lösung dafür". Sollten die Veranstalter allerdings wirklich reagieren wollen, bietet er seine Hilfe an: "Sollten sie mich nach meiner Meinung fragen, werde ich versuchen zu sehen, was möglich ist. Aber das hängt natürlich auch vom angepeilten Weg ab."

Tolle Kulisse, aber Überholen ist an der Hafenkante von Monaco fast unmöglich

Tolle Kulisse, aber Überholen ist an der Hafenkante von Monaco fast unmöglich Zoom

Doch was wäre mit Blick in die Zukunft wirklich die beste Lösung für Monaco? Dass etwas passieren muss, darüber sich sich die Experten einig: "Wir wollen Action sehen, wir wollen einen Kampf am Limit sehen und nicht den Bummelzug. Ich bin fast eingenickt, es war schon schwierig zwischendurch", stellt beispielsweise Ex-Formel-1-Pilot Timo Glock bei Sky klar.

Der Deutsche gibt zu bedenken: "Wenn ich mich zurückerinnere, wenn du in einem Formel-1-Auto sitzt und gezwungen bist, vier Sekunden langsamer zu fahren - ich glaube, die Gefahr für mich wäre hoch gewesen, dass ich dann einen Unfall gebaut hätte, weil das nicht in dem Naturell drin ist." Mit Blick auf die Prozession am Sonntag fügt Glock süffisant an: "Ich muss sagen, ich war froh, dass ich nicht kommentieren musste."

Das musste bei Sky allerdings Ralf Schumacher, und der räumt ein: "Das ist schwer zu kommentieren, schwer rüberzubringen. Für die Teams zählt das Ergebnis, aber ich möchte gerne Racing sehen." Mit der Bummel-Taktik hätten es die Teams geschafft, "weil man hier auch nicht überholen kann, dass man so langsam fahren kann", mahnt Schumacher: "Ich bin der Meinung, das ist gefährlich. Gefährlich für die Formel 1, weil das wollen wir nicht sehen."