• 01.09.2005 10:44

  • von Franziska Beetz

Jean Alesi: Weit entfernt und doch mittendrin

Lange Jahre war Alesi selbst Teil der Formel 1, doch auch nach seinem Ausstieg kann sich der Franzose nicht von der Königsklasse lösen

(Motorsport-Total.com) - Die Formel 1 ist wie ein Virus. Einmal infiziert, kommt man so schnell nicht mehr von ihr los, wie sehr sich die Zeiten auch ändern mögen. Für Jean Alesi haben sie sich geändert. Vor nunmehr vier Jahren hat sich der Franzose, der zuletzt bei der 2001er-Ausgabe des Grand Prix von Japan in einem Jordan-Honda an den Start ging, aus der Formel 1 verabschiedet, doch er hängt noch immer an ihr - und das auch wörtlich, denn an den Rennwochenenden bringt ihm die Telefonleitung das Geschehen vor Ort nahe.

Titel-Bild zur News: Jean Alesi

Mittlerweile in der DTM unterwegs: Formel-1-Kenner Jean Alesi

"Ich war als Fahrer mittendrin", so Alesi gegenüber 'Autosport-Atlas', "was ich nie wieder sein werde, aber ich liebe es noch immer." Doch seine Freunde sind noch mitten im Geschehen. Norbert Haug, Jean Todt oder Michael Schumacher sind es, die er unter anderen zu kontaktieren pflegt. "Ich rufe sie an den Donnerstagen nach der Pressekonferenz und an den Freitagen nach jedem Training an, um den Geschehnissen auf den Grund zu gehen."#w1#

Als die Fahrer noch Helden waren...

"Wenn ein Grand Prix stattfindet, verbringe ich mein gesamtes Wochenende am Telefon, denn ich liebe die Formel 1 und möchte gerne involviert sein", begründet der 41-Jährige seinen Hang zum heißen Draht. Alesi, der mittlerweile gemeinsam mit Mika Häkkinen in der DTM antritt, erkennt im aktuellen Rennzirkus eine Menge von Unterschieden zu früheren Zeiten.

Nigel Mansell, der Weltmeister von 1992, und Alesi hatten viel mehr die Aura von Stars, als das heute der Fall ist: "Zu Zeiten von Nigel und ein klein wenig auch noch zu meinen eigenen Zeiten stand das ganze Team hinter einem oder zwei Fahrern. Mittlerweile aber besteht ein Rennstall aus einer Gruppe von wichtigen Leuten und der Fahrer ist mittendrin. Es ist alles gestreuter", weiß der ehemalige Pilot, der ursprünglich aus Sizilien stammt.

"Als Fahrer war man eine Art Held, und wenn man sich als Held fühlt, strebt man das Beste an." Gerade Nigel Mansell sei eine Größe gewesen und hätte im Grunde tun können, was immer er wollte. Die übersteigerte Geschäftstüchtigkeit der Involvierten heutiger Tage erscheint dem Franzosen ebenfalls befremdlich: "Um ehrlich zu sein, hat es zu meiner Zeit so was nicht gegeben. Man hat innerhalb der Teams einen Fahrer nicht stärker unterstützt, weil er einen Vertrag hatte, den sein Management für ihn aufgesetzt hat."

Auf eigene Faust

"Als ich in die Formel 1 kam, war es so, dass man ganz allein zu Terminen mit Frank Williams oder Ron Dennis erschien", erinnert sich der DTM-Pilot. Man hätte damals schlicht Ablehnung erzeugt, so Alesi, wenn man in Begleitung erschienen wäre. "Zuerst machte man den Vertrag, den man dann seinem Anwalt übergab. Man musste selbst überlegen, wie lange man bleiben und was man verdienen wollte. Das wars. Ich habe das bei Tyrrell, bei Ferrari, Benetton und zuletzt bei Prost so gehalten. Das war ganz einfach."

Des Weiteren schildert der ehemalige Formel-1-Fahrer, wie bunt die Welt der Königsklasse zu seinen Zeiten gewesen ist: "Ich denke, dass zu meiner Zeit alles etwas variabler war. Es gab V8-, V10- und V12-Motoren. Die V8-Motoren verbrauchten weniger Treibstoff und waren zu Rennbeginn leichter, während die anderen Motoren die Reifen stärker belasteten. Somit hatte man auf alle Fälle seine Chance." Im aktuellen Reglement ist alles wesentlich angepasster und wenig differenziert, was bei Alesi leichtes Unbehagen auslöst: "Ich kann den neuen Regeln nichts Positives abgewinnen, denn sie zielen darauf ab, alles noch stärker auf eine Linie zu bringen. Das ist falsch..."