• 24.08.2001 11:04

  • von Fabian Hust

Jaguar trennt sich von Rahal - Lauda neuer Teamchef

Wie erwartet hat Jaguar Racing Bobby Rahal als Teamchef entlassen und Niki Lauda als Nachfolger ernannt

(Motorsport-Total.com) - Nach einer Krisensitzung am Donnerstag in London hat Jaguar Racing am Freitagmorgen in einer Pressemitteilung bekannt gegeben, dass Bobby Rahal nicht länger Teamchef des Formel-1-Rennstalls sein wird. Rahal wurde am 1. Dezember vergangenen Jahres verpflichtet und muss nun schon wie Jackie Stewart und Neil Ressler das Ruder als Teamchef abgeben.

Titel-Bild zur News: Rahal, Reitzle, Lauda

Dr. Wolfgang Reitzle (Mitte) trennt sich von Rahal (links) und verpflichtet Lauda

Rahal weiterer Höhepunkt des Personalkarussells bei Jaguar
Der Weggang von Bobby Rahal ist ein weiterer Bestandteil der drastischen Personalumstrukturierung, die bei Jaguar nach dem enttäuschenden ersten Jahr im Winter begonnen hatte. Mit sofortiger Wirkung hatte die Führungsriege, damals bestehend aus Neil Ressler und Bobby Rahal, Anfang Dezember eine ganze Reihe von Angestellten der Technik-Abteilung des Jaguar-Werks in Milton Keynes entlassen. Auf der Liste standen Gary Anderson, Technischer Direktor, die Renningenieure Andy le Fleming, Rob Gearing und Gerry Hughes, Elektrikspezialist Andy Rice und Designer Dave Rendall. Jetzt sind weder Neil Ressler noch Bobby Rahal an Bord.

Neben Lauda verstärkte sich das Team mit einem neuen Technischen Direktor (Steve Nichols, ehemals McLaren), einem Chefdesigner (John Russell, ehemals Williams) und einem Aerodynamikspezialisten (Mark Handford, ehemals Lola). Auch wenn Nikia Lauda als neuer Teamchef bei Jaguar keine Wunder bewirken kann, der Name Lauda wird dem Jaguar-Team behilflich sein, den Weg an die Spitze zu finden, denn kaum ein Name kann eine Belegschaft so motivieren wie der Name Niki Lauda.

Rahal wollte Irvine los werden
Auslöser aber nicht Grund der Entscheidung von Jaguar-Boss Dr. Wolfgang Reitzle, Rahal zu entlassen, soll ein Angebot an Teamchef Eddie Jordan gewesen sein, dem der Amerikaner Eddie Irvine plus 5 Millionen Dollar im Tausch gegen Heinz-Harald Frentzen angeboten haben soll. Laut Bobby Rahal sei dies jedoch nur "ein Spaß unter Freunden" gewesen und das Angebot habe keinesfalls einen ernsten Hintergrund gehabt.

Doch scheinbar klang das Angebot ernst genug, dass Teamchef Eddie Jordan gleich Eddie Irvines Manager Enrico Zanarini anrief und ihm von dem Angebot erzählte. Seitdem soll Irvine auf Rahal nicht mehr gut zu sprechen gewesen sein. Am Donnerstag musste Bobby Rahal erklären, wieso er ohne Wissen von Jaguar-Boss Wolfgang Reitzle und dem Geschäftsführer der Premier Performance Division Niki Lauda Eddie Irvine an Jordan angeboten hat.

Unstimmigkeiten zwischen Rahal und Lauda
Unstimmigkeiten zwischen Niki Lauda, der bei Jaguar Racing schon immer mehr zu sagen hatte, als er das zugab, soll es schon davor gegeben haben. So hat Lauda als Chef von Cosworth-Racing einen Motorendeal mit Arrows ausgehandelt, um den Motorenbauer mehr Profit aus seiner Arbeit zu verschaffen, Bobby Rahal soll aber dagegen gewesen sein, einem zweiten Team den nächstjährigen Motor zu verkaufen, lieber sollte sich Cosworth ganz auf das eigene Team konzentrieren.

Bisher konnte Jaguar in diesem Jahr nur fünf Punkte einfahren, dass Bobby Rahal aber keine allzu schlechte Arbeit leistete, zeigte sich anhand der Tatsache, dass das Team zur Zeit auf dem Weg nach vorne ist, auch wenn diese Schritte nur klein sind. Die gescheiterte Verpflichtung von Freund Adrian Newey überschattet aber wieder so gute Verpflichtungen wie die des Aerodynamikspezialisten Mark Handford.

Freundschaftliches Übereinkommen
Bobby Rahal wird immer wieder vorgeworfen, zu wenig Ahnung von der Formel 1 zu haben und angesichts der mangelhaften Leistung seines Teams gab er sich zu ruhig und setzte das Team im Gegensatz zu Niki Lauda auch in der Öffentlichkeit kaum unter Druck. "Bobby und ich hatten ein sehr zivilisiertes Meeting", erklärt Reitzle. "Es war für mich klar, dass es im besten Interesse von Jaguar Racing ist, dass diese freundschaftliche Lösung gefunden wurde. Ich bewundere Bobby für seinen geschäftlichen Scharfsinn und wir freuen uns auf weitere, sich entwickelnde geschäftliche Beziehungen zwischen Bobby, der Premier Automotive Group und der Ford Motor Company in den USA", so Reitzle, der damit erläutert, dass Rahal eine Zukunft bei Jaguar hat - nur nicht in der Formel 1.

Immer wieder betonte Niki Lauda, dass er kein Interesse habe, Jaguar-Teamchef zu werden, nun ist er es doch geworden, auch wenn unbekannt ist, wie lange er diese Rolle inne haben wird: "Ich möchte Bobby für seinen Beitrag danken, den er für Jaguar Racing geleistet hat. Nach dieser Entwicklung werde ich mich nun zu 100 Prozent auf das Jaguar-Formel-1-Projekt konzentrieren", so der Österreicher.

Doppelbelastung für Lauda
Niki Lauda wird weiterhin Geschäftsführer der Premier Performance Division bleiben. Gleich drei Unternehmen der Jaguar-Gruppe wird Lauda damit weiterhin neben seiner Aufgabe als Formel-1-Teamchef beaufsichtigen. Ganz vorne steht natürlich Jaguar Racing. Das Unternehmen wurde im September 1999 gegründet, hat seinen Geschäftssitz in Milton Keynes und beschäftigt mittlerweile 335 Leute.

Ferner kümmert sich Lauda um die Motorenschmiede Cosworth, die seit 1998 im Besitz von Ford ist. 725 Angestellte zählt das im britischen Northampton und nord-amerikanischen Torrance (Kalifornien) angesiedelte Unternehmen. Das 1958 von Mike Costin und Keith Duckworth (daher auch der Name Cosworth) gegründete Unernehmen stellt neben Formel-1-Motoren auch Aggregate für das Rallye-Team, die Nascar- und Cart-Autos her und erwirtschaftete einen Jahresumsatz von 234 Millionen Mark. Lauda leitete vor wenigen Wochen einen Motorendeal zwischen Cosworth und Arrows ein.

Schlussendlich ist da noch die Pi Group Ltd., die 1986 gegründet wurde und seit 1999 zum Ford-Konzern gehört. Das Unternehmen hat sich auf Elektronik im Automobilbereich konzentriert und beliefert auch das Jaguar-Team. 275 Angestellte erwirtschafteten im letzten Jahr einen Umsatz von rund 92 Millionen Mark. Die Pi Group liefert zusammen mit dem Arrows-Motorendeal dem Rennstall von Tom Walkinshaw die komplette Elektronik.

Rahal verabschiedet sich in Richtung USA
Nach neun Monaten Formel 1 muss der dreifache CART-Champion, CART-Teamchef, CART-Generaldirektor und -Präsident Bobby Rahal nun seinen Hut nehmen: "Es war ein herausragendes Privileg, eine Schlüsselrolle in dem Aufbaustadium von Jaguar Racing zu spielen. Ich habe meine Zeit bei den Leute von Jaguar Racing wirklich genossen und ich wünsche ihnen für die Zukunft alles Gute. Ich möchte hervorheben, dass dies eine freundschaftliche Trennung ist und ich freue mich auf meine anderen geschäftlichen Beziehungen mit der Premier Automotive Group und der Ford Motor Company in den USA."