• 11.01.2007 09:17

  • von Inga Stracke

Interview: Michael Schumachers "Second Lady"

Gattin Corinna war immer die starke Frau hinter Michael Schumacher, doch da gibt es noch jemanden: Sabine Kehm, seine langjährige Medienberaterin

(Motorsport-Total.com) - Keine Frage, Corinna Schumacher ist Michael Schumachers "First Lady", doch es gibt noch eine weitere starke Frau hinter dem siebenfachen Weltmeister: Sabine Kehm. Die ehemalige Sportjournalistin war in den vergangenen Jahren Medienbetreuerin des Ferrari-Stars und lernte ihn so aus nächster Nähe kennen. Im Interview mit 'F1Total.com' spricht sie über den Rücktritt ihres Chefs, ihr neues Buch und die neue Formel-1-Ära.

Titel-Bild zur News: Sabine Kehm

Sabine Kehm kümmert sich für Michael Schumacher um die Medienbetreuung

Frage: "Sabine, du wirst auch nach seinem Rücktritt als aktiver Formel-1-Pilot weiterhin für Michael Schumacher arbeiten. Wie waren die Wintermonate? Sicher voll gepackt mit Interviewanfragen und Terminen?"
Sabine Kehm: "Die Zeit bis Weihnachten war in der Tat extrem intensiv. Es ging schon im Sommer los, aber seit dem Rücktritt von Michael überschlugen sich die Termine, Besprechungen und Anfragen nahezu. Erst mit dem Jahreswechsel ist etwas Ruhe eingekehrt, auch für ihn."#w1#

Schumacher arbeitete selbst am Buch mit

Frage: "Ihr habt kurz nach Saisonende ein neues Buch herausgebracht. Was ist das Besondere daran und wie läuft es?"
Kehm: "Das Einmalige daran ist, dass Michael selbst aktiv involviert war. Das ist das einzige Buch, an dem er selbst mitgearbeitet hat, daher ist es sehr authentisch und interessant. Der Leser bekommt mit Sicherheit Einblick in Bereiche, die er vorher nicht so kannte. Er kann sich dadurch ein tiefgründigeres Bild über Michael Schumacher machen, er kann seine Denk- und Arbeitsweise besser verstehen, er lernt den Menschen genauer kennen. Das Buch ist ein großer Erfolg - momentan liegt die dritte Auflage seit Ende November vor."

"Die Formel 1 ist schon ein seltsames Arbeitsfeld. Manchmal fühlte man sich wie mitten in einem Orkan." Sabine Kehm

Frage: "Du hast viele Jahre jedes Rennwochenende eng mit ihm zusammen gearbeitet. Wie war das? Und wie wird es in Zukunft sein?"
Kehm: "Die Formel 1 ist schon ein seltsames Arbeitsfeld. Manchmal fühlte man sich wie mitten in einem Orkan. Michael ist dabei immer ruhig und relativierend geblieben. Klar, er gibt extrem viel und erwartet das auch von den Leuten um ihn herum. Er ist fordernd, aber er ist dabei immer fair. So wird es auch in diesem Jahr sein, nur werden sich die Rahmenbedingungen eben ändern."

Frage: "Alle haben ihn immer wieder gefragt, ob ihm etwas fehlen wird. Wie ist dass bei dir, nach so vielen Jahren? Was wirst du vermissen, was nicht?"
Kehm: "Die Atmosphäre eines Rennwochenendes werde ich sicher vermissen, die Hektik dagegen wohl weniger. Aber ich gehe davon aus, dass ich auch in diesem Jahr ab und zu bei einem Formel-1-Rennen dabei sein werde."

Frage: "Wird Michael - wie einige vermuten - eine Art Mentor für Kimi Räikkönen und Felipe Massa sein?"
Kehm: "Michael wird Berater für Ferrari sein, für diverse Fragen und Aufgabengebiete, und er freut sich darauf ebenso wie das Team. Seine intelligente und analytische Art ist dabei ebenso wertvoll wie sein einmaliges Fachwissen, dazu hat er ein feines Gespür für die Situation und eine natürliche Autorität - eben ein starker Mann für ein starkes Team."

Frage: "Wie oft bekommst du Anfragen von der Presse oder auch Fans, die wissen wollen ob und wann Michael den Rücktritt vom Rücktritt bekannt gibt? Und wie behält man die Ruhe und Gelassenheit auch nach der zehnten solchen Frage?"
Kehm: "Das war hauptsächlich in den ersten Wochen nach dem Rücktritt ein Thema. Mittlerweile hat sich das gelegt. Die Leute scheinen Michaels neue Rolle akzeptiert zu haben und darauf gespannt zu sein, wie es weitergeht."

Kehm war einmal Passagier im Formel-1-Dreisitzer

Frage: "In all den Jahren, wärst du gerne auch mal in einem Formel-1-Auto gefahren, oder hattest du die Gelegenheit, einmal Passagier zu sein?"
Kehm: "Ich bin einmal mit dem Dreisitzer von Ferrari mitgefahren, das war absolut super, unglaublich. Ich habe schon vorher nie verstehen können, wie manche Menschen Motorsport mit Autofahren vergleichen konnten, aber nach diesen Runden muss ich sagen: Das hat nichts mit jeglicher körperlicher Erfahrung zu tun, die man im Normalfall machen kann. Das sind unvorstellbare Kräfte, die da an einem zerren - und um die zu beherrschen, muss man schon besonders cool und natürlich gut ausgebildet sein."

"Die Formel 1 ist ohne ihn weniger spektakulär." Sabine Kehm

Frage: "Wie siehst du selbst die Formel 1 ohne Michael? Was wird fehlen?"
Kehm: "Der Superstar der Szene, die Figur, um die sich alles dreht. Das ist Michael nach wie vor - und das wird sich, wenn überhaupt, erst mit der Zeit abschleifen, auch wenn er seinen Status als Primus inter pares nie verlieren wird. Die Formel 1 ist ohne ihn weniger spektakulär."

Frage: "Wie wird dieses Jahr aus deiner Sicht? Einige Experten sagen, dass es gerade weil Michael nicht mehr dabei ist, ein besonders spannendes werden wird, weil er als dominierender Faktor und als Messlatte fehlen wird und dazu Weltmeister Fernando Alonso nicht mehr im Siegerauto Renault sitzt..."
Kehm: "Das sind zu diesem Zeitpunkt doch alles zwangsläufig Spekulationen. Die kann ich nachvollziehen, die sind vielleicht auch notwendig und mit Sicherheit sind sie unterhaltsam, aber ich halte es da gerne mit dem Fußballkaiser: Schaun mer mal! Das Unerwartete ist doch gerade das Spannende."

Frage: "Wer sind deine Favoriten? Was glaubst du, wie sich Felipe Massa und Kimi Räikkönen bei Ferrari machen werden?"
Kehm: "Sicherlich gut. Ich glaube, dass Ferrari in diesem Jahr wieder sehr gut aussehen und erneut um die Titel kämpfen wird, wie in all den Jahren seit 1997. 2005 war nur eine Ausnahme."