• 03.07.2006 10:56

Interner Druck auf McLaren-Mercedes wächst

Der Chef spricht: DaimlerChryslers Dieter Zetsche über seine bevorzugte Fahrerwahl für 2007 und die Konsequenzen der aktuellen Erfolglosigkeit

(Motorsport-Total.com/sid) - 2006 noch kein Sieg, die Titel weg und Crashpilot Juan-Pablo Montoya nach der Nullnummer von Indianapolis am Pranger: Oberboss Dieter Zetsche hat das Formel-1-Projekt von Mercedes unter Erfolgsdruck gesetzt. Zwar bekannte sich der Vorstandsvorsitzende von DaimlerChrysler prinzipiell zu einem längerfristigen Engagement des Konzerns in der Königsklasse, stellte aber Bedingungen und will Einfluss auf Entscheidungen von McLaren-Mercedes nehmen.

Titel-Bild zur News: Ron Dennis und Dieter Zetsche

Dieter Zetsche am Kommandostand seines McLaren-Mercedes-Teams

"Der Motorsport ist ein wichtiges Instrument der Markenpflege, aber wir müssen mit Mercedes siegfähig sein und erkennbar gute Chancen auf die Weltmeisterschaft haben. Schließlich wollen wir als Marke Führung und Richtung geben", sagte Zetsche am Rande des Großen Preises der USA. Nach dieser Aussage musste er live miterleben, wie der Kolumbianer Montoya nach wenigen Sekunden seinen eigenen Teamkollegen Kimi Räikkönen von der Strecke beförderte und einen Massenunfall mit sieben Autos mitauslöste.#w1#

Budget liegt jenseits der 300-Millionen-Euro-Grenze

Die Durststrecke seit dem letzten "Silberpfeil"-Sieg von Räikkönen am 9. Oktober in Suzuka dauert nun schon fast neun Monate, obwohl der mit einem Budget von angeblich über 300 Millionen Euro zu den Branchenführern zählende Rennstall eigentlich den Titel gewinnen wollte. Räikkönen hat als Vierter der Fahrerwertung 49 Punkte Rückstand auf Spitzenreiter Alonso, McLaren-Mercedes als Nummer drei der Markenwertung gar 66 Zähler auf Renault.

Zetsche will noch "keine Ultimaten" setzen oder "die Schuldigen suchen", aber seine Geduld hat Grenzen: "Natürlich ist es auch wichtig, sympathisch rüberzukommen, wenn man nicht gewinnt, aber das kann keine Dauerlösung sein." Mercedes-Sportchef Norbert Haug steht bislang allerdings noch unter seinem Schutz.

Der Konzernchef, der gerade mit der Kritik am Abbau von 8.500 Stellen bei Mercedes kämpft, fordert aber ein "effektives Engagement in der Formel 1 - also mehr Return als Investition". Deshalb spricht er in den Entscheidungen über das Budget und Fahrerfragen das gewichtigste Wort mit - und er hat klare Vorstellungen über die Cockpitbesetzung für 2007: "Am liebsten würde ich Kimi und Alonso dort sehen. Zum Thema Michael Schumacher sage ich klar nein. Die Geschichte ist an dieser Fragestellung vorbeigegangen."

Montoyas Ansehen hat weiter gelitten

Festzustehen scheint, dass Montoya mit dem zweiten Crash binnen einer Woche - in Kanada hatte er schon Williams-Pilot Nico Rosberg von der Piste befördert - wohl auch den letzten Kredit verspielt hat. Zwar bestrafte ihn der Automobilweltverband FIA nicht, aber er wurde von den meisten Beteiligten als Unfallverursacher beschuldigt.

Dass Heißsporn Montoya danach bemerkte, dass die Zuschauer beim Unfall mit einem Vierfachüberschlag von BMW Sauber F1 Team Pilot Nick Heidfeld "wenigstens eine gute Show" gesehen hätten, sagt genug. Haug holte den stinksauren Räikkönen ("Ratet mal, wer da wieder von hinten kam?") mit einem Golfcar vom Unfallort ab: "Ein Auffahrunfall sollte in der Rennerei genauso wenig passieren wie im Straßenverkehr", meinte der Deutsche.

Der Saisonverlauf für McLaren-Mercedes sei bislang "sicher enttäuschend, weil wir den Speed dominieren wollen". Gezeigt haben es die "Silberpfeile" bislang nicht...