ING: Der Lewis Hamilton unter den Formel-1-Sponsoren

Analyse: Mehr als 100 Millionen Euro hat ING in seiner ersten Saison in die Formel 1 investiert - Bilanz des Engagements fällt positiv aus

(Motorsport-Total.com) - Was Lewis Hamilton auf sportlicher Ebene ist, das ist ING im Businessbereich: Das niederländische Finanzunternehmen stieg 2007 als Sponsor des Topteams Renault neu in die Formel 1 ein, bereitete sich auf dieses Engagement akribisch vor und landete unterm Strich auf dem zweiten Platz, was die Präsenz von internationalen Unternehmen im Grand-Prix-Sport angeht.

Titel-Bild zur News: ING-Logo

Nur ein Unternehmen war 2007 in der Formel 1 noch präsenter als ING

Diese Woche wurden endlich die Daten des ersten Jahres - mit Renault wurde ein Dreijahresvertrag bis Ende 2009 abgeschlossen - ausgewertet. Dabei kam man zu dem Schluss, dass das Sponsoring ein Erfolg war: "Die Verbindung zwischen ING und der Formel 1 hat ihren Wert bereits unter Beweis gestellt", erklärte Vorstandschef Michel Tilmant. "Unsere Zahlen belegen, dass das Programm das globale Markenbewusstsein erhöht hat."#w1#

Viele wussten nicht: Wer oder was ist ING?

Eines der Hauptziele von ING war es, das Bewusstsein dafür zu erhöhen, was ING eigentlich macht, denn das Unternehmen zählte zwar schon vor dem Formel-1-Einstieg zu den weltweit größten seiner Art, aber kaum jemand konnte ING einer spezifischen Marktnische zuordnen. Dies hat sich geändert, wenn auch nur marginal: Um sieben Prozent mehr Menschen wissen nun, dass ING ein führender und global operierender Finanzdienstleister ist.

Diese und weitere Zahlen hat ING selbst erhoben, indem vor und nach der Saison jeweils 16.000 repräsentative Menschen aus 32 Ländern befragt wurden. Unter anderem ging es in der Befragung darum, ob ING als Formel-1-Sponsor wahrgenommen wird, ob ING als globaler Finanzdienstleister erkannt wird, ob das Ansehen von ING durch das Formel-1-Sponsoring gestiegen ist und ob sich an der Bereitschaft, mit ING Geschäfte zu machen, etwas geändert hat.

Die Auswertung dieser Umfrage hat unter anderem ergeben, dass 25 Prozent aller Befragten nach dem ersten Jahr als Renault-Hauptsponsor ein positiveres Bild von ING haben, während die Bereitschaft, mit ING Geschäfte zu machen, um 29 Prozent gestiegen ist. Außerdem war der ING-Löwe für 14.264 Sekunden im Fernsehen zu sehen - was auf das ganze Jahr gesehen Platz zwei unter allen Formel-1-Sponsoren bedeutet.

Erwartungen bei weitem übertroffen

"Unsere erste Saison in der Formel 1 hat unsere Erwartungen bei weitem übertroffen", erklärte INGs Formel-1-PR-Chefin Isabelle Conner. "ING hat sich bewusst dazu entschieden, mit einem großen Sponsoring in die Formel 1 einzusteigen, um das positive Bewusstsein und die globale Präsenz unseres Unternehmens zu unterstreichen. Unsere Auswertungen haben ergeben, dass wir diese beiden Ziele schon in den ersten Monaten erreicht haben, schneller als erwartet."

2007 sei demnach ein "Vorzeigejahr" gewesen, so Conner, die annähernd 115 Millionen Euro zur Verfügung hatte, um die Marketingvorgaben des Vorstandes umzusetzen. Etwa 35 Millionen Euro flossen direkt in die Renault-Kassen, während der Rest in Bandenwerbung bei 15 von 17 Rennen investiert wurde. Außerdem trat ING bei zwei Grands Prix, nämlich in Australien und Belgien, als Titelsponsor der Veranstaltung auf.

ING-Logo

ING informierte im Oktober 2006 über den Einstieg als Renault-Hauptsponsor Zoom

Das insgesamt knapp 120.000 Mann starke Unternehmen setzte damit im ersten Jahr in der Formel 1 gleich neue Maßstäbe, was die Effektivität eines Sponsoringprogramms angeht - seit der Zigarettenmarke Marlboro, die von Philip Morris in den 1970er-Jahren an den Start geschickt wurde, kam kein Sponsor mehr mit einem so umfangreichen Engagement in den Motorsport. Außerdem zählt ING nun zu den zahlungswilligsten Non-Tabak-Sponsoren der Geschichte.

Formel 1 siegte gegen Tennis und Olympia

Natürlich haben sich Conner und ihre Mitarbeiter dieses Investment sehr genau überlegt. Als der Beschluss gefasst wurde, ins Sportsponsoring zu gehen, wurden zunächst zehn Sportarten in Erwägung gezogen. Nach einer ersten Evaluierungsrunde blieben neben der Formel 1 noch Tennis und die Olympischen Spiele übrig, doch auch Olympia war früh kein Thema mehr, weil sich die Meinung verbreitete, Olympia sei nur für bekannte Sponsoren wie etwa Coca-Cola geeignet.

Schlussendlich fiel im Sommer 2006 die Entscheidung für die Formel 1 - und drei Teams standen zur Auswahl: Renault, Ferrari und McLaren-Mercedes. Ferrari zeigte jedoch keine Kompromissbereitschaft, was die rote Lackierung angeht, und McLaren-Mercedes bot nur schwarze Logos auf silbernem Hintergrund an, also fiel die Wahl relativ rasch auf Renault. Das Weltmeisterteam hatte schließlich den Verlust der Zigarettenmarke Mild Seven als Hauptgeldgeber zu verkraften.

Viele Events in vielen Non-Formel-1-Ländern

Eines der Erfolgsgeheimnisse des ING-Sponsorings war die starke Einbindung der nationalen ING-Niederlassungen. So wurde beim Malaysia-Grand-Prix beispielsweise versucht, Kuala Lumpur so gut wie möglich in ING-Orange zu bemalen, während in Osteuropa viele Länder, die nicht einmal ein eigenes Formel-1-Rennen haben, eigene Veranstaltungen durchführten. Nicht vergessen darf man auf die Renault-Roadshow, die auch für ING eine tolle Präsentationsplattform war.

"Die Schönheit der Formel 1 ist für ING nicht nur die globale Reichweite, sondern auch die breite Demografie, die der Sport erreicht", so Conner. "Die Formel 1 ist die effektivste Plattform, um Millionen von Fans aus allen sozialen Spektren zu erreichen. Außerdem vernehmen wir mit Wohlwollen, dass sich die Formel 1 ostwärts orientiert. Der Sport wächst in China und Malaysia, bald werden wir auch ein Rennen in Singapur haben. Das sind alles sehr wichtige Wachstumsmärkte für ING."

"Nächstes Jahr werden wir versuchen, das Sponsoring weiterzuentwickeln. Wir werden uns darauf konzentrieren, das Sponsoring direkt einzusetzen, um für die Organisation Business zu generieren. Ich kann dazu zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht allzu viel verraten, weil ich mich schon darauf freue, das nächstes Jahr zu tun, aber ich kann schon sagen, dass ING 2008 wieder sehr präsent sein wird", kündigte Conner an.

Heikki Kovalainen

Heikki Kovalainen bei einem ING-Event in der griechischen Hauptstadt Athen Zoom

Conner kam als Greenhorn in die Formel 1

Apropos Conner: Die Amerikanerin mag zwar als Greenhorn in die Formel 1 eingestiegen sein, konnte aber vor dem Start in das Abenteuer schon zwei Jahrzehnte Marketingerfahrung vorweisen. Diese sammelte sie bei renommierten Unternehmen von Weltrang, beispielsweise der Deutschen Bank. Die Besuche im Fahrerlager, Benzingeruch und Reifenqualm waren aber neu für sie. Und trotzdem: "Ich habe mich sofort zu Hause gefühlt!"

"Außerdem ist es eine Freude, mit dem Renault-Team zusammenzuarbeiten. Sie wurden für mich in diesem Jahr eine Erweiterung meiner Familie", streute sie ihrem Partner Rosen. "Das Reisen ist eine Leidenschaft von mir, daher genoss ich es, Reiseziele wie Fuji und Shanghai zu entdecken und endlich wieder nach Istanbul und São Paulo zu kommen. Ich kann die Saison 2008 gar nicht mehr erwarten - die Formel 1 fehlt mir schon!"

Übrigens: ING trägt einen Großteil zu jenen acht Prozent bei, die die Finanzdienstleister inzwischen zum Gesamtsponsorenbudget im Motorsport beitragen. Gemeinsam mit Unternehmen aus der gleichen Branche - die Allianz, die Credit Suisse und die Royal Bank of Scotland (RBS) seien stellvertretend genannt - ist ING nämlich federführend in der endgültigen Ablösung der klassischen Sponsoren aus der Automobil-, Mineralöl- und Tabakbranche...