Indien: Hat die Formel 1 eine Chance gegen Kricket?

Einige Sponsoren wechseln vom Nationalsport Kricket zur Formel 1 - Dennoch legt Indien der Königsklasse des Motorsports derzeit noch Steine in den Weg

(Motorsport-Total.com) - Kricket ist in Indien allgegenwertig. Daneben ist die Formel-1-Weltmeisterschaft - neben den Olympischen Spielen und der Fußball-Weltmeisterschaft die größte Sportveranstaltung der Welt - eine Rand-Sportart. Indische Sponsoren steckten ihr Geld bisher hauptsächlich in den Kricket-Sport - man kann es sich sogar leisten, Regierungsförderungen zu verbieten.

Titel-Bild zur News: Force-India-Ferrari VJM-01

Der Eindruck täuscht: Die Formel 1 ist in Indien noch nicht angekommen

Die Formel 1 ist hingegen nicht in der indischen Kultur verankert - hauptsächlich junge Leute können sich für den Motorsport begeistern. Doch auch dadurch eröffnen sich Möglichkeiten. "65 Prozent unserer Gesellschaft ist jünger als 30", erklärt Sanjay Kapoor - Chef des indischen Telekom-Giganten Bharti Airtel gegenüber 'Reuters'. "Wir wollen unsere Marke als jungendfreundlich und dynamisch positionieren." Bharti Airtel nützt daher den Grand Prix, um die Zielgruppe anzusprechen - 8,5 Millionen Dollar (umgerechnet 6,2 Millionen Euro) gab man aus, um drei Jahre lang als Hauptsponsor zu fungieren.

Formel 1 bietet indischen Unternehmen globale Präsenz

Doch das ist nicht der einzige Vorteil: Die Formel 1 bietet indischen Unternehmen im Gegensatz zum Kricket-Sport die Möglichkeit, über die Grenzen Indiens hinaus an Bekanntheit zu gewinnen. Aus diesem Grund stieg der Telekom-Konzern vorzeitig aus einem seit 2009 laufenden Fünfjahres-Vertrag als Hauptsponsor der indischen Kricket-Liga aus. 40 Millionen Dollar (umgerechnet 29 Millionen Euro) hatte das Engagement gekostet.

Der von Daniel Ricciardo ins zweite Glied verdrängte HRT-Pilot Narain Karthikeyan glaubt, dass der Motorsport dem Kricket-Sport langfristig Konkurrenz machen kann. "Es wird passieren - langsam aber sicher", wird er von 'Reuters' zitiert. Der 34-Jährige wird seit diesem Jahr von Hero Motors gesponsert - die Hero Group war lange Zeit ein zuverlässiger Sponsor von Kricket-Turnieren. "Unsere Firmen realisieren, dass die Formel 1 eine gute Alternative zu Kricket sein kann."

"Unsere Firmen realisieren, dass die Formel 1 eine gute Alternative zu Kricket sein kann." Narain Karthikeyan

Ecclestone sieht Kricket im Vorteil

Dass die Formel 1 Kricket irgendwann überholen wird, gilt jedoch als unwahrscheinlich. Dieser Meinung ist auch Formel-1-Boss Bernie Ecclestone: "Wir werden Kricket nie einholen. Da bin ich mir ziemlich sicher - wir müssen aber unser bestes geben, um das zu schaffen. Ich bin sicher, dass wir irgendwann nahe herankommen."

Damit das gelingt, muss nicht nur die Formel 1 Indien, sondern auch Indien den Formel-1-Sport annehmen. Derzeit deutet einiges darauf hin, dass es noch ein weiter Weg ist, schließlich legt die Regierung der Formel 1 Prügel in den Weg. Journalisten, Teammitglieder und Piloten haben derzeit große Mühe, ein Visum für die Einreise nach Indien zu bekommen.

"Wir werden Kricket nie einholen." Bernie Ecclestone

Visa-Affäre provoziert Formel-1

Das bekam in Monza auch Lotus-Ersatzmann Karun Chandhok zu spüren, der noch auf einen Einsatz beim Indien-Grand-Prix hofft. "In Monza regten sich die Leute auf, wie schwierig es ist, für die Reise nach Indien ein Visum zu bekommen", bestätigt der Inder gegenüber 'TOI'. Angeblich soll sogar der Antrag von Nico Rosberg abgewiesen worden sein - das gleiche dürfte für die Hälfte des HRT-Rennstalls gelten. Journalisten klagen währenddessen darüber, dass sie für ein Journalistenvisum mehr zahlen als dies als normaler Tourist der Fall wäre.

Sogar FIA-Mitglieder stoßen auf enorme Widerstände: Matteo Bonciani - Kommunikationschef des Automobil-Weltverbandes - ärgert sich: "Wenn die Regierung drei Wochen benötigt, um das Ansuchen um ein Visum zu behandeln, dann werden 90 Prozent der Formel-1-Leute - ich eingeschlossen - nicht am Rennen teilnehmen."

"In Monza regten sich die Leute auf, wie schwierig es ist, für die Reise nach Indien ein Visum zu bekommen." Karun Chandhok