• 27.08.2004 20:08

Howett: Organisation Toyotas ist jetzt schlanker

Der Toyota-Teamchef über die Fahrer für kommende Saison, die jüngsten Entlassungen und die Debatte ums Reglement

(Motorsport-Total.com) - Frage: "John, kannst du aufklären, was heute mit Ryan Briscoe passiert ist?"
John Howett: "Soweit wir das bis jetzt verstehen, hatte er einen Reifenschaden, durch den er in der Kurve die Kontrolle über das Fahrzeug verloren hat. Zum Glück ist er okay. Er war im Krankenhaus, um seinen Arm untersuchen zu lassen, aber bis auf ein paar Prellungen ist nichts passiert."

Titel-Bild zur News: John Howett

John Howett sagt, dass auch Panis noch beibehalten werden könnte

Frage: "Mit Ange Pasquali, Norbert Kreyer und Cristiano da Matta habt ihr kürzlich drei Schlüsselfiguren entlassen, die zum Teil schon lange bei Toyota waren. Ist es nicht kontraproduktiv, das Team so zu destabilisieren?"
Howett: "Für uns waren das sehr schwere Entscheidungen, denn vor allem Norbert hat schon im Rallyesport, in Le Mans und dann auch in der Formel 1 einen sehr guten Job gemacht, ähnlich wie Ange. Wir haben das gemacht, um die Kommunikationswege zu verkürzen, die Organisation schlanker zu machen und um agiler zu werden, vor allem was die Entscheidungsprozesse direkt an der Rennstrecke betrifft."#w1#

"Noch keine Entscheidung" bei den Fahrern - zumindest offiziell

Frage: "Wie stehen die Chancen von Olivier Panis, im Team bleiben zu können, denn man hört, dass Jarno Trulli schon fix ist?"
Howett: "Einer der Gründe, weshalb wir Ricardo (Zonta; Anm. d. Red.) diese Chance gegeben haben, ist, weil wir ernsthaft studieren wollen, wer am besten für den Platz neben Ralf im nächsten Jahr geeignet ist. Wir haben noch keine endgültige Entscheidung getroffen. Es ist klar, dass wir mit Olivier sprechen, aber auch mit anderen Fahrern, und wir unterhalten uns mit Olivier auch über andere Möglichkeiten im Team, abseits der Rolle als Rennfahrer. Er ist aber, und das hat er heute wieder einmal gezeigt, noch immer sehr schnell mit dem Material, das wir ihm zur Verfügung stellen."

Frage: "Hat Cristiano da Matta im Hintergrund noch irgendeine Funktion bei euch oder liegt er im Moment komplett auf Eis?"
Howett: "Cristiano hat einen Vertrag bis Jahresende. Wir könnten ihn jederzeit anrufen, damit er noch einmal testet oder Rennen fährt. Im Moment möchten wir Ryan einmal eine Chance geben, denn er kommt aus unserer Nachwuchsakademie, und wir wollen Ricardo drei oder vier Rennen geben, um zu sehen, was er leisten kann. Aber wie gesagt, Cristiano ist vertraglich noch an uns gebunden und wenn wir ihn brauchen, können wir jederzeit auf seine Dienste zurückgreifen."

Frage: "Zieht ihr es in Betracht, nächstes Jahr Motoren an ein Kundenteam zu liefern?"
Howett: "Das ist eine Tausend-Gulden-Frage. Unsere Position diesbezüglich ist unverändert. Wenn es einen wirklichen Engpass, eine Krise geben sollte, wenn wir die Kapazität haben und wenn der Motor für zwei Rennwochenenden definiert ist, dann sind wir dazu bereit, ein Kundenteam zu beliefern. Man muss auch die geplanten Änderungen für 2006 in Betracht ziehen und wir wären mit einem V10 und mit einem V8 gleichermaßen glücklich. Die hauptsächliche Sorge von Toyota ist die Beibehaltung der Technologie. Einige der Vorschläge, die auf dem Tisch liegen, zwingen uns dazu, alternative Materialien und alternative Technologien zu erforschen, was uns Geld und Ressourcen kostet. Wenn wir aber ausreichend Kapazitäten frei haben, um ein zweites Team zu beliefern, dann werden wir diese Möglichkeit in Betracht ziehen. Zuerst müssen wir aber abwarten, bis alle Regeländerungen vollzogen sind."

"Müssen das Publikum bei Laune halten"

Toyotas Teampräsident John Howett

John Howett: Eckpunkte für ein Qualifying müssen geklärt werden Zoom

Frage: "Tony Purnell hat anstelle des derzeitigen Qualifyings vorgeschlagen, kurze Rennen mit geloster Startaufstellung durchzuführen. Was hältst du von dieser Idee?"
Howett: "Hauptsächlich geht es darum, dass wir das Publikum bei Laune halten müssen. Von meiner Erfahrung in der Serienproduktion her weiß ich, dass einem die Kunden nicht immer eine klare Antwort geben können, wenn man sie fragt, ob sie dies oder jenes mögen würden. Zuerst müssen wir also verstehen, was die Kernpunkte sind, die dem Publikum am Herzen liegen. Wollen sie ein Qualifying mit leeren Tanks sehen? Wollen sie sehen, dass der schnellste Fahrer sich von hinten nach vorne arbeiten muss? Erst dann sollte die FIA gemeinsam mit den Teams entscheiden, wie man die Anliegen der Fans am besten umsetzen kann. Wir alle können irgendwelche Vorschläge in Umlauf bringen, die nicht konstruktiv oder hilfreich sind. Toyotas Position ist, dass wir auf jeden Fall, unabhängig vom Format, mitmachen werden, aber es muss jemand klarstellen, was die Eckpunkte für ein erfolgreiches Format sind, damit wir es umsetzen können. Einfach feste Vorschläge zu machen, muss nicht immer konstruktiv sein für die finale Lösung."

Basis in Köln laut Howett nicht von Japan kontrolliert

Frage: "Vorhin hast du davon gesprochen, die Organisation schlanker zu gestalten. In Kanada, nach den Disqualifikationen, habt ihr die Frist zum Einlegen eines Protests versäumt. Musstet ihr damals erst Rücksprache mit Japan halten, ehe ihr handeln konntet?"
Howett: "Es scheint den Irrglauben zu geben, dass wir völlig von Japan kontrolliert werden, was nicht der Fall ist. Wir treffen viele der Entscheidungen in Deutschland. Wir müssen gewisse Entscheidungen, gravierende Beschlüsse, Kapitalinvestment, Fahrer absegnen lassen, aber die Entscheidungen werden normalerweise in Deutschland getroffen. Toyota glaubt daran, dass die Leute, die die Autos bauen, am besten wissen, wie sie ihren Job zu machen haben, denn sie üben ihn jeden Tag aus, der Vorstand hingegen nicht. Wichtig ist, Verantwortung durch die Befehlskette zu delegieren, und das haben wir schlanker gestaltet, denn ich bin der Überzeugung, wir haben viele gute Mitarbeiter, die keine Vorgesetzten brauchen, sondern auch autonom arbeiten können. Wir haben eine sehr große Autonomie bei Toyota und wir gehen verantwortungsbewusst damit um. Kanada hatte damit nichts zu tun. Das war ein Problem des Teams, wir waren nicht schnell genug. Keine Diskussion."

Frage: "Wie geht es euch nach den ersten paar Rennen mit dem B-Auto?"
Howett: "Wir sind zufrieden, dass die geleistete Arbeit im veränderten Windkanal unter Mike Gascoynes Leitung jetzt die erwarteten Resultate bringt. Was wir im Windkanal gesehen haben, konnten wir auf die Strecke umsetzen. Was natürlich unsere Leidenschaft und Ambition angeht, die oberste Treppe des Podiums zu erklimmen, haben wir noch einen langen Weg vor uns. Wir sind aber erfreut, dass wir den Nutzen und die Effektivität des Windkanals jetzt spüren. Die Geschwindigkeit, in der das B-Auto produziert wurde, war beeindruckend. Wenn man hinter die Fassade der Ergebnisse auf der Strecke schaut, erkennt man hinter den Kulissen eine Vielzahl organisatorischer Änderungen, und wir nutzen den Windkanal optimal. Natürlich hätten wir uns mehr erhofft, aber wenn wir die Resultate auf der Strecke sehen, stimmen sie überein mit dem, was man nach den Simulationen im Windkanal erwarten durfte."