Hintergrund: Änderungen am Formel-1-Reglement
Die Königsklasse des Motorsports wird weniger als erwartet verändert, dennoch sind die Veränderungen einschneidend
(Motorsport-Total.com) - Die Versammlung des Motorsportweltrats am Mittwoch in Paris hat der Formel 1 einige Veränderungen beschert, die ab sofort oder spätestens 2004 in Kraft treten werden. Nicht wie erwartet geändert wurde der Modus eines Rennwochenendes, hier wird alles beim Alten bleiben, obwohl einige Teams die Abschaffung des Freitags gefordert hatten, um die Kosten zu reduzieren. Auch über eine mögliche Straffung des Testkalenders schwieg sich der Motorsportweltverband FIA aus, hier scheint es keine Veränderungen zu geben.

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Noch hadern die Piloten mit dem unbequemen HANS-System...
Keine Veränderungen am Chassis bis 2004
Oberstes Gebot bei der Veränderung des Reglements hat schon seit vielen Jahren in der Formel 1 die Sicherheit. Doch scheinbar sind sich die Experten einig, dass der Sicherheitsstandard in der Formel 1 schon sehr hoch ist, denn bis 2004 wird am Chassisreglement nichts mehr verändert. Das reduziert natürlich die Entwicklungskosten beträchtlich, waren doch in den letzten Jahren erst die Breite der Fahrzeuge sowie einige andere gravierende Einschnitte in die Aerodynamik und Aufwertung der Crashtestbestimmungen vorgenommen worden. Gleichzeitig aber bedeutet dieses Entscheidung, dass die Rundenzeiten weiter sinken werden.
HANS nur halbherzig Pflicht
Um die Sicherheit für die Fahrer dennoch zu erhöhen, soll das "Head and Neck Protection System (HANS)", das nun bereits schon seit zwei Jahren getestet wird, endlich eingeführt werden. Bei einem Unfall ließe sich so das Verletzungsrisiko im Kopf- und Nackenbereich minimieren. Doch man hält sich einige Hintertüren frei, so dass das System nicht zwangsläufig 2003 erstmals zum Einsatz kommen wird.
So bedarf es zunächst einmal der Bestätigung aller Teams, dass sich kein Fahrer durch die Benutzung des HANS-Systems benachteiligt sieht. Hier kann man schon jetzt davon ausgehen, dass sich Fahrer wie Jacques Villeneuve quer stellen werden, die immer wieder das System kritisiert haben. Überhaupt gibt es zurzeit keinen Fahrer, der sich ausschließlich positiv über das System äußert.
Ferner muss die FIA noch ein Lizenzabkommen mit der DaimlerChrysler AG abschließen, die das System entwickelt hat ? dies dürfte wohl das geringste Problem sein. In naher Zukunft muss HANS also so entwickelt werden, dass es den Fahrern nicht schmerzhaft auf die Schulter oder auf den Nacken drückt und vor allem das Kurvengefühl der Fahrer nicht unter HANS leidet, da die meisten Piloten bisher den Kopf in Kurven extrem nach außen gelegt haben, was mit HANS nicht möglich ist.
Nur noch ein Motor pro Rennwochenende
Am einschneidensten ist das neue Motorreglement, das ab dem 1. Januar 2004 in Kraft tritt. Für ein ganzes Rennwochenende steht einem Fahrer ab dann nur noch ein einziger Motor zur Verfügung. Waren es bisher üblicherweise drei Motoren, die ein Fahrer von Freitag bis Samstag einsetzte, werden die Zehnzylinder ab 2004 über eine Distanz von fast 1.000 Kilometern halten müssen. Aus diesem Grund tritt das Reglement erst 2004 und nicht schon 2003 in Kraft, weil die Hersteller komplett neue Motoren entwickeln müssen.
Dies wird allerdings nicht nur Zeit sondern auch viel Geld kosten, weswegen das Reglement längere Zeit Bestand haben muss, damit es sich rentiert. Insider rechnen damit, dass sich pro Jahr durch das neue Reglement ein mittlerer zweistelliger Millionenbetrag einsparen lässt. Änderungen in Sachen Hubraum oder Zylindereingrenzung wird es nicht gegeben. Weiterhin sind maximal 3 Liter Hubraum und Saugmotoren mit 10 Zylindern erlaubt. Experten gehen davon aus, dass schon in wenigen Jahren die Motordesigner mit den 1.000-Kilometer-Motoren auf dem Leistungsstand dieses Jahres sein werden.
Harte Strafen für Motorschäden oder T-Car-Einsatz
Benötigt ein Fahrer vor dem Rennen einen neuen Motor, so wird er bestraft, in dem er in der Startposition um zehn Plätze nach hinten versetzt wird. Das soll Strafe genug sein, um die Hersteller zu animieren, wirklich ausreichend zuverlässige Motoren herzustellen. Zusätzlich soll diese neue Regel für Spannung sorgen. Statistik-Puristen kommen natürlich in ein Dilemma, die Startposition, die ein Fahrer im Qualifying herausfuhr, wird nicht zwangsläufig jene sein, die er im Rennen inne hält.
Nicht nur ein Motorschaden kann dafür sorgen, dass ein Fahrer zehn Plätze von weiter hinten starten muss. Auch wenn der Pilot nach einem Fahrfehler in das Ersatzauto wechseln muss, so würde dies bedeuten, dass ein zweiter Motor zum Einsatz kommt und die Regel in Kraft tritt. Die Reparatur von Motoren soll aber in begrenztem Maße erlaubt sein. Welche Komponenten ausgetauscht werden dürfen, wird von der FIA demnächst bestimmt. Hierzu wird es eines Sigelsystems bedürfen, damit die FIA überwachen kann, dass ein Motor nicht unerlaubter Weise repariert wurde.
Mehr macht für die Rennstewards
Mehr Macht werden die Rennstewards bekommen, die demnächst auch einen Fahrer für das nächste Rennen bestrafen können. So wird es ab sofort möglich sein, einen Fahrer zu verdammen, beim nächsten Rennen von zehn Plätzen weiter hinten zu starten, wenn er im Rennen zuvor gegen eine Regel verstoßen hat. Auch diese neue Regel dürfte Statistikfreaks aufheulen lassen.
30 Sekunden Reparaturzeit
Wenn ein Fahrer in Zukunft beim Start der Einführungsrunde stehen bleibt, so muss das Auto weg geschoben werden, wenn es dem Team nicht gelingt, innerhalb von 30 Sekunden das Auto wieder zum Arbeiten zu bewegen. Da die Zeit ab dem Umschalten der Ampel auf Grün gestoppt wird, ist dieses Zeitfenster extrem kurz. Eine Entscheidung, die der Sicherheit dienen soll und die ungleiche Behandlung von Startopfern in letzter Zeit aus der Welt schaffen soll. Die Fahrer können dann aus der Boxengasse heraus wieder ins Rennen geschickt werden.
Startnummern bleiben die gleichen wie im Vorjahr
Neu ist auch die Vergabe der Startnummern, wie man das in diesem Jahr eigentlich schon anwenden wollte, dann aber auf den Protest des Sauber-Teams stieß, das sich 2001 dank Platz vier der Konstrukteurswertung eine einstellige Startnummer erkämpft hatte. Bis auf die Startnummern 1 und 2, die weiterhin das Team des Weltmeisters erhält, behält jedes Team seine Starnummern aus dem Vorjahr. Dies soll die Marketing- und Verwaltungskosten der Teams reduzieren. Geht ein amtierender Weltmeister in Rente, so fährt das Team mit den Startnummern 0 und 2.

