Herr Schumacher, Herr Hamilton und Herr Coanda
Der zweite Fahrer steht nicht fest, das Concorde Agreement ist nicht unterschrieben, wilde Gerüchte: Mit "Herrn Coanda" will Mercedes nun kontern
(Motorsport-Total.com/SID) - Spricht im Fahrerlager jemand über Mercedes, fallen aktuell nur die Namen der Herren Schumacher oder Hamilton. Schließlich hat Rekord-Weltmeister Michael Schumacher seinen Vertrag noch nicht verlängert und Ex-Champion Hamilton zeichnet sich mehr und mehr als sein Nachfolger ab. Peter Sauber hat provisorisch und wohl nicht ganz ernst schon mal erklärt, er würde "Schumacher sofort nehmen".

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Das Heck des Mercedes W03 steht in Singapur im Fokus der Aufmerksamkeit Zoom
Nico Rosberg spricht dagegen lieber über "Herrn Coanda", Henri Marie mit Vornamen. Der rumänische Physiker hat vor 87 Jahren einen aerodynamischen Effekt entdeckt, den die Silberpfeile sich nun zunutze machen wollen. Und der dafür sorgen soll, dass die Fahrer Schumacher und Rosberg mit sportlichen Schlagzeilen in den letzten Wochen der Saison wenigstens ein Gegengewicht zu den ständigen Gerüchten schaffen können.
"Wir pushen weiter, um näherzukommen", sagt Rosberg. "Das wird jetzt keine Explosion sein, sondern ein Prozess, aber man wird es merken." Auch Schumacher meint, dass "die aerodynamischen Updates uns Vorteile bringen sollten".
Die Zukunft des Rekord-Weltmeisters und die mögliche Verpflichtung Hamiltons sind derzeit aber das Dauerthema im Fahrerlager. Zudem gab es zuletzt sogar Gerüchte, Mercedes habe werksseitig zwischenzeitlich den Ausstieg aus der Formel 1 geprüft, was aktuell kein Thema ist. Sportchef Norbert Haug steht über diesen Dingen. "Wenn man den zweiten Fahrer noch nicht benannt und das Concorde Agreement noch nicht unterschrieben hat, ist es normal, dass es Gerüchte gibt", sagt der 59-Jährige.
Er will die Hamilton-Gerüchte weder bestätigen noch dementieren: "Wir hätten die Fahrerfrage auch lieber heute als morgen geklärt, aber wir müssen auch über Alternativen und Möglichkeiten nachdenken, sonst bist du nicht verhandlungsfähig. Das dauert eben alles seine Zeit. Und solange wir die Fakten nicht geliefert haben, müssen wir mit allen Spekulationen leben."
Im April, nach dem dritten Rennen der Saison, schien Mercedes schon auf dem besten Weg zur Spitze zu sein. Rosberg feierte in China seinen ersten Sieg, und das in überlegener Manier. Seitdem gab es allenfalls noch sporadische Höhepunkte wie in Monaco, wo Schumacher zur Pole fuhr und Rosberg Zweiter wurde. "Wir haben nur in vier von 13 Rennen das gezeigt, was wir können", gesteht Haug ein.
Bei den "Young-Driver-Tests" in Magny-Cours setzte Mercedes nun erstmals den Coanda-Auspuff ein, den sieben der elf Rivalen bereits nutzen. Durch den Coanda-Effekt können Auspuffgase umgeleitet werden, das Auto liegt besser auf der Strecke. Es ist sozusagen eine abgewandelte Form des inzwischen verbotenen auspuffangeströmten Diffusors.
Kurz vor dem Qualifying will Mercedes anhand der Trainings-Eindrücke entscheiden, ob mit dieser Einstellung bereits in Singapur gefahren wird. Schumacher schaute sogar extra in Frankreich vorbei, "weil ich mir vor Ort ein klareres Bild machen kann. Und ich muss sagen, die Vorteile haben sich in den Tests durchaus bestätigt."
Sein Besuch ist aber auch als Bekenntnis zu Mercedes zu verstehen, denn die Entwicklungen werden nicht zuletzt mit Hinblick auf die kommende Saison vorangetrieben. "Wenn du bei den Grundsätzen lernst, wie man mit den Reifen umgeht, wie man am besten Abtrieb generiert, hilft das auch für nächstes Jahr", sagt Haug. "Wer in diesem Jahr ein gutes Auto hat, hat im nächsten Jahr kein schlechtes." Die Regeln ändern sich schließlich zur nächsten Saison kaum.
Mercedes bastelt jedenfalls mit Eifer am neuen Silberpfeil. Nur wer im zweiten neben Rosberg sitzen wird, ist weiter offen.

