• 01.02.2011 21:03

  • von Gerald Dirnbeck & Stefan Ziegler & Dieter Rencken

Hembery: "Kühlere Temperaturen sind schwierig"

Neben den neuen Boliden steht auch Reifenpartner Pirelli im Blickpunkt des Interesses - Motorsportchef Paul Hembery über die Arbeitsweise in Valencia

(Motorsport-Total.com) - Für Pirelli war der Auftakt der Testfahrten in Valencia in wichtiger Schritt Richtung Formel-1-Rückkehr. Red Bull, Mercedes, Ferrari, Sauber, Renault, Williams und Toro Rosso fuhren mit ihren neuen Boliden. An den neuen Modellen werden die Reifen in den kommenden Monaten ihren Dienst versehen. Da die Rundenzeit stark vom schwarzen Gold beeinflusst wird, da es der einzige Kontaktpunkt zum Boden ist, wurden die ersten Ausfahrten mit Spannung erwartet.

Titel-Bild zur News: Paul Hembery

Pirelli-Motorsportchef Paul Hembery beobachtet gespannt die Testfahrten

Seit den Testfahrten im vergangenen November in Abu Dhabi haben sich die Pneus noch etwas verändert, wie Pirelli-Motorsportchef Paul Hembery erklärt: "Die einzelnen Mischungen wurden seit Abu Dhabi noch einmal weiterentwickelt. Wir nahmen kleinere Modifizierungen am Vorderreifen vor. Das war aber nur eine Kleinigkeit. Bei den Hinterreifen mussten wir etwas mehr Arbeit investieren, um den Abrieb zu verbessern."

Die Mischungen entsprechen bereits sehr genau denjenigen, die beim Saisonauftakt in Bahrain zum Einsatz kommen werden. "Ziemlich endgültig. Genau da wollen wir hin. Wir haben stets betont, dass wir bereit sind, zu lernen. Es stehen schließlich eine Menge neuer Strecken im Rennkalender - zumindest aus unserer Sicht."

"Sollten wir während der Saison verschiedene Anpassungen vornehmen müssen, dann werden wir das tun. Das werden wir mit den Teams und der FIA abstimmen. Mit den jetzigen Produkten möchten wir auf jeden Fall auch in die Saison starten. Es müsste jetzt schon etwas sehr Großes passieren, dass da noch Handlungsbedarf bestünde. Diese Möglichkeit sehe ich im Moment aber nicht."

"Im Prinzip steht die Zuordnung der Mischungen bereits fest. Wir haben aber eine gewisse Flexibilität, was die bisherigen Ergebnisse anbelangt. Die Mischungen an sich sind bereits fix, was die Auswahl anbelangt. Wir wissen mehr oder weniger, welchen Weg wir jeweils einschlagen wollen. Wenn aufgrund der jüngsten Resultate noch kurzfristig etwas geändert werden muss, dann werden wir das tun."


Fotos: Testfahrten in Valencia


Reifen-Konstruktionen sind rennbereit

Während bei den Mischungen noch im Detail gefeilt wird, sind die Konstruktionen der Reifen bereits fix und fertig. "Ja. Das ist alles bereits festgelegt und rennbereit", bestätigt Hembery. "Es ist vollkommen klar: Wenn man seinen Forschern und Entwicklern weitere sechs Monate Zeit gibt, dann werden sie dir eine andere Lösung vorsetzen. Sie sind einfach Perfektionisten."

"Wir haben auch viele Ideen aufgeschnappt, die wir gerne weiterverfolgt hätten, wenn wir nur mehr Zeit gehabt hätten. An einem gewissen Punkt musst du dich aber halt einmal festlegen und deine Konstruktionen fixieren. Das ist aber ein Teil unseres Entwicklungsprogramms, das parallel zur Formel-1-Saison abgehalten wird. Wir werden damit fortfahren, unser Produkt zu entwickeln. Wir haben schon ein paar gute Ideen."

Wie in den vergangenen Jahren sollen die weiche und die harte Reifenmischung optisch gekennzeichnet sein, damit sie deutlich zu unterscheiden sind. Pirelli hat sich hierbei noch nicht endgültig festgelegt. "Darüber reden wir noch mit den Marketing-Leuten. Es wird aber etwas geben, was sichtbar und erkennbar sein wird."

Kennzeichnung der weichen Mischung noch unklar

Eine besondere Aufmerksamkeit kommt dem Fernsehen zu, denn schließlich sollen sich die Zuschauer an den weltweiten TV-Schirmen auskennen. "Das müssen wir klären, wenn wir die Fahrtbilder sehen. Wie man sich sicher vorstellen kann, sind die Möglichkeiten beim Testen in dieser Hinsicht schier unbegrenzt", so Hembery. "Wir hoffen jedenfalls darauf, dass unsere Markierungen sehr einleuchtend sein werden."

Es wird also noch weiter experimentiert. "Genau das haben wir gemacht. Das war Gegenstand bei einigen unserer Tests. Wir führten auch verschiedene Erprobungen in unserer Fabrik durch, indem wir die Reifen drehten. Wir schauten uns auch unterschiedliche Lichteinfälle an und dergleichen. So einfach ist das aber halt nicht."

Vorrangig geht es an den drei Tagen in Valencia aber nicht um die Markierungen. Die Teams sollen ausgiebig fahren und die Feinheiten des neuen Reifenpartners kennen lernen. "Jedem Team stehen hier 20 Reifensätze zur Verfügung. Am Montag war es noch recht kühl, am Dienstag hatten wir immerhin 20 Grad Asphalttemperatur. Das sind fast schon normale Bedingungen."

Niedrige Asphalttemperatur ein Problem

"Kühlere Temperaturen sind recht schwierig für die Pneumischungen. Im Verlauf der Saison werden wir nämlich kaum zehn Grad Asphalttemperatur haben, sondern meistens mindestens 20 Grad oder dergleichen. Die Teams begannen daher erst am Nachmittag damit, die weicheren Reifen aufzuziehen. Sie zeigen natürlich großes Interesse an unseren Pneus und wollen herausfinden, wie die Reifen mit ihren Fahrzeugen harmonieren."

Die Reifentests in Abu Dhabi fanden bei recht hohen Temperaturen statt und auch die Rennen werden bei ähnlichen Verhältnissen ausgetragen. Wie schwierig ist es in diesem Zusammenhang, drei Testsessions bei vergleichsweise kühlen Bedingungen abzuhalten? "Angesichts der Temperaturen vom Montag hatte ich schier das Gefühl, wir würden uns auf die Rallye Monte Carlo vorbereiten. Das war kurios."

"Aus der Sicht des Reifenherstellers wird sich vermutlich erst in Bahrain ein repräsentatives Bild ergeben. Es geht ja nicht nur um uns, sondern vorrangig um die Teams. Sie wollen ihre Arbeit hier in Europa erledigen. Es kommt ganz darauf an, wie das Wetter in Barcelona sein wird. Das könnte ein interessanter Test für uns werden. Bahrain wird vermutlich die erste Probesession sein, bei der wir aussagekräftige Rückschlüsse ziehen können."