• 06.09.2008 21:11

  • von Dieter Rencken

Heidfeld: "Will 2009 bei BMW dabei sein"

Nick Heidfeld nach dem Qualifying in Spa-Francorchamps über sein Comeback an der Spitze, seine Hoffnungen für 2009 und charakterbildende Zeiten

(Motorsport-Total.com) - Mit dem fünften Startplatz beim Grand Prix von Belgien meldete sich Nick Heidfeld heute nach einigen schwierigen Wochen eindrucksvoll zurück. Der BMW Sauber F1 Team Pilot, der gegenwärtig um seine Zukunft bei den Münchnern fährt, scheint beim Monza-Test einen Trick gefunden zu haben, um die Reifen besser aufzuwärmen. Und siehe da: Prompt war er schneller als Stallgefährte Robert Kubica!

Titel-Bild zur News: Nick Heidfeld

Für Nick Heidfeld beginnt die Saison 2008 in Belgien wieder von vorne

Frage: "Nick, nach Valencia war das heute eine ordentliche Vorstellung!"
Nick Heidfeld: "Ich bin auch sehr zufrieden. Das Qualifying hat optimal funktioniert, P5 war das Maximum. Das ganze Wochenende hat es gut funktioniert: Gestern war es in Ordnung, heute Morgen bin ich die schnellste Zeit gefahren. Im Qualifying hatte ich keine großen Probleme. Besonders freut mich, dass wir hier die härteste Reifenmischung haben und extrem niedrige Temperaturen, keine Sonne. Da sollte ich eigentlich die größten Schwierigkeiten haben, die Reifen zum Arbeiten zu bekommen. Das, was ich in Monza - bei anderen Bedingungen auf einer anderen Strecke - gelernt habe, scheint den Ausschlag gegeben zu haben für die Performance hier."#w1#

Sieg im Stallduell gegen Kubica

Frage: "Und du hast deinen Teamkollegen geschlagen..."
Heidfeld: "Ja, seit langem mal wieder. Das ist natürlich ein schöner Nebeneffekt, weil er eine gute Benchmark ist."

"Das waren eigentlich nur Kleinigkeiten. Ich bin überrascht, dass die so einen großen Unterschied machen." Nick Heidfeld

Frage: "Was ist das genau, was du in Monza beim Testen gelernt hast?"
Heidfeld: "Ich hatte Anfang des Jahres schon mal ähnliche Probleme und habe dann beim Barcelona-Test einiges gelernt, in erster Linie in Beziehung auf das Setup. Nachdem ich in Valencia erkannt habe, dass das Problem noch immer nicht aussortiert ist, habe ich in Monza festgestellt, dass es ein paar Dinge gibt, die ich selbst aussortieren kann - bezüglich meines Fahrstils und bezüglich der Ausnutzung der Reifen. Das waren eigentlich nur Kleinigkeiten. Ich bin überrascht, dass die so einen großen Unterschied machen, aber offensichtlich ist es der Fall."

Frage: "Nach dem Rennen in Valencia hast du gesagt, dass ihr analysieren müsst, was los war. Was war also los?"
Heidfeld: "In Valencia war das zweite Qualifying noch gut, denn da war ich Dritter, ein Zehntel hinter der Bestzeit. Im dritten Qualifying lief es dann nicht mehr wie erwünscht. Im Nachhinein kann man sagen, da wären wir besser mit den weichen Reifen gefahren, aber wir waren mit den harten unterwegs, bei denen das Aufwärmen offensichtlich ein bisschen schlechter ist. Im Rennen waren die Rundenzeiten speziell in den ersten paar Runden sehr schlecht. Da habe ich das Rennen verloren. Danach hing ich nach dem Boxenstopp im Verkehr fest. Damit war es gelaufen, obwohl die Pace im zweiten Stint und noch viel mehr dann im dritten mit den weichen Reifen in Ordnung war."

Frage: "Du warst in Valencia immer mit leerem Tank sehr schnell, zum Beispiel in Q2. Hatte das einen Einfluss?"
Heidfeld: "Nein. Das ist auch ein Punkt, den ich mir überlegt habe, das scheint aber keine Rolle zu spielen."

Frage: "Kannst du präzisieren, was du seit dem Monza-Test anders machst?"
Heidfeld: "Nein, da möchte ich nicht näher ins Detail gehen."

Parallelen zu anderen Teams

Frage: "Glaubst du, dass es Zufall ist, dass du auf BMW, Kimi Räikkönen auf Ferrari und Heikki Kovalainen auf McLaren-Mercedes Probleme mit den Reifen haben?"
Heidfeld: "Es ist recht auffällig dieses Jahr, dass teamintern öfter mal einer sehr gut klarkommt und der andere schlecht. Phasenweise ist es sogar so, dass ein ganzes Team Probleme hat. Das ist dieses Jahr auffällig, obwohl die Reifen fast gleich sind wie in der letzten Saison. Die Konstruktion vorne ist ein bisschen anders, was vielleicht einen größeren Einfluss hat als man denkt, und der zweite große Unterschied ist, dass die elektronischen Systeme nicht mehr da sind. Das mag auch einen Unterschied machen."

"Es gibt kaum einen größeren Unterschied als den Wechsel von Rillenreifen auf Slicks." Nick Heidfeld

Frage: "Wird sich das nächstes Jahr mit den Slicks sehr ändern?"
Heidfeld: "Ja, davon gehe ich stark aus. Es gibt kaum einen größeren Unterschied als den Wechsel von Rillenreifen auf Slicks oder umgekehrt. Darauf bin ich gespannt."

Frage: "Du hast gesagt, P5 im Qualifying war das Maximum. Was ist morgen im Rennen drin?"
Heidfeld: "Unter normalen Umständen ist da auch der fünfte Platz das Maximum, weil McLaren und Ferrari das ganze Wochenende deutlich schneller waren. Heute haben wir uns ein bisschen rangekämpft, denn gestern war der Abstand noch deutlich größer. Heute in Q2, wo man die Performance am besten einschätzen kann, war der Abstand gar nicht so groß, aber im Rennen könnte das anders aussehen - außer es regnet oder ich habe einen phänomenalen Start. Unter normalen Umständen wird es wahrscheinlich beim fünften Platz bleiben."

Frage: "Was sagt eure Wettervorhersage?"
Heidfeld: "Es schwankt immer ein bisschen. Es heißt, dass es trocken bleiben soll, aber die letzten Vorhersagen sind so, dass es doch wieder eine höhere Chance für Regen gibt."

WM-Platz vier rückt in weite Ferne

Frage: "Wir befinden uns im letzten Saisondrittel. Was hast du dir für die letzten sechs Rennen vorgenommen?"
Heidfeld: "Das Ziel ist immer das Gleiche: das Maximum aus den Möglichkeiten herauszuholen. Hier ist das Ziel, das, was im Qualifying begonnen hat, fortzusetzen, die Reifen immer zum Arbeiten zu bekommen. Das ist mit Sicherheit ein Ziel. Und ich habe vor ein paar Rennen gesagt, ich möchte auf den vierten Platz fahren in der Weltmeisterschaft, weil das Auto besser ist als 2007, als ich Fünfter wurde. Also möchte ich mich um einen Platz verbessern. Aber dieses Ziel ist etwas weggerückt, weil McLaren derzeit ein sehr starkes Auto hat. Kovalainen punktet auch öfter mal - ihn zu halten, das wird schwierig. Und Robert ist auch eine ganze Menge Punkte weg. Das wird also wahrscheinlich nichts, aber das Hauptziel ist wie gesagt, immer das Maximum aus dem Auto herauszuholen. Alles andere ergibt sich."

"Was in der Presse steht, ist mir egal." Nick Heidfeld

Frage: "Inwiefern waren die Kommentare des Teams, wonach du dich steigern musst, ein Weckruf?"
Heidfeld: "Überhaupt nicht. Wir reden ja schon seit langem über das Problem - und was in der Presse steht, ist mir egal. Wir reden von Angesicht zu Angesicht und ich weiß, dass es blöd klingt, aber den meisten Druck mache ich mir selbst. Als Sportler muss man hohe Ansprüche haben, daher bin ich nicht mit mir zufrieden. Der Rest wirkt sich nicht groß auf mich aus."

Frage: "Wie sicher schätzt du deinen Vertrag für nächstes Jahr ein?"
Heidfeld: "Darauf kann ich nicht antworten, weil ich nicht über meine Vertragssituation sprechen darf. Ich bin aber recht zuversichtlich. Mehr kann ich nicht sagen."

Frage: "Du willst definitiv bleiben?"
Heidfeld: "Ja, ganz klar. Ich bin schon eine Weile im Team und wir haben bisher alle Ziele erreicht, die wir uns vor Jahren gesteckt haben. Das finde ich beeindruckend. Das Ziel für nächstes Jahr ist, um den WM-Titel zu kämpfen. Da will ich dabei sein."

Spa-Francorchamps ein wichtiger Wendepunkt?

Frage: "Hast du das Gefühl, dass du hier und in Monza gut aussehen musst, um deine Chancen für die Zukunft zu erhöhen?"
Heidfeld: "Ich denke, es war wichtig, hier ein gutes Qualifying zu zeigen - speziell nach dem Valencia-Rennen, das sehr schwach war. Nach den Problemen am Saisonbeginn hatte ich das Gefühl, ich sei über den Berg, aber dann kam das wieder und die Leute stürzten sich sofort auf das Thema und ich sagte auch noch, dass jetzt die alten Probleme wieder da sind. Dabei hatte ich mich ja schon stark verbessert. Insofern war es wichtig, dass ich hier zeigen konnte, dass es in die richtige Richtung geht. Ich habe jetzt mehr gefunden als vor Valencia."

"Ich will jetzt nicht mehr über nächstes Jahr sprechen." Nick Heidfeld

Frage: "Hast du das Gefühl, dass du noch mehr zeigen musst, um das Team für nächstes Jahr zu überzeugen?"
Heidfeld: "Ich will jetzt nicht mehr über nächstes Jahr sprechen."

Frage: "Glaubst du, dass dir die schnellen Kurven hier dabei helfen, die Reifen auf Temperatur zu bekommen?"
Heidfeld: "Nein, das glaube ich nicht. Es war schwierig, die Reifen zum Arbeiten zu bringen. Einige Fahrer haben damit Probleme."

Frage: "Wie viel mehr musst du dieses Jahr im Vergleich zum Vorjahr arbeiten?"
Heidfeld: "Das ist ein Riesenunterschied. Im Vorjahr fiel uns alles in den Schoß, es lief einfach. Dieses Jahr muss ich viel mehr arbeiten. Ich muss mit den Ingenieuren arbeiten, zu Hause nachdenken und versuchen, mehr Testkilometer zu bekommen, etwa wie in Barcelona, als ich eigentlich nicht vorgesehen war. Ich muss viel mehr arbeiten, aber da muss man durch. Wenn das Resultat dann kommt, dann ist es umso schöner."

Frage: "Glaubst du, dass du die Reifenprobleme im Qualifying nun hundertprozentig im Griff hast?"
Heidfeld: "Ich habe ein gutes Gefühl, aber ich habe schon beim letzten Mal gesagt, als es mir so ging, dass ich die nächsten paar Rennen abwarten möchte. Die Saisonmitte, wo ich mich verbessern konnte, das war ein guter Indikator. Hier, bei diesen Bedingungen, das ist ein weiterer Indikator, dass es viel besser werden sollte."

Erstmals in einer solchen Situation

Frage: "Du bist schon eine ganze Weile in der Formel 1. Warst du schon einmal in einer vergleichbaren Situation?"
Heidfeld: "Nein."

"Vom Druck her war ich schon in schlimmeren Situationen." Nick Heidfeld

Frage: "Also ist es eine komplett neue Erfahrung für dich?"
Heidfeld: "Vom Druck her war ich schon in schlimmeren Situationen, denn ich wusste manchmal nicht, was ich nächstes Jahr mache. Danach fuhr ich für Jordan und Williams. Damals waren meine Leistungen okay, aber jetzt habe ich größere Schwierigkeiten als je zuvor in meiner Karriere, die Serien vor der Formel 1 eingerechnet. Den Vergleich mit meinen Teamkollegen in der Formel 1 habe ich fast immer gewonnen, aber so viele Probleme wie diese Saison hatte ich noch nie. Das ist nicht schön, aber es zeigt auch, dass diese Situation für mich nicht normal ist. Ich denke, ich habe hier den Vorteil vieler Jahre in der Formel 1, weil das Team genau weiß, was ich kann. Das ist nicht das Schlechteste."

Frage: "Wie frustrierend ist es für einen Fahrer, dass ein Auto plötzlich nicht mehr zum Fahrstil passt, wenn sich eine Kleinigkeit ändert?"
Heidfeld: "Diese Frage wurde mir schon einmal gestellt, aber ich bin nie frustriert. Das ist das falsche Wort für mich. Es ist eine Situation, die man nicht mag, aber man versucht halt, die Probleme zu lösen. Frustration bedeutet für mich, dass man sich zurücklehnt und gehen lässt, sich aufgibt. So sehe ich das nicht. Ich bin immer noch sehr motiviert und möchte die Sache hinkriegen."

Frage: "Hast du das Gefühl, dass du ein besserer Rennfahrer sein wirst, wenn diese Sache überstanden ist?"
Heidfeld: "Ich denke, dass es mir helfen kann, wenn ich in Zukunft wieder einmal in eine solche Situation gerate. Dann könnte es was bringen, aber ob ich so ein besserer Rennfahrer werde? Ich glaube nicht. Ich glaube, ich habe genug Erfahrung in der Formel 1. Ich hatte in meiner Karriere schon genug Druck, daher kann ich jetzt in dieser Hinsicht nicht mehr groß was dazulernen."