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  • 12.04.2007 15:30

  • von Britta Weddige

Heidfeld: "Hoffe auf die Top 6 in der Fahrer-WM"

Nick Heidfeld ist nach dem starken Saisonauftakt zuversichtlich, aber nicht euphorisch - Abtrieb der vielleicht stärkste Punkt des F1.07

(Motorsport-Total.com) - Im Jahr eins nach Michael Schumacher scheint sich Nick Heidfeld als neuer deutscher Topfahrer zu etablieren - zumindest meldete er mit zwei vierten Plätzen in den ersten beiden Rennen schon mal Ambitionen in diese Richtung an. Entsprechend groß ist das Interesse an seinen Mediengesprächen wie dem heutigen in Bahrain.

Titel-Bild zur News: Nick Heidfeld

Nick Heidfeld möchte 2007 Platz drei in der Konstrukteurs-WM festigen

Frage: "Wie war es im Rennen in Malaysia, als du plötzlich den Ferrari von Felipe Massa hinter dir hattest? Hättest du da am liebsten die Spiegel abmontiert?"
Heidfeld: "Nein, die waren schon recht wichtig, auch wenn ich sie weniger benutzen musste als gedacht. Ich habe gesehen, wie stark er Hamilton attackiert hat. Als er hinter mich zurückgefallen ist, habe ich gedacht, dass er mich einfach aufschnupfen würde, aber dann habe ich gesehen, dass es nicht so war. Es war ein recht anstrengendes Rennen, weil er mir mehr oder weniger die ganze Zeit im Getriebe saß. Er war zum Glück nie nahe genug dran, um richtig einen Angriff zu starten, aber mit dem kleinsten Fehler wäre es wahrscheinlich vorbei gewesen."#w1#

Malaysia war ein befriedigendes Rennen

"Es war ein anstrengendes, aber ein sehr befriedigendes Rennen. Es hat unheimlich Spaß gemacht, Felipe im Ferrari hinter mir zu halten, zu versuchen, das Rennen zu lesen und im richtigen Moment das richtige zu tun. Beim ersten Boxenstopp habe ich gesehen, dass ich länger draußen blieb als er, was ich auch nicht erwartet hätte. Zu dem Zeitpunkt war mir klar: Wenn alles rund läuft, können wir den vierten Platz halten - vor dem für mich stärksten Auto in der Formel 1. Das war fantastisch!"

Frage: "Wie waren deine ersten Führungskilometer in diesem Jahr für dich?"
Heidfeld: "Nicht so spannend. Vor zwei Jahren war ich in meiner Karriere ja schon einmal in Führung, am Nürburgring. Aber man weiß ja, man kommt jetzt gleich rein - und dann fällt man wieder zurück. Das macht sich vielleicht schön für die Statistik, aber wenn man nicht am Ende des Rennens die Eins ist, ist das unerheblich."

Frage: "Du hast gesagt, du möchtest 2007 besser als vergangenes Jahr abschneiden. Hast du dein Saisonziel jetzt nach oben korrigiert?"
Heidfeld: "Besser als 2001 hatte ich gesagt, als ich Achter war in der WM. Es ist immer riskant, sich konkrete Ziele in Form von Positionen zu setzen, weil da so viel dazwischen kommen kann. Für mich ist nach wie vor das Entscheidende, dass ich nach jedem Rennwochenende sagen kann: Ich habe eine gute Leistung gebracht. Wenn ich es auf Positionen ummünzen müsste, würde ich mein Ziel im Moment nach oben schrauben und sagen, dass es hoffentlich die Top 6 werden in der Fahrer-WM - und als Team die Top 3. Vor ein paar Wochen oder Monaten wäre das ein sehr hohes Ziel gewesen, was man so nicht hätte raushauen sollen, aber wenn wir schon da sind im Moment, dann wollen wir natürlich auch da bleiben."

Frage: "Warst du nach den ersten beiden Rennwochenenden restlos zufrieden?"
Heidfeld: "Ja. Für mich schon, für das Team nicht, weil wir nicht mit beiden Autos die maximale Punktzahl rausgeholt haben. Renault ist nur zwei Punkte hinter uns, aber von der Performance her sollten die eigentlich weiter weg sein."

McLaren-Mercedes stärker als erwartet

Frage: "Nach Australien hat Mario Theissen gesagt, dass ihr knapp an McLaren-Mercedes dran seid, aber nach Malaysia sieht es wieder ein bisschen anders aus, nicht wahr?"
Heidfeld: "Ja. Sie haben sich ganz klar nach vorne entwickelt - mehr als von Mario, aber auch mehr als von mir erwartet. Ich dachte, dass Ferrari einen lockeren Doppelsieg feiern würde, auch ohne perfektes Rennen. Ich glaube nicht, dass wir hier in Bahrain zu ihnen aufschließen werden. Wir haben nicht viele neue Teile hier."

Frage: "Ihr seid drittbestes Team. Möchtest du dich weiter nach vorne orientieren oder seid ihr erstmal happy, diese Position für nächstes Jahr zu konsolidieren?"
Heidfeld: "Damit wäre ich zufrieden, ja. Das bedeutet aber nicht, dass wir uns zurücklehnen. Alle geben alles und wir hoffen natürlich, dass wir den Abstand zu Ferrari und McLaren verkürzen werden. Ob wir bisher die Erwartungen übertroffen haben oder nicht, ändert nichts an unserer Motivation, weiter nach vorne zu kommen."

Frage: "Du hast im Februar hier in Bahrain getestet. Welche Erkenntnisse konntest du da gewinnen?"
Heidfeld: "Ich freue mich auf das hiesige Rennen mehr als auf das Rennen in Malaysia, zumindest nach den Tests. Nach den Malaysia-Tests wusste ich, ich komme mit der Balance nicht zurecht, aber hier war ich eigentlich nach den sechs Tagen recht zufrieden mit der Balance - von Anfang an. Ich weiß also in etwa, dass mich etwas Positives erwartet. Ich kann ruhiger an die Sache herangehen."

Frage: "Wie viele Runden bist du an den sechs Tagen ungefähr gefahren?"
Heidfeld: "550 Runden ungefähr."

Frage: "Gestern hat es hier geregnet. Mit welchem Wetter rechnest du?"
Heidfeld: "Das Wetter war beim Test besser. Es war nicht so viel Sand unterwegs. Ich glaube aber, der Sand macht einen geringeren Unterschied als die meisten denken. Ich war schon mal mit Williams hier zum Testen. Die Strecke baut relativ schnell Grip auf."

Heidfeld erwartet Ferrari am stärksten

Frage: "Wie schätzt du das Kräfteverhältnis hier ein?"
Heidfeld: "Ich glaube, dass Ferrari das stärkste Team sein wird. McLaren war in Australien und auch im letzten Rennen schneller als wir - und wir haben nicht viele neue Teile hier. Ich wäre mit dem Platz als drittbestes Team zufrieden. Man weiß das aber nie so genau, denn nach Australien habe ich auch gesagt, dass Ferrari mit Abstand das beste Team ist, aber dann hat McLaren in Malaysia gewonnen - noch dazu mit Doppelsieg."

Frage: "Was sind die Pluspunkte eures Autos beziehungsweise in welchen Bereichen könnt ihr euch bis Barcelona noch verbessern, denn bis dahin ist ja ein knapper Monat Zeit?"
Heidfeld: "Minus ist nach wie vor die Standfestigkeit, auch wenn ich beide Rennen problemlos durchgekommen bin. Robert hatte beim ersten Rennen ein Kupplungsproblem mit dem Getriebe. Wir haben da große Schritte nach vorne gemacht, aber das hat einfach zu lange gedauert. Die Probleme hätten schneller gelöst werden können. Was die Performance des Autos angeht, bin ich eigentlich sehr zufrieden, wenn man bedenkt, woher wir kommen. Wir können und müssen uns überall verbessern, aber es gibt keinen Punkt, der wirklich heraussticht."

Frage: "Was ist das Stärkste an eurem Auto?"
Heidfeld: "Das sind reine Vermutungen, weil es schwierig zu wissen ist, wie es bei den anderen aussieht, aber ich denke, wir haben einen guten Abtrieb mit diesem Auto. Die Aerodynamik ist dahingehend gut. Die Effizienz könnte man vielleicht noch verbessern, aber daran arbeiten wir schon. Das war in Malaysia im Vergleich zum ersten Rennen und zu den Tests davor ein guter Fortschritt. Aber was die Downforce insgesamt angeht, stehen wir gut da, glaube ich."

Frage: "Wie sicher seid ihr euch inzwischen mit den Reifen? Da gab es ja auch mal die Taktik, mit unterschiedlichen Reifen zu starten..."
Heidfeld: "Das lag nicht nur alleine an den Reifen, sondern das hängt auch mit dem Safety-Car zusammen. Da muss man von Strecke zu Strecke ein bisschen abwägen. Im Grunde genommen kommen wir mit den Reifen ganz gut zurecht, wenn man das mit den anderen Ex-Michelin-Teams vergleicht, denke ich. Wir haben mit Sicherheit noch nicht alles verstanden und haben noch einiges zu lernen, aber ich glaube, das Team hat über den Winter die richtigen Schritte eingeleitet, um von Anfang an mit den Reifen zurechtzukommen. Wenn man das jetzt nicht tut oder wenn man glaubt, man kommt nicht richtig zurecht, dann wird es schwierig. Es gibt ein paar Teams, die kommen noch nicht damit zurecht - und jetzt das Auto noch umzubauen, ohne sich sicher zu sein, ob man die Reifen versteht, ist glaube ich eine schlechte Situation. In der befinden wir uns nicht."

Erster Sieg noch in weiter Ferne

Frage: "Wie hoch schätzt du denn die Wahrscheinlichkeit ein, dass die Fans in diesem Jahr mal die deutsche Hymne hören werden?"
Heidfeld: "Ich glaube, davon sind wir noch ein ganzes Stück entfernt. Da müssen noch ein paar andere Teams mitspielen, um da hinzukommen. Wir sind das drittstärkste Team. Wenn man das hochrechnet, sind das die Positionen fünf und sechs. Im letzten Jahr waren wir Fünfter der Teamwertung und wir sind zweimal auf das Podium gekommen. Das sagt eigentlich alles. Es kann schon passieren, aber unter normalen Umständen müssen wir erst einmal schauen, dass wir ein Podium rausfahren. Das war unser Ziel für dieses Jahr. Wir sind recht nah dran, aber bis jetzt haben wir zwei vierte Plätze."

Frage: "Was sagst du dazu, dass viele überrascht sind, dass du Robert Kubica kontrollierst? Du hast ja schon im Vorjahr die Dinge immer etwas anders interpretiert..."
Heidfeld: "Wie ich immer schon gesagt habe: Das ist etwas Normales, wenn ein Newcomer kommt, dass er immer hochgehalten wird. Ich habe ihn letztes Jahr im Quali mit 5:1 besiegt, aber das erste Quali hat er leider gewonnen. Das bleibt halt in den Köpfen der Leute hängen. Ich bin im Moment zufrieden mit meinem Job. Robert ist ein starker Teamkollege, der mir mit Sicherheit dieses Jahr noch das eine oder andere Mal zu nahe kommen wird - zumindest aus meiner Sicht. Aber ich gebe alles."

Frage: "Habt ihr euch über eure Berührung in Malaysia mal in Ruhe unterhalten?"
Heidfeld: "Ja, haben wir. Privatsache."

Frage: "Wie verstehst du dich mit Robert Kubica? Ist es eine gesunde Rivalität, entwickelt ihr das Auto gemeinsam weiter?"
Heidfeld: "Wir haben ein sehr gutes Verhältnis, auch wenn letztes Jahr manchmal in den Medien zu lesen war, dass dem nicht so sei. Das stimmt nicht. Wir kommen sehr gut miteinander aus - wenn auch mehr abseits als auf der Strecke, denn auf der Strecke fighten wir gegeneinander. Wir haben viel Spaß miteinander. In Malaysia haben wir viele PR-Termine gemeinsam gemacht. Das war nett."

Frage: "Viele haben damit gerechnet, dass Robert Kubica schneller sein würde als du. Hast du über den Winter etwas geändert oder fühlst du dich im Team jetzt wohler?"
Heidfeld: "Nein. Ich bin genauso selbstbewusst wie im Vorjahr. Ich habe nichts geändert - im letzten Jahr vielleicht ein bisschen, aber nicht wegen Robert, sondern wegen des Teams. In den kleinen Teams musste ich oft viel Mühe dafür aufbringen, die Entwicklung anzutreiben, aber das muss ich jetzt nicht mehr, denn die Dinge kommen von selbst. Wir haben mehr Leute und mehr Geld, daher kann ich mich mehr auf das konzentrieren, was für mich wichtig ist - zum Beispiel das Fahren, das Setup und das körperliche Training."

Heidfeld gegenüber 2006 nicht verändert

Frage: "Passt das Auto besser zu deinem Fahrstil als im Vorjahr? Oder die Reifen?"
Heidfeld: "Nein, ich denke nicht. Meine Leistungen waren doch im Vorjahr auch gut!"

Frage: "Gibt es denn in Sachen 2008 ein Zeitlimit für dich, wo du sagst, bis zu dem Datum möchtest du Gewissheit haben?"
Heidfeld: "Nein, ich habe mir da bis jetzt kein spezifisches Datum ausgemalt. Es ist noch sehr früh in der Saison, wir haben noch viel Zeit."

Frage: "Woher kommen die Gerüchte, die dich mit anderen Teams in Verbindung bringen und durch die bekannt wurde, dass du für 2008 kein sicheres Cockpit im BMW Sauber F1 Team hast?"
Heidfeld: "Wahrscheinlich weil Michael (Schumacher; Anm. d. Red.) nicht mehr da ist..."

Frage: "Fühlst du dich dadurch unter Druck gesetzt, dass jetzt alle mehr auf die anderen Deutschen schauen, seit Michael Schumacher nicht mehr da ist?"
Heidfeld: "Das ist zwar der Fall, aber ich fühle mich dadurch nicht unter Druck gesetzt. Die Aufmerksamkeit macht mir nichts aus."

Frage: "Lewis Hamilton ist derzeit das große Thema, aber viele gefeierte Neulinge haben die Erwartungen nicht erfüllt - Jenson Button zum Beispiel. Was sagst du zu diesem Thema?"
Heidfeld: "90 Prozent aller Neulinge waren zukünftige Weltmeister, als sie gekommen sind. Man muss einfach abwarten, was passiert. Lewis macht einen wirklich guten Job, speziell beim letzten Rennen, als er unter Druck von den beiden Ferraris keinen Fehler gemacht hat. Andererseits muss man auch sehen, dass Alonso recht locker schneller war. Er ist zweifacher Weltmeister und ein wirklich guter Fahrer. Lewis hat einen guten Job gemacht, aber die Leute scheinen zu vergessen, wer in der Weltmeisterschaft in Führung liegt."