• 11.06.2007 03:18

  • von Inga Stracke

Heidfeld: "Das hatten wir nicht erwartet"

Der BMW Sauber F1 Team Fahrer über eine unerwartete starke Leistung und das Wechselbad der Gefühle nach dem Unfall von Robert Kubica

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Nick, als Dritter qualifiziert, als Zweiter im Ziel. Es war ein fantastischer Tag für dich, nicht wahr?"
Nick Heidfeld: "Ja, es war großartig, besonders der Start war speziell. Ich hatte einen tollen Start und konnte Fernando (Alonso) einfach überholen. Ich war direkt hinter Lewis (Hamilton) und wollte nach innen, aber er warf die Tür zu. Ich sah, dass Fernando wohl etwas zu viel wollte und von der Strecke abkam. Und später kam das Safety Car. Da hatte ich kein Pech, aber ich verlor Zeit. Doch das Team hat toll gearbeitet. Es war schön zu hören, dass Robert (Kubica) in Ordnung ist. Es war schwierig, an Informationen zu kommen. Man konnte nur das Auto auf der Seite liegen sehen."

Titel-Bild zur News: Nick Heidfeld

Nick Heidfeld hatte mit einem zweiten Rang nicht gerechnet

Frage: "Die Bedingungen waren heute auch nicht einfach. Wie war es mit dem vielen Reifenabrieb neben der Ideallinie?"
Heidfeld: "Nun, ich glaube nicht, dass es akzeptabel ist, dass hier so viel Reibenabrieb liegt. Ich bezweifel auch, dass es nur der Gummi ist. Das hatten wir gestern auch schon. Fernando verlor deswegen wohl die Pole Position. In den Vorjahren war es auch schon einige Male so. Wir sind die Besten der Welt und wir sollten auf der Ideallinie fahren können, aber wir reden hier von Zentimetern. Wenn man nur einen halben Meter abkommt, verliert man sehr viel Zeit oder hat sogar einen Unfall."#w1#

Frage: "Nach den vielen vierten Plätzen tut der Podestplatz wahrscheinlich richtig gut."
Heidfeld: "Ja, natürlich. Wir hofften auf einen Podestplatz, dachten aber an Rang drei. Den zweiten Platz hatten wir nicht erwartet. Aber wichtiger ist, dass ich auch unter normalen Umständen eine Chance auf Platz zwei gehabt hätte, also auch ohne die Safety-Car-Phasen und die Strafe für Fernando. Ich zog ihm ja schon weg. Ich hatte schon einen Vorsprung, nach dem Stopp hätte ich ihn noch immer gehabt. Das war unerwartet."

"Bis fast zum Rennbeginn wussten wir nicht, wie stark wir sein würden, denn wir hatten am Wochenende einfach so viele Probleme. Als ich dann gesehen habe, welches Tempo ich gehen konnte, sprach ich mit dem Team und sie bestätigten, dass es wirklich gut aussah. Sie sagten, dass wir eine gute Chance auf den zweiten Rang hätten. Bei den Neustarts wurde ich auch immer besser, aber ich orientierte mich dabei nicht immer nur nach vorn, sondern achtete auch auf Fernando neben mir."

Frage: "Er hat es ja einige Male versucht."
Heidfeld: "Das war nicht wirklich ernst, aber er geht sehr aggressiv mit den Reifen um. Beim Neustart mit den harten Reifen erwartete ich ihn stark. Ich wusste also, was auf mich zukommt."

Gegen Ende wurde es noch eng

Frage: "Alex Wurz hat gegen Ende zu dir aufgeschlossen. Hattest du das unter Kontrolle?"
Heidfeld: "Ja und nein. Wenn es noch etwas länger gedauert hätte, wäre es wohl schwierig geworden. Es wäre auf die Reifen angekommen. Alex fuhr schon länger auf den superweichen Reifen, er hatte das Graining schon überwunden, ich war da gerade mittendrin. Ich hatte schon zurückgesteckt, die Drehzahl reduziert. Dann schraubte ich sie wieder hoch, denn das Fahren war sehr schwierig. Es ging sich aber aus."

Frage: "Insgesamt bist du also sehr überrascht, im Rennen so schnell gewesen zu sein?"
Heidfeld: "Ja, der zweite Platz ist eine Sache, die andere Sache ist der Speed unseres Autos. Wir hatten zwar extrem oft das Safety Car und einige, von denen man das nicht erwartet hätte, sind vielleicht weiter vorn gelandet. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass ich heute den zweiten Rang auch unter normalen Umständen hätte herausfahren können."

Frage: "Es sah zeitweise sogar so aus, als hättest du Siegchancen."
Heidfeld: "Mit den ganzen Safety Cars besteht immer eine kleine Möglichkeit, da vorne auch den Lewis zu schnappen. Das Blöde ist, dass die Gegengerade extrem lang ist. Da kann man sich vielleicht ansaugen, aber in der ersten Kurve nach Start/Ziel ist das schwierig."

Frage: "Warst du mit dem Auto, also den mechanischen Komponenten, Getriebe, Bremsen, dem Grip vollends zufrieden?"
Heidfeld: "Es lief alles gut, perfekt ist es ja nie. Aber ich war zufrieden. Das größte Problem kam am Ende auf den superweichen Reifen. Da kam Alex wieder näher, er hatte nur einen Stopp und hatte die schlimme Phase der Reifen schon hinter sich."

Zuversicht für Indianapolis

Frage: "War das, wenn man Qualifying und Rennen zusammen nimmt, das vielleicht das beste Formel-1-Wochenende deiner Karriere?"
Heidfeld: "Das ist immer unheimlich schwierig einzuschätzen, speziell so kurz nach dem Rennen. Aber es gehört mit Sicherheit zu den besten Rennen, vor allem weil es bis zum Qualifying schlecht aussah. Wir hatten gehofft, dass wir zumindest einen Ferrari schlagen können. Es war überraschend, dass dann nur ein Auto schneller war. Das stimmt mich zuversichtlich für die kommenden Rennen."

Frage: "Hast du während des Rennens schon Informationen über Robert bekommen?"
Heidfeld: "Ich fragte das Team danach, als der Unfall passierte, denn ich sah sein Auto auf der Seite liegen. Ich sah auf den Leinwänden auch, dass meine Jungs im Team die Hände über den Köpfen zusammenwarfen, und wusste, dass etwas Ernstes passiert war. Sie sagten mir, dass sie nichts sehen konnten, mit mit Robert konnten sie auch nicht reden."

"Es gab lange Zeit keine Informationen. Später, während einer der anderen Safety-Car-Phasen erklärten sie mir, dass es ganz gut aussieht. Es war ein unschöner Moment, im Auto zu sitzen, wenn man weiß, dass ein Freund und Teamkollege einen größeren Unfall hatte. Es hat ja etliche Runden gedauert, bis die Entwarnung kam."

Frage: "Sind die vielen Zwischenfälle heute ein Zeichen dafür, dass auf dieser Strecke etwas für die Sicherheit der Fahrer getan werden sollte?"
Heidfeld: "Wir wollen die Kurse immer verbessern und diese Piste ist sicher nicht die beste, aber ich empfinde den Schmutz neben der Linie als dramatischer. Ich bezweifel auch, dass es sich dabei nur um Gummi handelt. Ich vermute, dass der Kurs wieder aufbrach, speziell in Kurve zehn. Das sollte für das nächste Jahr gelöst werden, das wäre schon ein großer Schritt."

Sicherheit steht über allem

Frage: "Wenn man sich ansieht, mit welcher Wucht der Unfall von Kubica ablief, dann spricht es für die Sicherheit der Autos, dass ihm so wenig passiert ist. Fühlt man sicher in diesen Autos, auch mit dem Wissen, dass man so etwas überstehen kann?"
Heidfeld: "Es kann nie sicher genug sein. Wir hatten viel Glück, dass wir in den vergangenen Jahren keine schweren Unfälle gehabt haben, denn wir fahren ja mit 300 km/h Rad an Rad, da kann alles passieren. Es ist fantastisch, wie sehr sich die Sicherheit der Autos verbessert hat. In fast jedem Jahr werden die Bestimmungen härter. Ich bin nicht besorgt, aber wir sollten so weitermachen. Auch die Kurse wurden in den Vorjahren immer sicherer. Ich hoffe, das bleibt auch mit den kommenden Stadtrennen so."

Frage: "Aber hat der Unfall von Robert nicht auch gezeigt, dass die Formel 1 noch immer lebensgefährlich ist?"
Heidfeld: "Ja, aber wer das bezweifelt, der kennt sich in meinen Augen in der Formel 1 und im Motorsport nicht aus. Es ist in den vergangenen Jahren glücklicherweise recht wenig passiert, aber man darf auch nicht nur auf die Formel 1 gucken. Es gibt auch andere Rennserien, und da ist es leider immer noch der Fall, dass da etwas passieren kann."

Frage: "Du hast ja bereits Liebesgrüße nach Hause geschickt. Wie sehr fehlen dir deine zwei Frauen?"
Heidfeld: "Ja, sehr. Ich bin jetzt insgesamt über zwei Wochen weg. Es ist sowieso schon immer schwierig, weg zu sein. Aber mit einer Freundin, die schwanger ist, und mit einer kleinen Tochter, die bald zwei Jahre alt wird, ist jeder Tag, den man von Zuhause weg ist, schwierig."