Head: "Nicht gerade meine Bettlektüre..."

Patrick Head hat seine liebe Mühe mit der Kostenbeschränkung innerhalb der Formel 1 und verrät eine seltene Gabe Rubens Barrichellos

(Motorsport-Total.com) - Das von der Teamvereinigung FOTA ins Leben gerufene Resource-Restriction-Agreement (RRA) verkörpert von der Idee her eine Art freiwillige Selbstbeschränkung der Rennställe. Nachdem die Budgets innerhalb der Königsklasse in den vergangenen Jahren teilweise utopische Ausmaße angenommen hatten, einigten sich die Teams auf die viel zitierte Vereinbarung.

Titel-Bild zur News: Patrick Head (Teammitbesitzer)

Durch die Blume übt Patrick Head Kritik an der Kostenvereinbarung der Teams

Als problematisch hat sich allerdings herausgestellt, dass keine absoluten Werte für die Anzahl Mitarbeiter, die zu verwendenden Ressourcen, geschweige denn für das Budget vereinbart wurden. Stattdessen orientieren sich die festgesetzten Grenzen am Engagement der einzelnen Teams in der Vergangenheit.

Selbst für Insider wie Williams-Urgestein Patrick Head ist die Vereinbarung schwer verständlich, wie er im Rahmen der internetbasierten TV-Show 'The Flying Lap' offenbart. "Das Resource-Restriction-Agreement ist eine komplizierte Angelegenheit. Ich muss zugeben, dass es nicht gerade meine Bettlektüre ist.", gesteht Head.

"Unser Budget ist verglichen mit 1992 dreieinhalb- bis viermal so hoch." Patrick Head

Für den Briten besteht kein Zweifel, dass jedes Team versucht, innerhalb des Wortlauts der Vereinbarung das Maximale herauszuholen. Die teilweise schwammigen Formulierungen ohne konkrete Zahlen machen eine Kontrolle des Ganzen allerdings umso schwieriger. Dabei wäre eine Beschränkung durchaus angebracht. "Unser gegenwärtiges Budget ist verglichen mit 1992 sicher dreieinhalb- bis viermal so hoch", verrät Head, der allerdings darauf verweist, dass man auch den Wert des Geldes berücksichtigen müsse.

Red-Bull-Auspuff wird weitere Nachahmer finden

Welche Summe tatsächlich in die Entwicklung des aktuellen Williams-Cosworth FW33 geflossen ist, will der 64-Jährige natürlich nicht verraten. Einige Details des Wagens gibt er dennoch preis, so zum Beispiel mit Blick auf das extrem schlanke Heck des Boliden. "Nach dem Verbot des Doppeldiffusors haben wir uns darauf konzentriert, den oberen Luftstrom maximal zu nutzen." Die Williams-Lösung, die den unteren Bereich des Heckflügels nun deutlich besser anströmen lässt als in der Vergangenheit, ist von der Konkurrenz bereits mehrfach bestaunt worden.

In einem anderen Punkt sieht der Brite hingegen die Gegner, speziell Renault, derzeit im Vorteil: "Die Auspuffführung des Renaults ist ein fundamentaler Bestandteil der Gesamtkonzeption dieses Fahrzeugs. Das lässt sich nicht so ohne weiteres auf die Schnelle nachbauen." Ziel der Lösung ist es ebenfalls, mit dem in diesem Jahr vorgeschriebenen einfachen Diffusor soviel Abtrieb wie möglich zu generieren, indem die Auspuffgase als Luftstrom entlang des Unterbodens genutzt werden.

Der ehemalige Technische Direktor des Williams-Teams kann sich allerdings vorstellen, dass in naher Zukunft der eine oder andere Rennstall mit einer abgewandelten Variante der Red-Bull-Auspuffführung aufwarten wird. "Red Bull ist einen etwas anderen Weg gegangen und Ferrari hat offenbar versucht, diese Lösung auf die Schnelle nachzubauen. So etwas werden wir in den kommenden Monaten auch bei anderen Teams sehen", ist Head überzeugt.

Barrichello mit seltener Gabe

Auf Fahrerseite sieht der Brite den Rennstall aus Grove ohnehin gut aufgestellt. Mit Rubens Barrichello weiß man nicht nur den routiniertesten Piloten im Formel-1-Feld in den eigenen Reihen, sondern zudem einen sehr schnellen, wie Head anmerkt:

Patrick Head (Teammitbesitzer), Rubens Barrichello

Patrick Head spricht in den höchsten Tönen von Rubens Barrichello Zoom

"Rubens ist sehr erfahren. Er gehört zu denjenigen Fahrern, die beim Testen jeweils noch einen Schritt weiter gehen können und auch im Qualifying gelingt es ihm beinahe jedesmal, noch ein Quäntchen mehr herauszuholen. Man darf nicht vergessen, dass es gerade einmal zwei Jahre her ist, dass er zwei Grands Prix hat gewinnen können. Er hat definitiv nach wie vor das Zeug, um Siege mitzufahren. Es liegt an uns, ihm das entsprechende Auto hinzustellen."

Zudem verfügt der Brasilianer über die seltene Gabe, wahlweise mit dem rechten wie mit dem linken Fuß bremsen zu können. Der vordere Cockpit-Bereich im FW33 ist nach Aussage Heads speziell darauf abgestimmt worden: "Das Fahrzeug ist so konzipiert, dass Rubens die Bremse sowohl mit dem linken als auch mit dem rechten Fuß betätigen kann." An einzelnen Streckenteilen unterscheidet Barrichello demnach, mit welchem seiner beiden Füße er lieber bremst - ein bemerkenswerter Unterschied zum Verhalten der meisten seiner Kollegen, die sich in der Regel über Jahre hinweg auf einen Bremsfuß eingeschossen haben. Bei Vertretern der Kart-Generation ist dies naturgemäß der Linke.