• 23.04.2006 20:33

Haug: Sanfte Kritik an Räikkönen, Lob für Montoya

Mercedes-Sportchef Norbert Haug über die erfreulichen Folgen seiner Aussprache mit Montoya und die Leistung der "Silberpfeile" in Imola

(Motorsport-Total.com) - Mercedes-Sportchef Norbert Haug packte in den vergangenen Wochen nicht immer seine Samthandschuhe aus, wenn es um Juan-Pablo Montoya ging, sondern nahm auch schon mal die Peitsche in die Hand - doch nach dem heutigen dritten Platz des Kolumbianers in Imola scheint die Harmonie bei den "Silberpfeilen" zumindest vorerst wiederhergestellt zu sein.

Titel-Bild zur News: Norbert Haug

Mercedes-Sportchef Norbert Haug sieht die "Silberpfeile" auf dem richtigen Weg

Speziell nach dem Grand Prix von Australien hatte es ja Wirbel in Woking und Stuttgart gegeben, weil Montoya unverblümt dem Team die Schuld für sein eigenes Versagen gab und damit einigen auf die Zehen getreten sein dürfte. Diese Kommentare blieben natürlich nicht ohne Folgen, auch wenn Haug und Teamchef Ron Dennis medial keinen großen Wirbel darum machten. Hinter den Kulissen hat es aber sehr wohl eine Aussprache gegeben.#w1#

Montoya wurde vom Team gerüffelt

"Wir haben uns intern zusammengesetzt, denn er war nach dem letzten Rennen ein bisschen hitzköpfig und hat sich öffentlich über das Team beschwert", gab Haug heute im Interview mit unseren Kollegen von 'Premiere' zu Protokoll. "Da haben wir ihm natürlich den Rost runtergemacht, wie der Schwabe so schön sagt. Ron und ich können uns da schon auch mal entsprechend in Szene setzen. Das macht man aber intern."

Doch bei allen Spannungen der vergangenen Wochen verteilte der Deutsche diesmal Lob an seine Nummer zwei: "Er ist ein guter Junge - und auf dem Podium lächelt es sich halt leichter als daneben! Er hat sich im Ersatzauto wacker geschlagen und war hier sicherlich einer der eindrucksvollen Fahrer", so Haug. Beleg dafür: Als Montoya nach dem Rennen ins silberne Motorhome kam, gab es spontanen Beifall.

Auch sonst ist der Mercedes-Sportchef nicht unzufrieden mit dem bisherigen Saisonverlauf: "Wir werden und müssen noch weiter zulegen, aber wir haben die totale Zuverlässigkeit, wenn ich die Crashs abziehe. Danke an die Truppe dafür! Wir sind das Team mit den meisten Zielankünften und waren - mit Ausnahme von Kimis (Räikkönen; Anm. d. Red.) Unfall im ersten Rennen - im Qualifying immer in den Top 10. Das ist für die Europarennen eine vernünftige Basis. Auf die lässt sich aufbauen", sagte er.

Haug wundert sich über große Abstände im Rennen

Juan-Pablo Montoya

Mit Platz drei wurde Juan-Pablo Montoya heute endlich ein wenig Druck los Zoom

Überrascht hat ihn allerdings, dass nach dem unglaublich umkämpften Qualifying im Rennen doch größere Lücken zwischen den einzelnen Teams klafften: "Wenn man sieht, wie groß die Abstände nach hinten sind, merkt man schon, welcher Wind hier weht. Im Qualifying geht es im Tausendstelbereich. Ich bin erstaunt, dass um den zehnten Platz herum schon 70, 80 Sekunden Rückstand angesagt sind im Rennen", wunderte er sich.

Dass McLaren-Mercedes heute nicht um den Sieg mitfahren konnte, sei nicht an der konservativen Strategie gelegen: "Die anderen waren vergleichbar vom Sprit her, hatten aber einen besseren Start und haben im Qualifying einen besseren Job gemacht", teilte Haug mit. "Kimi hat da eine halbe Sekunde liegen lassen, was sein eigener Fehler war. Dafür sollte man ihn nicht kritisieren, denn er hat schon oft die Kohlen aus dem Feuer geholt."

Räikkönen hatte heute nicht seinen besten Tag

Aber: "Wenn man schon als Achter losfährt, schlecht startet und dann auch noch einen Platz gegen Webber verliert, wird man eben bestraft. Dadurch ist er am Ende nicht mehr an Massa vorbeigekommen, obwohl er von der schnellsten Rennrunde her viel schneller gewesen wäre. Er hat schon noch aufgeholt und die Pace gezeigt, aber vorne wurde auch volles Rohr gefahren", übte der 53-Jährige sanfte Kritik am "Iceman".

"Wir wollen nicht euphorisch werden, aber die Basis ist da", sagte Haug abschließend. "Wir testen nächste Woche in Silverstone - hoffentlich nicht bei typisch englischem Wetter, sondern hoffentlich können wir dort viel Belastung auf den Motor packen. Dann wollen wir am Nürburgring schon noch mal einen Schritt machen. Ich bin bekanntlich nicht der Ankündigungskönig, deshalb halte ich mich zurück, aber unsere Richtung stimmt."