Haug: "Michael hat alles gegeben"

(Motorsport-Total.com/Sky) - Michael Schumacher hört auf. Und Mercedes holt Lewis Hamilton. Eine interessante Konstellation, die sich innerhalb weniger Tage ergeben hat. Denn "Schumi" teilte der Öffentlichkeit seine Entscheidung erst mit, nachdem die Silberpfeile die Verpflichtung Hamiltons bekanntgemacht hatten. Im Interview erklärt Mercedes-Sportchef Norbert Haug noch einmal die jüngsten Entwicklungen und spricht über das bevorstehende Karriereende von Schumacher, der nach der Saison 2012 zurücktritt.

Frage: "Norbert, Michael Schumacher hat vor dem Wochenende in Suzuka seinen Rücktritt bekanntgegeben. Wie überrascht waren sie denn? Sie haben ja ebenfalls kurzfristig davon erfahren, nicht wahr?"
Norbert Haug: "Ja, wir haben es kurz vorher von Michael erfahren, Ross und ich. Wir hatten ein Vorgespräch. Wir hatten es ja als Pressekonferenz geplant, um einfach Fragen zu beantworten. Michael hat uns dann in Kenntnis gesetzt. Und natürlich respektieren wir diese Entscheidung. Wir hatten eine großartige Zeit mit ihm."

"Er ist der erfolgreichste Rennfahrer aller Zeiten. Was für mich aber noch viel wichtiger ist: Er hat all seine Leistungen in das Team eingebracht. Er ist wirklich ein ganz großartiger Mensch. Das hat er dem Team gezeigt, gebracht. Und ich glaube, der zweite Teil seiner Karriere, diese drei Jahre, die waren natürlich nicht von durchschlagendem Erfolg geprägt. So weit war unser Auto einfach noch nicht."

"Da sind wir dem hinterher, was wir auf die Räder stellen wollten. Michael hat aber alles gegeben und hat auch Highlights gesetzt, wie beispielsweise eine Pole-Position-Zeit in Monaco. Die fährt man nicht, wenn man nicht konkurrenzfähig ist. Dazu braucht man natürlich auch ein ordentliches Auto. In Monaco hatten wir das."

"Dort fuhr Nico (Rosberg; Anm. d. Red.) um den Sieg und wurde Zweiter. In China wäre für Michael mehr drin gewesen. Wir hatten ein paar Highlights, aber nicht durchgängig genug. Das müssen wir für die Zukunft stabilisieren."

Frage: "Mercedes hat ihm die Entscheidung, weiter im Team zu fahren, gewissermaßen abgenommen. Lewis Hamilton wurde verpflichtet. Hat Michael Schumacher zu lange gewartet, zu hoch gepokert?"
Haug: "Ich denke nicht, dass wir ihm die Entscheidung abgenommen haben. Ich denke, es ist exakt so, wie es Michael beschrieben hat. Er hat sich einem Denkprozess unterzogen, der noch nicht beendet war. Wir mussten nach Alternativen schauen."

"Ich glaube, die Berichterstatter sind die Ersten, die fragen: 'Warum habt ihr keine Alternativen?' Für den Fall, dass Michael zum Schluss sagt: 'Ich habe mich entschieden, nicht mehr zu fahren.' Davon war Michael in Kenntnis gesetzt. Das hatten wir besprochen. Er wusste, dass wir mit Lewis sprechen. Lewis hat natürlich sehr lange Kontakte mit uns. Er war mit uns schon als Nachwuchsfahrer unterwegs."

"Er war bei McLaren-Mercedes, fuhr in der deutschen Formel 3, zwei Jahre lang in der Euroserie im Rahmenprogramm der DTM, hat dort den Meistertitel geholt. Im zweiten Jahr gewann er mit einem Mercedes-Motor sogar 15 von 20 Rennen. All seine Sieger bei McLaren, 20 an der Zahl, hat er mit Mercedes-Motoren eingefahren. Insofern gibt es da eine gute Verbindung zu Lewis. Michael war das bekannt. Er wusste auch, dass wir diese Alternative erarbeiten."