• 01.11.2008 19:32

Haug: "Hirn muss man haben!"

Mercedes-Sportchef Norbert Haug spricht über die Angst vor Absprachen gegen Lewis Hamilton und erklärt, warum er mit dem Qualifying zufrieden ist

(Motorsport-Total.com/Premiere) - Lewis Hamilton sicherte sich im heutigen Qualifying in São Paulo den vierten Startplatz und greift damit morgen nach seinem ersten WM-Titel, auch wenn sein schärfster Titelrivale Felipe Massa auf Pole-Position steht. Doch Hamilton muss nur Fünfter werden - und das sollte nach Meinung von Norbert Haug weiterhin möglich sein. In der Analyse nach dem Qualifying gab sich der Mercedes-Sportchef jedenfalls gelassen.

Titel-Bild zur News: Norbert Haug

Norbert Haug hofft auf den ersten silbernen WM-Titel seit dem Jahr 1999

Frage: "Herr Haug, wie geht es Ihnen nach dem Qualifying in Brasilien?"
Norbert Haug: "Gut, wunderbar! Zweite Reihe und dritte Reihe ist für beide Fahrer eine gute Ausgangsposition. Dass Heikki (Kovalainen; Anm. d. Red.) dabei ist, ist sicherlich gut. Wir haben gesehen, dass wir in Q2 vorne waren, also sind wir vom Speed her dabei. Wir sind in Q2 1:11.8 gefahren und in Q3 1:12.8. Das ist eine Sekunde. Massa ist 1:11.8 gefahren und jetzt 1:12.3. Das erklärt den Sprit. Entweder er hat im Vergleich zu uns vier Zehntel gefunden, denn in Q1 und Q2 war der Speed absolut identisch, oder er fährt eine andere Strategie."#w1#

Zufrieden mit der heutigen Leistung

"Von den drei Autos, die vor Lewis stehen, sind die meisten leichter, glaube ich. Vielleicht nicht alle, denn er ist praktisch zeitgleich mit Kimi (Räikkönen; Anm. d. Red.) - bei dem kann es sein, dass er gleich ist. Aber das ist Rätselraten. Schön für den Sport und schön für Toyota, dass Trulli da vorne steht, aber wir sind kein Zehntel davon weg. Unsere Leistung ist in Anbetracht dessen, was wir in Q2 im Vergleich zu Ferrari gefahren sind, absolut okay. Das ist keine enttäuschende Qualifikationsleistung, sondern vielleicht ist es eine überraschende Strategie von Ferrari. Vielleicht ist es aber auch so, dass sie Zeit gefunden haben."

Frage: "Viele Experten haben erwartet, dass sie Lewis leicht betanken würden, um vorne zu stehen und Kollisionen aus dem Weg zu gehen. Nun haben Sie sich für diese Strategie entschieden, falls ein Safety-Car kommen sollte. Ist das Vorsicht, die da waltet?"
Haug: "Nein, sondern Hirn! Ganz einfach Hirn. Das muss man haben. Ich glaube nicht, dass wir da pokern sollten. Außerdem ist klar: Wenn man von der Pole losfährt, ist man besser dran, aber da kann einem auch der Dritte hinten drauffahren."

Lewis Hamilton

Ganz relaxt wirkte Lewis Hamilton nach dem Qualifying in São Paulo nicht Zoom

"Wenn einer böse Absichten hat, kann er einem drauffahren, wo immer er will. Wenn es schon angekündigt wird, dass man es uns schwer machen wird, dann muss man mit so etwas rechnen. Aber vielleicht können wir uns raushalten, vielleicht können wir am Start überholen. Wenn uns einer mutwillig rauswerfen sollte, ist der ganze Titel nichts wert. Das sieht man und das wird dann auch verfolgt, deshalb ist mir nicht bange."

"Ich hätte ein sehr ungutes Gefühl, wenn ich wüsste, dass wir morgen hinten raus mit dem weichen Reifen 30-Runden-Stints fahren müssen. Wer sich darauf eingelassen hat, der mag ein Problem haben. Vielleicht hat auch einer auf alles oder nichts gepokert, denn es soll morgen während des Rennens regnen. Da wird vielleicht gesagt: 'Den ersten Stint fahren wir kurz - und dann passt es mit dem Regen!' Aber das ist Rätselraten. Wir sind mit der Leistung bisher absolut zufrieden. Wenn wir einen gescheiten Start hinkriegen und zuverlässig sind, dann fahren wir das morgen so nach Hause, wie wir uns das vorstellen."

Silberpfeile haben den besten Topspeed

Frage: "Sollte Fernando Alonso an Heikki vorbeikommen am Start, dann wäre das wahrscheinlich unangenehm. Auch wenn Kimi Räikkönen am Start an Jarno Trulli vorbeikommt, wäre es unangenehm, hinter Trulli festzustecken. Er soll schwer zu überholen sein..."
Haug: "Ich zerbreche mir heute nicht den Kopf über morgen. Wir gehen über die Brücke, wenn wir davor stehen. Außerdem haben wir im dritten Sektor einen sehr guten Speed und wir sind den Berg hoch gut auf der Geraden. Da sind die Toyotas nicht so schnell - die sind eher im Infield sehr stark, fahren mit viel Abtrieb. Bei den Topspeeds ist da ein großer Unterschied."


Fotos: McLaren-Mercedes, Großer Preis von Brasilien, Samstag


"Vielleicht schaukeln wir auch den vierten Platz nach Hause und schauen uns an, wer vorne wie oft wechselt. Wenn das Ergebnis von heute morgen wieder stattfindet, dann sind wir alle sehr zufrieden. Ich hoffe auf ein hartes und faires Rennen und dass da nicht irgendwo eine Abmachung läuft. Ich hoffe nicht, dass einer populär wird, wenn er in den Kampf eingreift oder einem WM-Aspiranten ins Auto fährt, ob absichtlich oder unabsichtlich. Ich hoffe, dass die Alonsos, die angekündigt haben, was alles passieren wird, sich so aufführen werden, wie sich das gehört."

"Wir sind früher schon Rennen gefahren, da haben wir uns absichtlich herausgehalten. Man muss nicht durchgewunken werden - um Gottes Willen, ich würde nie erwarten, dass Trulli uns passieren lässt! Aber man sollte nicht in den Infight gehen und dann dran schuld sein, wenn ein anderer Weltmeister wird. Da habe ich einfach eine andere Einstellung zum Sport. Mit dem vierten Platz von heute wäre ich morgen der glücklichste Mensch der Welt! Lewis muss die erste Ecke überstehen und zuverlässig sein."