• 27.09.2008 19:09

Haug: "Heute können wir drei Kreuze machen!"

Mercedes-Sportchef Norbert Haug über die Zitterpartie von Lewis Hamilton in Q2 und den atemberaubenden Event-Grand-Prix in Singapur

(Motorsport-Total.com/Premiere) - Als Zehnter und Letzter zitterte sich Lewis Hamilton heute in Singapur ins Finale der besten zehn Qualifyer, am Ende wurde er dann 0,664 Sekunden hinter Felipe Massa Zweiter. Mercedes-Sportchef Norbert Haug musste also ein wenig bangen - und war unterm Strich mit dem Abschneiden seiner beiden Fahrer Hamilton und Heikki Kovalainen (5.) nicht hundertprozentig zufrieden.

Titel-Bild zur News: Norbert Haug

Norbert Haug rechnet sich für morgen durchaus noch kleine Siegchancen aus

Frage: "Herr Haug, im zweiten Qualifying haben Sie bestimmt gebangt, denn da hat Lewis den Cut als Zehnter nur ganz knapp geschafft..."
Norbert Haug: "Jetzt kann ich sagen: Das war alles unter Kontrolle und geplant - aber das glaubt mir sowieso keiner! Nein, so sollte das natürlich normalerweise nicht sein. Heute können wir wirklich drei Kreuze machen, denn das hätte auch andersrum ausgehen können. Lewis hatte leichte Probleme mit den hinteren Bremsen, die etwas verglast waren. Dann kam natürlich wieder die zufällige Wiegung, die wir ja schon aus Monza kennen und die auch nicht hilft mit einer weiteren Abkühlung."#w1#

Q2 zum zweiten Mal hintereinander verpatzt

"Dann steigt natürlich der Druck, aber Lewis hat das immer noch ganz gut gemacht. Er hatte immer noch ein Problem beim Bremsen, deswegen war die Zeit auch nicht so berühmt. Er ist dann zusätzlich auf Verkehr aufgelaufen und Gott sei Dank noch Zehnter geworden. Ich habe mir schon gedacht: Das kann es nicht sein, dass wir nach Monza schon wieder mit einem Topauto etwas falsch machen! Angesichts dessen ist der zweite Platz wirklich okay. Der Abstand zu Massa ist groß. Das war eine Superrunde von Massa, aber ich hoffe natürlich, dass auch die Gewichtsdifferenz eine Rolle spielt. Dann sollten wir im Rennen immer noch ganz gute Möglichkeiten haben."

"Vielleicht fahren wir zwei, drei Runden länger als Massa." Norbert Haug

"Zwei und fünf ist nicht ideal. Kovalainen startet direkt hinter Räikkönen, Lewis neben Massa - wir haben nicht den allerbesten Job gemacht. Es ist trotzdem noch vieles drin. Heute haben wir es nicht so gut gekonnt, aber das werte ich mal als gutes Zeichen, dass wir es morgen besser können werden. Vielleicht fahren wir zwei, drei Runden länger als Massa. Wenn Massa wegfährt, sieht es anders aus, aber das wollen wir nicht hoffen."

Frage: "Welche der beiden Reifenmischungen war für Sie schneller? Da gibt es unterschiedliche Meinungen..."
Haug: "Das ist wirklich eine enge Entscheidung. Auf die Dauer ist der Reifen ohne den weißen Ring vielleicht ein bisschen besser. Wir hatten den Verdacht, dass er auch auf eine Runde besser ist, deshalb haben wir den Reifen für Lewis für Q3 aufgespart, um da zwei Sätze zu haben."

"Heikki musste zwischendurch auch schon einen harten Reifen nehmen, um weiterzukommen, war in Q2 damit Zweiter, also absolut konkurrenzfähig. Deshalb wundert man sich über den großen Zeitabstand schon ein bisschen, auch wenn ich nicht vermessen genug bin, um anzunehmen, dass Massa um sechs Runden weniger fahren wird als wir, denn das wäre schon ein bisschen arg wenig."

Frage: "Muss man neue Reifen für das Rennen haben oder sind da angefahrene besser?"
Haug: "Wenn man neue Reifen hat, ist das ideal. Da sind wir glaube ich ganz gut aufgestellt. Das Wetter ist ja auch noch ein Fragezeichen. Es ist eine Chance da, dass es Schauer geben wird - das war die ganze Zeit schon so, aber morgen soll die Wahrscheinlichkeit am höchsten sein. Ich wünsche mir das nicht, aber dieses Rennen hat noch etliche Fragezeichen."

Haug rechnet mit Safety-Car-Phasen

"Die Atmosphäre ist für die Fernsehzuschauer genauso ein Erlebnis wie für uns hier." Norbert Haug

"Ich würde mich wundern, wenn wir nicht ein Safety-Car sehen sollten. Alles in allem muss ich sagen, dass ich so beeindruckt bin wie noch von keinem Grand Prix vorher. Das geht fast allen so. Es ist wirklich toll, was da in der Kürze der Zeit geleistet wurde. Die Atmosphäre ist für die Fernsehzuschauer genauso ein Erlebnis wie für uns hier."

Frage: "Körperlich erwartet die Fahrer morgen ein harter Arbeitstag, nicht wahr?"
Haug: "Absolut! Man hat es zwar schon öfter gehört, aber hier stimmt es wirklich: Es ist das anstrengendste Rennen! Es ist auch in der Nacht immer noch schwül und es gibt keine lange Gerade, auf der man sich ein bisschen abkühlen kann. Es geht alle paar Meter nach links oder nach rechts. Die Bodenwellen tun ihr Übriges und schütteln die Fahrer richtig durch - das ist so, als würde man die ganze Zeit mit dem Presslufthammer arbeiten. Insofern kommt es auch sehr auf die Kondition an."

Frage: "Es ist jetzt 23:30 Uhr. Wie lange wird heute eigentlich noch gearbeitet im Team?"
Haug: "Vier Stunden bestimmt. Die Fahrer sind selten vor 5:00 Uhr ins Bett gegangen und schlafen dann mindestens bis mittags um 2:00 oder 3:00 Uhr, um im Rhythmus zu bleiben. Das scheint ganz gut zu klappen."

"Es ist für uns alle eine neue Erfahrung, aber es hat was, muss ich sagen. Es hilft der Atmosphäre, denn alle sind ganz locker drauf hier, finde ich. Und ich möchte abschließend noch einmal dazu gratulieren, was hier gemacht wurde. Die Formel 1 ist atmosphärisch noch nie besser rübergekommen als hier. Hoffentlich bekommen wir morgen ein tolles Rennen!"


Fotos: McLaren-Mercedes, Großer Preis von Singapur, Samstag