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Hat Pirelli das Ziel erreicht, für mehr Spannung zu sorgen?
Warum man bei Pirelli nach den ersten beiden Rennen der Formel 1 2018 zufrieden sein darf, erklärt Adam Cooper anhand der Strategievielfalt beim Bahrain-Grand-Prix
(Motorsport-Total.com) - Pirelli entwickelte sein Sortiment an Formel-1-Reifen für die Saison 2018 mit der Philosophie, mehrere Boxenstopps notwendig zu machen und alle drei mitgebrachten Mischungen tatsächlich auch im Rennen einsetzen zu können. Die ersten Anzeichen nach zwei von 21 Saisonrennen deuten darauf hin, dass der Plan aufgeht. Beim Grand Prix von Bahrain am vergangenen Wochenende waren in Reihen der Top 10 des Endergebnisse acht unterschiedliche Reifenstrategien zu finden.
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In Bahrain gab es bezogen auf die Reifenstrategien große Vielfalt Zoom
Zwar gewann Sebastian Vettel das Rennen mit einer Einstoppstrategie. Ursprünglich hatte der Ferrari-Pilot aber mit zwei Stopps geplant, wohingegen seine direkten Konkurrenten Valtteri Bottas und Lewis Hamilton von Mercedes von Beginn an auf einen Stopp gepolt waren.
Diese Unsicherheit bezüglich der Ferrari-Strategie sorgte für eine spannende Schlussphase des Rennens. Mercedes wurde dabei auf dem falschen Fuß erwischt, denn im Weltmeisterteam der vergangenen vier Jahre erkannte man zu spät, dass Vettel ohne weiteren Boxenstopp über die Distanz kommen würde.
Strategievielfalt in den Top 10
Unterm Strich fuhren Vettel, Bottas und Hamilton mit unterschiedlichen Einstoppstrategien innerhalb von 6,5 Sekunden auf das Podium: Supersoft/Soft, Supersoft/Medium und Soft/Medium. In Reihen der Verfolger der Top 3 setzten die meisten auf eine Zweistoppstrategie.
Doch auch in dieser Verfolgergruppe gab es gänzlich unterschiedliche Strategien: Pierre Gasly und Nico Hülkenberg mit Supersoft/Soft/Supersoft, Kevin Magnussen mit Supersoft/Supersoft/Soft, Fernando Alonso mit Soft/Medium/Supersoft, Stoffel Vandoorne mit Supersoft/Soft/Medium und Esteban Ocon mit Supersoft/Medium/Soft. Die Top 10 wurden vervollständigt von Marcus Ericsson, der auf die gleiche Soft/Medium-Strategie wie Hamilton setzte.
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Pirelli-Motorsportchef Mario Isola verweist darauf, dass es trotz der Tatsache, dass Vettel mit nur einem Stopp zum Sieg fuhr, ein gutes Rennen hinsichtlich der 2018er-Ziele des Reifenherstellers war. "Ich finde, es ist nicht wichtig, ob es einen oder zwei Boxenstopps gibt. Wichtig ist die Action auf der Strecke", so Isola im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'.
"Es ist wichtig, ein gutes Rennen mit Überholmanövern zu haben. Wir haben diesmal unterschiedliche Strategien erlebt, die für Action sorgten", fasst der Pirelli-Motorsportchef den Grand Prix von Bahrain zufrieden zusammen.
"Als Zuschauer habe ich das Rennen genossen", unterstreicht Isola und geht ins Detail: "Ich sah, dass drei unterschiedliche Mischungen im Rennen einsetzbar waren, schließlich wurden alle drei von den Fahrern herangezogen. Für mich ist das Ziel damit exakt erreicht. Es kommt nicht auf die Anzahl der Boxenstopps an, aber auf die Spannung im Rennen. Lieber ein spannendes Rennen mit einem Stopp als ein langweiliges mit zwei Stopps."
"Unvorhersehbarkeit sorgt für Spannung, weil man richtig sehen kann, wie die Teams auf unterschiedliche Situationen reagieren. Für die Zuschauer ist das toll", freut sich Isola und spannt den Bogen zu Pirelli: "Wir haben in diesem Rennen mit Sicherheit gute Daten gewonnen. Diese werden wir analysieren. Das ist der technische Teil unseres Jobs. Das Wichtigste ist es aber, dass die Zuschauer Freude am Zuschauen haben."
Die Streckenoberfläche des Bahrain International Circuit gilt bei Pirelli als diejenige im gesamten Formel-1-Kalender, die die Reifen am stärksten beansprucht. Hinzu kommen die hohen Temperaturen, wenngleich es in der Wüste im Verlauf des Abends abkühlt. "Ich muss sagen, dass es überhaupt keine Probleme mit den Reifen gab - kein Graining, keine Blasen, nichts. Wir sahen lediglich bei der Supersoft-Mischung ein wenig Abrieb an den Hinterreifen. Damit hatten wir gerechnet", freut sich Isola.
"Wir sahen die ersten Stopps um Runde 15/16/7 herum", erinnert der Pirelli-Motorsportchef und fasst zusammen: "Anschließend lief das Rennen ein bisschen anders als erwartet, denn Lewis kam von weit hinten zügig nach vorn. Er war auf einer Einstoppstrategie und Sebastian reagierte auf diese. Es gab tolle Überholmanöver. Lewis überholte drei Autos in einer Kurve. So etwas gibt es, glaube ich, nicht allzu oft in der Formel 1. Genau das wollen wir sehen."
"Melbourne war anders, denn dort war es auf nur einen Boxenstopp gepolt. Wir sahen weniger Action auf der Strecke und weniger Überholmanöver. Mit Bahrain aber bin ich sehr glücklich. Ich glaube, wir haben unser Ziel erreicht und haben die richtige Richtung eingeschlagen", so Isola.
Pirelli von Vettel und Ferrari überrascht
Dass Vettel mit dem Soft-Reifen 39 Runden schaffen würde, ohne die Führung zu verlieren, kam aber auch für Pirelli überraschend. "Damit hatten wir anfangs, als er in Runde 18 zum Reifenwechsel kam, nicht gerechnet", so Isola und weiter: "Als ich dann sah, was im Rennen passierte, nämlich dass Lewis näher kam, begann ich daran zu glauben, dass er (Vettel; Anm. d. Red.) wohl durchfahren will."
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Mario Isola von Pirelli zeigt sich von Vettels zweiten Bahrain-Stint beeindruckt Zoom
"Lewis plante das Rennen mit einem Stopp. Vettel musste reagieren und hatte die Wahl. Entweder würde er stoppen und dann versuchen, sich die Position zurückzuholen. Oder er würde draußen bleiben und versuchen, seine Reifen zu schonen. Ich finde, er hat im zweiten Teil des Stints richtig gute Arbeit geleistet" so der Pirelli-Motorsportchef mit Blick auf die reifenschonende Fahrweise des siegreichen Ferrari-Piloten.
"Zu Beginn seines Stints mit den Soft-Reifen griff er an, um einen Abstand herauszufahren. Als sie dann entschieden, draußen zu bleiben, teilte er sich die Reifen sehr gut ein", lobt Isola Vettel, um abzuschließen: "Natürlich hatte er am Ende des Stints mit ein bisschen Abrieb zu kämpfen. Das war anhand der Rundenzeiten und daran, dass Bottas näher und näher kam, klar erkennbar. Zu diesem Zeitpunkt waren die Reifen natürlich schon ziemlich am Ende, was aber vor dem Hintergrund der Situation normal war."
Nächster Härtetest China
Der nächste Härtetest für Pirelli wird China und dort wird es erstmals in diesem Jahr eine Stufe im Sortiment der mitgebrachten Reifenmischungen geben. Pirelli hat für den Shanghai International Circuit nämlich die Mischungen Medium, Soft und Ultrasoft ausgewählt. Der Supersoft bleibt zu Hause.
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Für China bringt Pirelli Medium, Soft und Ultrasoft mit, aber nicht Supersoft Zoom
Es liegt auf der Hand, dass der Ultrasoft deutlich schneller sein wird als der Soft, erst recht als der Medium. Isola verspricht sich von der China-Auswahl noch mehr Abwechslung: "Wie immer, werden der Unterschied zwischen den Mischungen und der Abrieb entscheidend sein. Diese beiden Werte bestimmen die Strategie. Ich rechne damit, dass der Ultrasoft in China viel Grip bieten wird und etwa 0,7 bis 0,8 Sekunden schneller sein wird als der Soft. Möglicherweise haben wir aber ein bisschen Abrieb am Ultra, denn die Wahl ist schon aggressiv."
"Der Soft und der Medium werden somit die Rennreifen sein, wohingegen der Ultra eher für den ersten Stint und das Qualifying geeignet sein wird. Das bedeutet, die Teams müssen eine andere Strategie fahren", sagt Isola und beschreibt den Shanghai International Circuit: "Es ist vom Charakter her eine andere Strecke und hinsichtlich des Wetters können ganz unterschiedliche Bedingungen vorherrschen. Manchmal ist es in China sehr kalt. Das kann zu ein bisschen Graining führen, denn es gibt eine lange Gerade, auf der die Reifen abkühlen und dann geht es wieder in langgezogene Kurven."
"Vom Layout her hat der Kurs mehr zu bieten (als Melbourne und Sachir; Anm. d. Red.), denn es kommt nicht nur auf Traktion und Bremsen an. Es gibt auch schnelle Kurven mit Lastwechseln. Der Asphalt ist nicht so aggressiv wie in Bahrain, aber auch nicht so glatt wie in Australien. Er liegt in dieser Hinsicht irgendwo dazwischen", erklärt der Pirelli-Motorsportchef und freut sich auf das dritte Rennen der Formel-1-Saison 2018 am kommenden Sonntag.
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