• 11.07.2013 12:12

  • von Dominik Sharaf

Hartstein attackiert FIA: "Niemand hatte die Eier"

Der Ex-Formel-1-Arzt ist ein halbes Jahr nach seinem Rauswurf stinksauer auf den Weltverband und zweifelt an der Qualifikation des medizinischen Führungspersonals

(Motorsport-Total.com) - Die Personalpolitik der FIA war schon häufig ein Zankapfel. In der jüngeren Vergangenheit wurde aber kein Thema so kontrovers diskutiert wie die Entlassung des langjährigen Formel-1-Arztes Gary Hartstein. Schließlich nahm der nicht nur zu seiner aktiven Zeit in der Königsklasse, sondern auch nach seinem Rauswurf kein Blatt vor den Mund, wenn es um den Automobil-Weltverband geht. Daran hat sich bis heute nichts geändert, schließlich beharrt der US-Amerikaner weiter auf seinen Vorwürfen.

Titel-Bild zur News: Gary Hartstein (Formel-1-Arzt)

Gary Hartstein: Über 200 Grands Prix lang Rennarzt, mittlerweile persona non grata Zoom

Rückblick: Am 30. Juni 2012 hatte Hartstein von der FIA auf dem Postweg erfahren, dass sein Kontrakt nicht für die neue Saison verlängert würde. Begründete wurde die Maßnahme in dem Schreiben damit, dass Neuverhandlung aller Arbeitsverträge durchgeführt würden. "Niemand hat je die Eier gehabt, um zu sagen: 'Du bist weg vom Fenster'", poltert Hartstein in Richtung Paris und glaubt nicht an die Erklärung, die die FIA ihm mit seiner unausgesprochenen Kündigung frei Haus lieferte.

Wäre die Sache wirklich Teil einer Neuausrichtung der Personalstrukturen gewesen, findet der US-Amerikaner: "Wir hätten ja verhandeln können, wäre es um Geld, Privilegien und Flüge in der First oder Business Class gegangen", erklärt der 58-Jährige und findet, dass der Weltverband in dieser Angelegenheit mit offenen Karten hätte spielen sollen. Damit hatte er die Verantwortlichen damals auch persönlich konfrontiert, wie er Revue passieren lässt: "Sagt es mir einfach, verschwendet nicht meine Zeit."

Kuriose Vorwürfe aus der Chefetage

Hartstein glaubt, wegen der Hintergründe ohnehin längst im Bilde zu sein: "Ich bin mir nicht nur sicher, ich weiß es sogar: Sie hatten entschieden, mich zu feuern", redet er Klartext. Nachdem bis zum Oktober 2012 Funkstille herrschte, kam eine E-Mail der FIA, in der die Nicht-Verlängerung des Vertrages abschließend bestätigt wurde. Als er sich nach den Gründen erkundigte, nannten seine Gesprächspartner Hartsteins Aktivitäten beim Kurznachrichten-Dienst 'Twitter', auf dem er im Dezember erneut skurrile Botschaften über den Äther schickte.

Zuvor hatte sich allerdings niemand deshalb mokiert. Zumindest eine fundierte Aussage zu den Details seines Rauswurfs hätte sich Hartstein in dem 20 Sekunden langen Telefonat erwartet. "Ich hatte nicht damit gerechnet, dass sie ihre Meinung ändern." Hartstein rekapituliert eine Episode der Verstimmungen mit Gerard Saillant - dem Chef der Medizinischen Kommission der FIA: Am Rande des Grand Prix in Hockenheim wurde er von dem Franzosen mit dem Vorwurf konfrontiert wurde, der 'L'Équipe' ein unautorisiertes Interview gegeben und damit etwas "extrem Dummes" angestellt zu haben.

Medizinischer Delegierter unterqualifiziert?

"Ich wusste doch, dass es der schnellste Weg zur Kündigung ist, einem Journalisten etwas zu sagen, das nicht abgenommen wurde", schüttelt Hartstein mit dem Kopf und wundert sich, für wie beschränkt ihn seine ehemaligen Mitstreiter gehalten haben: "Würde ich ein unauthorisiertes Interview in der größten Sportzeitung seines Heimatlandes geben, das er unter Garantie liest?" Seine späteren 'Twitter'-Botschaften nennt Hartstein heute einen "Ausbruch", um seinem Ärger Luft zu machen und Missstände an die Öffentlichkeit zu bringen.

"Machen normale Leute so etwas?" Hartstein über den Erfahrungshorizont des FIA-Manns Piette

Dazu zählt auch seine Kritik an Jean-Charles Piette, der heute Medizinischer Delegierter der FIA ist: "Melbourne 2008 war das erste Rennen, bei dem er jemals in offizieller Funktion dabei war. Machen normale Leute so etwas? Jeder sollte das wissen, auch wenn es mir meinen Job nicht zurückbringt", legt Hartstein nach und stellt damit die Qualifikation eines der wichtigsten Mitglieder im Team des Weltverbandes in Frage, wenn es um die Sicherheit der Fahrer geht: "Für ein verdammtes Buch hätte es fünf Jahre gebraucht." Genug Material hätte Hartstein wohl.