• 13.09.2008 20:45

  • von Dieter Rencken

Hamilton: "Noch ist nichts vorüber"

Vizeweltmeister Lewis Hamilton gab sich nach dem verpatzten Qualifying ungewohnt einsilbig und hofft im Rennen trotz Startplatz 15 noch auf Punkte

(Motorsport-Total.com) - Der Brite Lewis Hamilton sorgte heute in Monza für hochgezogene Augenbrauen - nicht, wie gewöhnlich aufgrund außergewöhnlicher Leistungen, sondern wegen einer gewagten Reifenwahl. Statt Regenreifen ließ Hamilton in der Qualifikation Intermediates aufziehen, mit denen er nicht wirklich auf einen grünen Zweig kam. Letztendlich kam der McLaren-Mercedes-Pilot nicht über Q2 hinaus und gab sich im anschließenden Interview nicht so auskunftsfreudig wie sonst.

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton

Lewis Hamilton verwachste heute im Qualifying von Monza: falsche Reifen...

Frage: "Lewis, beschreib uns dein Qualifying..."
Lewis Hamilton: "Wir hatten die falschen Reifen drauf. Wir sind rausgefahren und als ich wieder hereinkam wurde ich erst einmal gewogen - noch bevor ich überhaupt eine Runde gefahren war. Da habe ich etwas Zeit verloren, denn die Strecke war in diesem Moment noch etwas trockener."#w1#

Falsche Reifen bei Hamilton

"Dann sind wir wieder rausgefahren, aber ich konnte die Reifen nicht auf Temperatur halten. Das gleiche Problem hatte ich bei den Bremsen und bin so nur herumgerutscht. Das war's auch schon, da hätte ich gar nichts machen können."

Frage: "Eine total verrückte Startaufstellung. Wie denkst du, wird sich das Rennen gestalten? Kannst du noch in die Punkte kommen?"
Hamilton: "Das will ich doch hoffen, aber das ist schwer zu sagen. Wir wissen noch nicht, wie das Wetter sein wird. Sollte es so ähnlich werden wie heute, dann wird man von so weit hinten nicht wirklich etwas sehen können. Ich werde einfach mein Bestes geben. Wir haben ein gutes Paket und sollten daher konkurrenzfähig sein."

Frage: "Was wäre für morgen das Beste Wetter - nass, trocken oder mittendrin?
Hamilton: "Vielleicht so eine Situation wie in Spa. Am Start sollte es trocken sein, damit wir in den ersten Umläufen über die Runden kommen. Ab der Hälfte könnte es dann ruhig umschalten."

Frage: "Was war der Hintergedanke bei der Reifenwahl? Du hast ja Intermediates statt Regenreifen aufziehen lassen..."
Hamilton: "Die Strecke sah so aus, als ob entweder Regenreifen oder eben Intermediates die richtige Wahl gewesen wären."

Frage: "Wer hat die Entscheidung getroffen, du oder das Team?"
Hamilton: "Mein Ingenieur und ich."

Temperatur-Probleme bei Silber

Frage: "Was war dann das Problem?"
Hamilton: "Ich hatte meine Bremsen schon auf der allerersten Runde verglast und konnte danach keine Temperatur mehr darin aufbauen. Außerdem konnte ich die Reifen nicht auf Temperatur halten."

Frage: "Alle anderen waren auf Regenreifen unterwegs und sind draußen geblieben. Du musstest reinkommen - hat das dein Qualifying ruiniert?"
Hamilton: "Ja. Man kann sich vorstellen, dass es bei etwas trockeneren Bedingungen leichter ist, die Temperaturen aufrecht zu halten. Wenn du weitermachen kannst, wenn es noch nasser wird, dann hast du ja schon eine gewisse Temperatur in deinen Reifen. Das hat mir schlichtweg gefehlt."

Frage: "Du bist heute morgen nicht viel gefahren. Warst du mit der Balance des Autos zufrieden?"
Hamilton: "Die Balance war klasse. Aber ohne Temperatur in den Reifen stehst du nun einmal auf verlorenem Posten. Wenn es immer mehr regnet, dann kannst du dich einfach nicht verbessern. Ich war schon auf meiner ersten Runde verloren. Ich glaube kaum, dass es eine große Rolle gespielt hat, dass wir heute morgen nicht viel gefahren sind. Wir hatten eine gute Balance, also war ich zufrieden damit."

Frage: "Das hatte etwas von Glücksspiel..."
Hamilton: "Genau das war es bei mir."

Hamilton gesteht sich Fehlentscheidung ein

Frage: "Du bist heute morgen auf den Regenreifen unterwegs gewesen. Hat das irgendwie deine Entscheidung in Q2 beeinflusst?"
Hamilton: "Nicht wirklich. Ich dachte nur, dass es nicht so viel stehendes Wasser geben würde und so sah es auch aus. Also hätte der Intermediate-Reifen besser sein sollen - sofern man ihn auf Temperatur gebracht hätte. Aber sobald wir draußen waren, hatte sich dieses Thema ja erledigt."

Frage: "Wie fühlst du dich? Es hätte angesichts der Konkurrenz deutlich schlimmer kommen können..."
Hamilton: "Ich fühle mich nicht großartig. Aber was kann ich daran schon ändern? Wir machen alle Fehler und das war ein Schnitzer von mir und meinem Ingenieur. Das sollte aber kein allzu großes Problem darstellen."

Frage: "Wie gehst du an das morgige Rennen heran? Willst du Risiken eingehen oder denkst du schon an die Weltmeisterschaft?"
Hamilton: "Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Ich komme eben erst aus dem Qualifying."

Frage: "Wie sehr erschwert die Tatsache, dass Kimi Räikkönen vor die startet, deine morgige Aufgabe?"
Hamilton: "Das verändert überhaupt nichts."

Frage: "Auch nicht, nach den Vorkommnissen in Spa?"
Hamilton: "Nein."

Enttäuschung hält sich in Grenzen

Frage: "Wie war Q1 für dich?"
Hamilton: "Wir waren ziemlich gut."

Frage: "Du hast deine Zeit erst in den letzten beiden Minuten gefahren..."
Hamilton: "Ich musste es halt irgendwann tun."

Frage: "Wir sind mitten im Saisonendspurt. Wird das Rennen angesichts deiner Startposition eine große Herausforderung?"
Hamilton: "Das ändert meiner Meinung nach überhaupt nichts. Es wäre natürlich viel besser, wenn wir von der ersten Reihe aus ins Rennen gehen könnten. Dann wären wir in der Lage, um den Sieg zu kämpfen. Aber noch ist nichts vorüber, denn das Rennen steht ja noch aus. Für das Qualifying gibt es keine Punkte und ich hoffe sehr, dass wir ein richtig gutes Rennen hinlegen können und für beide WM-Wertungen wichtige Punkte sammeln können."

Frage: "Die Meisterschaft geht in eine entscheidende Phase. Warum so ein Risiko?"
Hamilton: "Eine gute Frage. Die Antwort darauf kenne ich nicht."

Frage: "Du siehst trotz deiner Quali ziemlich gefasst aus. Kann dich nach Spa nichts mehr aus dem Konzept bringen oder erträgst du es nach der Entscheidung in Belgien einfach leichter?"
Hamilton: "Nichts von alledem. Über die Jahre wird man immer stärker, denn man arbeitet an seiner Herangehensweise und auch an sich selbst. Ich fühle mich wohl, wo ich bin. Das ist wahrscheinlich das erste Mal, dass ich nicht in Q3 dabei bin, also kann ich mich wohl kaum beschweren."

"So läuft der Hase nun einmal. Das ist eine großartige Erfahrung und deswegen trete ich mir nicht selbst in den Hintern. Ich trage das mit Fassung, halte meinen Kopf über Wasser und mache weiter. Ich habe ein ausgezeichnetes Auto, führe in der Weltmeisterschaft und bin einer der Hauptfavoriten auf den Titel. Wir haben die Chance auf Punkte und müssen sicherstellen, dass wir gute Arbeit leisten."