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Hamilton: "Ignoriert, was ihr in den Zeitungen lest!"

Lewis Hamilton und Jenson Button ließen ihrem Frust nach Valencia freien Lauf, doch das bevorstehende Heimrennen sorgt für einen plötzlichen Sinneswandel

(Motorsport-Total.com) - Der Grand Prix von Europa in Valencia konnte die Vorfreude der traditionsbewussten britischen Fans auf das Heimrennen in Silverstone nicht gerade steigern: Die beiden McLaren-Weltmeister Lewis Hamilton und Jenson Button hatten mir der Entscheidung nicht viel zu tun und mussten sich mit den Plätzen vier und sechs zufrieden geben - nach dem Sieg in Montreal eine große Enttäuschung, zumal man im Team von Martin Whitmarsh davon ausgegangen war, zumindest im Rennen das derzeit beste Auto zu haben.

Titel-Bild zur News: Jenson Button, Lewis Hamilton

Lewis Hamilton und Jenson Button wollen doch noch Euphorie entfachen

Dazu kommt, dass Hamilton nach dem Rennen nicht gerade als Lockvogel für die britischen Fans auftrat. Er prognostizierte, dass sein Rennstall in Silverstone aufgrund des Zwischengas-Verbots noch weiter zurückfallen wird. Wenige Tage später hat sich die Meinung des Briten offenbar geändert. Auf 'Twitter' wendete er sich an seine Fans: "Ignoriert, was ihr heute in den Zeitungen lest. Mein Team wird nie aufgeben und ich werde nie aufgeben!!!!" Und: "Kommt nach Silverstone, eure Unterstützung wird für uns einen himmelweiten Unterschied ausmachen. Ich gehe jetzt in die Fabrik, um gemeinsam mit dem Team alles zu geben."

Die Gründe für den Sinneswandel

Doch was führte plötzlich zu diesem Sinneswandel? Und wie darf man McLaren nun vor dem Heimrennen einschätzen? Hamilton übt sich in einer Erklärung: "Ich habe jetzt alle negativen Gefühle, die ich nach dem Rennen in Valencia hatte, in positive Gefühle umgewandelt. Ich bin ein ziemlich realistischer Mensch und daher weiß ich, mit wem wir es aufnehmen müssen, aber nichts ist unmöglich."

Doch nicht nur Hamiltons Stimmung ist nun deutlich besser als nach dem schwachen Wochenende in Spanien. Auch Teamkollege Button gibt sich zuversichtlich: "Ich denke, dass Lewis und ich nach dem Rennen etwas negativ gestimmt waren, weil wir nicht schnell genug waren. Aus derzeitiger Sicht haben wir aber ein paar gute Verbesserungen für Silverstone. Ich weiß nicht, ob das reichen wird, um gegen Red Bull zu kämpfen, oder um es auf das Podest zu schaffen. Wir haben aber Verbesserungen und wir sind zuversichtlich, dass wir das Beste aus ihnen herausholen können."

"Ich habe jetzt alle negativen Gefühle in positive Gefühle umgewandelt." Lewis Hamilton

Hamilton wünscht sich Doppelsieg

Dabei handelt es sich um einen neuen Heckflügel, den Teamchef Whitmarsh zuletzt ankündigte - er soll den verlorenen Abtrieb im Heck durch das Zwischengas-Verbot wettmachen. Button gibt eine elegante Erklärung für die pessimistische Stimmung ab: "Wir wollen den britischen Fans eine gute Show abliefern und das ist der Grund, warum wir nach dem letzten Rennen etwas negativ gestimmt waren. Der Grand Prix von Großbritannien ist für uns so aufregend und wir wollen dort gut abschneiden. Ich würde nicht sagen, dass der Druck größer ist, aber du willst eine gute Leistung abliefern, denn du bekommst dort so viel Unterstützung."

Hamilton schlägt in die gleiche Kerbe und erklärt die hohen Ansprüche seines Rennstalls beim Heimrennen: "Was wir beim Grand Prix von Großbritannien wirklich erreichen wollen, ist ein Doppelsieg. Das würde einem britischen Team und den britischen Fans so viel bedeuten und das würde sich ganz besonders anfühlen. Hoffentlich wird eines Tages die junge Version von mir das Foto sehen, auf dem Jenson und ich auf dem Podest zu sehen sind, das wäre etwas Historisches. Das würde mich freuen."

"Wir wollen den Fans eine gute Show abliefern und daher waren wir nach etwas negativ gestimmt." Jenson Button

Buttons Podestfluch

Auch Button hat eine ganz besondere Beziehung zu seinen Fans: "Die britischen Fans haben mich immer unterstützt, auch in schlechten Zeiten, von denen es in meiner Karriere einige gab - sie stehen immer zu mir. Es ist toll, wie viel Unterstützung man erhält, wenn es schwierig ist." Da war das Renn-Wochenende im Vorjahr keine Ausnahme, dennoch hat der damalige amtierende Champion viele tolle Erinnerungen: "Ich erinnere mich an meine Ankunft im vergangenen Jahr - da war ein See von roten McLaren-Kappen, überall waren Union Jacks. Das war ein ganz besonderes Gefühl - sehr emotionell."


Fotos: McLaren, Großer Preis von Europa


Eine Atmosphäre, die die Piloten dazu anspornt, über sich hinauszuwachsen, auch wenn Button das Glück in Silverstone selten zur Seite stand: "Man versucht, seinen Fans zuhause immer eine gute Show zu bieten. Ich startete im Vorjahr auf Platz 14 und kam als Vierter ins Ziel, das war ein großartiges Rennen - das habe ich wirklich genossen. Ich glaube, wir haben den Fans etwas gegeben, worüber sie sich freuen konnten. Hoffentlich schaffe ich es dieses Jahr auf das Podest, denn das ist mir aus irgendeinem Grund beim Grand Prix von Großbritannien noch nie gelungen."

"Hoffentlich schaffe ich es dieses Jahr erstmals auf das Podest." Jenson Button

Erinnerungen an Mansell und Senna

Interessant ist, dass beide McLaren-Piloten 1991 ihr erstes Formel-1-Rennen in Silverstone erlebten - damals triumphierte Lokalheld Nigel Mansell nach einem harten Kampf gegen seinen Rivalen Ayrton Senna. Der Brasilianer rollte schließlich in der letzten Runden ohne Sprit aus, Mansell hielt an und kutschierte Senna zurück an die Box - ein legendäres Bild.

Genau daran erinnert sich Hamilton heute noch: "Ich war sechs Jahre alt - und es war eines der ersten Rennen, die ich überhaupt gesehen habe. Ich erinnere mich nur daran, dass Senna am Ende des Rennens auf Mansells Auto saß. Natürlich hatte ich davor viele Bilder gesehen, aber das war meine erste echte Formel-1-Erfahrung."

"Ich erinnere mich nur daran, dass Senna am Ende des Rennens auf Mansells Auto saß." Lewis Hamilton

Button blieb hingegen eine andere Szene in Erinnerung: "Nach Mansells Sieg sprangen alle Zuschauer auf die Strecke und feierten mit ihm. Sie reichten ihm den Union Jack, das war so eine tolle Atmosphäre." Dem trauert der 30-Jährige heute etwas nach: "Ich würde mir wünschen, das gäbe es heute auch noch, doch das ist leider aufgrund der Sicherheit nicht mehr möglich."

McLaren gibt WM nicht auf

Jetzt liegt es an den beiden, in Großbritannien mit tollen Leistungen eine ähnliche Euphorie zu entfachen, wie es seinerzeit Mansell gelang. Den Titel geben sie jedenfalls nicht auf, obwohl Button 77 und Hamilton 89 Punkte hinter WM-Leader Sebastian Vettel liegt. "Es ist erst vorbei, wenn es vorbei ist", übt sich Hamilton in Durchhalte-Parolen. "Wir sind noch nicht einmal bei der Hälfte der Saison. Wenn wir alle verbleibenden Rennen gewinnen, dann können wir immer noch Weltmeister werden. Natürlich hat er schon einen großen Vorsprung, aber es ist nicht unmöglich."

Buttons Worte ähneln denen seines Teamkollegen: "Vettel hat nach acht Rennen einen großen Vorteil, aber wer weiß? Wir werden nicht aufhören, es zu versuchen. Wir werden unser Bestes geben, sind ein fantastisches Team und ich habe das Gefühl, das wir langsam aber sicher zurückschlagen können, wenn wir weiterhin hart pushen. Ich hoffe es zumindest, denn es ist knifflig und Red Bull leistet wirklich großartige Arbeit. Lewis und ich sind die einzigen, die sie bis jetzt geschlagen haben - wir sind also die Herausforderer."

"Es ist erst vorbei, wenn es vorbei ist." Lewis Hamilton