Hamilton: "Ich mag Sebastian, er ist ein fairer Sportsmann"

Den Partymarathon, den Weltmeister Sebastian Vettel derzeit erlebt, kann Lewis Hamilton gut mitfühlen - 2008 erging es ihm in England ebenso

(Motorsport-Total.com) - Sebastian Vettel hat Lewis Hamilton als jüngster Weltmeister der Geschichte abgelöst. Die neue, junge Generation bestimmt die Spitze der Königsklasse. Der Brite hat in seinen vier Jahren dreimal im letzten Rennen um den Titel gekämpft. Ebenso hat der deutsche Superstar in zwei seiner drei vollen Jahre um die WM gekämpft. Beide sind in jungen Jahren in die Formel 1 gekommen und kometenhaft aufgestiegen. Deshalb kann sich Hamilton genau in die Lage und Gefühlswelt hineinversetzen, die Vettel gerade erlebt.

Titel-Bild zur News: Sebastian Vettel, Lewis Hamilton

Sebastian Vettel und Lewis Hamilton sind die junge Generation der Formel 1

"Wie lange gehörte mir die Auszeichnung 'jüngster Weltmeister der Geschichte'? Zwei Jahre? In zwei Jahren wird es bestimmt einen neuen jüngsten Weltmeister geben", wird Hamilton in der 'Welt' zitiert. "Die Formel 1 ist vielleicht der schnelllebigste Sport der Welt. Ich bin also nicht allzu enttäuscht darüber, dass mich Sebastian in dieser Kategorie überflügelt hat. Das ist sicher ein großartiger Rekord, aber der WM-Titel ist wichtiger. Das ist, was für mich am Ende zählt."

2008 hat der 25-Jährige in einem dramatischen Finale in der letzten Runde noch den Titel geholt. "Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, was auf mich damals einstürzte, nachdem ich vom letzten Rennen in Brasilien nach England zurückgekehrt war. Die Fans in meiner Heimat sind durchgedreht", vergleicht Hamilton den Vettel-Hype in Deutschland.

"Ich wollte mich bei meinen Mechanikerin in der McLaren-Fabrik in Woking bedanken und möglichst viel Zeit mit ihnen verbringen, aber es gab noch so viele Termine darüber hinaus. Ehrungen, Interviews. Mein Körper war ausgebrannt. Aber das Triumphgefühl wirkte immer noch als Energiereserve."

"Ich genoss in England die extrem große Sympathie und Unterstützung. Die Queen ehrte mich. Eine wunderbare Erfahrung. So viel Zuspruch hatte ich zuvor noch nie erlebt. Ich lebte ein neues, fast unglaubliches Leben. Du realisiert eine große innere Zufriedenheit und dass du künftig problemlos dein Abendessen bezahlen kannst", spricht der McLaren-Pilot einen Weltmeistervorteil an.


Fotos: Red-Bull-WM-Empfang in Milton Keynes


"Ich kann nur für mich sprechen, und jeder von uns nimmt diese Erfahrung sicher anders wahr. Sebastian kann ich deshalb nur den Ratschlag geben, jede Sekunde zu genießen. Lass nicht zu, dass dir jemand etwas von dieser wertvollen Zeit stiehlt. Sieh zu, dass du dir für dich selbst Zeit nimmst und alles in Ruhe sacken lässt. Sebastian ist es seit Jahren gewohnt, mit den Medien umzugehen. Ich bin mir sicher, er kommt auch mit der neuen Situation klar."

Hamilton weiß, dass Vettel in den kommenden Jahren sein schärfster Gegner sein wird. "So wie ich ihn einschätze, wird sein Hunger nach Erfolg in der nächsten Saison noch größer sein und das Bedürfnis, weiter zu gewinnen, noch stärker ausgeprägt sein als je zuvor. Praktisch wird das heißen, dass seine Mission Titelverteidigung schon jetzt begonnen hat. Er wird noch mehr Rennen gewinnen wollen und irgendwann das perfekte Rennen fahren. Ich werde natürlich versuchen, ihn daran zu hindern."

¿pbvin|512|3300||0|1pb¿Einige mehrfache Titelträger haben oft gesagt, dass die erste Weltmeisterschaft am schwierigsten zu gewinnen ist. Danach geht es einfacher. "Seinen ersten WM-Titel hat Vettel aber schon eingefahren. Es gibt einige Parallelen zwischen mir und ihm", findet Hamilton. "In meiner Titelsaison bin ich wie Vettel dieses Jahr auch nicht fehlerfrei geblieben. Für das Jahr darauf habe ich eine Menge Motivation daraus gezogen, weniger Fehler zu machen."

Hamilton ist McLaren-Pilot durch und durch und kann sich derzeit nicht vorstellen, für Red Bull zu fahren, denn das österreichische Team ist komplett anders als die Chrompfeile aus England. "Sebastian hat sich früh Red Bull verschrieben, ich fahre seit langem für McLaren. Ich glaube, dass es immer wichtiger für Nachwuchsrennfahrer wird, eine fundierte Ausbildung zu bekommen", spricht Hamilton die langjährige Förderung an.

"Doch nur große Werke und wenige Teams können sich eigene Programme für Talente leisten. Ich glaube, McLaren und Red Bull haben da Maßstäbe gesetzt. Rennfahren ist unheimlich vielschichtig geworden. Du setzt dich heute nicht mehr in ein Cockpit, drehst an ein paar Knöpfen und gibst Gas. Rennwagen sind Hochleistungsrechner auf Rädern. Du musst sie beherrschen lernen. Datenanalyse und Fitness gehören ebenso dazu wie Mental- und Medientraining."

Das Verhältnis zwischen dem britischen Star und dem Helden aus Deutschland ist gut. Abseits der Strecke sind die beiden noch nie aneinander geraten. "Ich mag Sebastian wirklich sehr, er ist ein fairer Sportsmann. Schon vor dieser Saison habe ich gesagt: Sebastian und ich sind die kommende Generation. Ich stelle mich darauf ein, dass wir viele Jahre lang gegeneinander kämpfen werden."